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Abfall des Wohlstands sichert das Überleben
Abfall des Wohlstands sichert das Überleben

Abfall des Wohlstands sichert das Überleben

"Manche von uns waren bereits im Gefängnis wegen Diebstählen. Für uns ist dies die einzige Möglichkeit zu überleben, ohne eine Straftat zu begehen", sagte einer der Müllsammler, der sich tagtäglich auf der Kupferberg-Deponie westlich von Windhoek aufhält. Es ist ein erschreckender Zustand: In der Luft hängt ein verfaulter Gestank, der Boden ist neben Abfall und Müll übersät mit Knochen und anderen Überresten.

Zwischen dem ganzen Müll der Stadt tragen diese Bewohner Windhoeks, die am Existenzminimum leben, Verwertbares zusammen - Nahrungsmittel und andere Produkte. Sobald ein Lastwagen anrückt, stürmen die Menschen los, um als Erste den Abfall zu durchforsten. "Die meisten Sachen, die wir finden, sind noch nicht mal abgelaufen", sagt einer von ihnen. Es sei allerdings kein leichtes Unterfangen. "Die Wachmänner schlagen oft mit Schlagstöcken auf uns ein, um uns von den Waren fernzuhalten. Wenn wir uns dann wehren, wird die Polizei gerufen und wir werden verhaftet", erklärten die Deponie-Plünderer. Doch seit einem knappen Monat ist die Polizei ständig vor Ort.

Johanna Gaises ist eine der Müllsammler. "Hier werden regelmäßig auch Fleischreste und Eingeweide abgeladen. Diese werden dann vergraben und mit einer Planierraupe festgestampft. Dann warten wir bis die Nacht anbricht und buddeln das Fleisch wieder aus. Es ist alles in Ordnung mit diesen Waren, krank wurde bisher keiner von uns", erklärte die Mutter von mehreren Kindern. Doch auch das Personal der Müllhalde sei hinter dem Verwertbaren her. "Die Angestellten der Deponie erhalten ein monatliches Gehalt, sichern sich Waren wie Konserven und jagen uns fort", erklärte Gaises weiter. "Viele von uns leben hier im Veld rings um die Deponie", erklärte Joseph Tsamaseb, der bereits seit mehreren Jahren vom Abfall lebt. Er ist 19 Jahre alt und hat einen Großteil seines Lebens auf der Deponie verbracht. Der 42-jährige Isak Rukero erklärte im AZ-Gespräch, dass er jeden Tag fast 18 Kilometer zur Deponie laufe, um seine tägliche Mahlzeit zu erhalten. Unter den Müllsuchern befinden sich auch viele Kinder unter dem Alter von 15 Jahren.

Die Supermärkte und anderen Geschäfte weisen die Verantwortung von sich. "Wenn wir verfallene und schlechte Produkte in den Regalen haben, gibt es gewisse Prozeduren, die wir befolgen", erklärte Errol Maart, Leiter des Pick'n-Pay-Supermarktes im Wernhil-Einkaufszentrum auf AZ-Nachfrage. Das Personal untersuche jeden Morgen die Produkte und sortiere die abgelaufenen Waren aus. "Diese können wiederum der Lieferfirma zurückgegeben werden", so der Ladenleiter. Wenn eine Reklamation nicht möglich ist, werde der Gesundheitsinspektor gerufen, der wiederum veranlasse, dass die Produkte vernichtet werden. "Die letzten Waren wurden allerdings vor gut zwei Jahren vernichtet", erklärte Maart.

Fleischprodukte dürfen, wie Louis Peens, Leitender Geschäftsführer der Ladenkette Fruit & Veg City, erklärte, nur von der Stadtverwaltung durch den Gesundheitsinspektors entsorgt werden. Wird der Abfall bei der Deponie abgeladen, erhalte das Unternehmen von der Stadtverwaltung ein Zertifikat der Beschlagnahme (Certificate of Condemnation), welches bezeugt, dass der Müll ordnungsgemäß entsorgt wurde. Dieselbe Prozedur wurde von Hendrik Röschlau, Eigentümer und Geschäftsführer der Lieferfirma African Marketing, bestätigt. "Wir laden wöchentlich abgelaufene Waren, die nicht mehr zu verkaufen sind, bei der Müllhalde ab", erklärte er im AZ-Gespräch. Sobald allerdings der Abfall auf der Deponie entladen wurde, wird auch die Verantwortung dafür der Stadtverwaltung übergeben. "Wir bezahlen ja eine Gebühr", erklärte Röschlau.

Dieser Verantwortung scheint die Stadtverwaltung allerdings nicht ganz gewachsen zu sein. "Es ist natürlich eine peinliche Situation, aber was sollen wir machen?", meinte der Windhoeker Stadtdirektor Niilo Taapopi. Das Problem sei sehr kompliziert und bedürfe viel Arbeit. "Wir können den Armen keine verdorbenen Produkte schenken. Das wäre doch genauso unmoralisch wie ihnen das Recht auf Nahrung zu verweigern", meinte der Stadtdirektor im AZ-Gespräch. Er erwäge, dass man ungenießbare Waren von denen, die noch verwertbar sind, trennt und entsprechend an Arme verteilt. Hierfür gebe es genügend Beispiele wie Suppenküchen und die Hilfsorganisation Tafel, wo überschüssige Lebensmittel an Arme verteilt werden.

Dies hat auch die namibische Regierung erkannt und ist nun an das Namibische Rote Kreuz sowie an den Kirchenrat herangetreten. Denn ohne die Unterstützung des Privatsektors und der Öffentlichkeit ist dieses Problem wohl schwer aus der Welt zu schaffen.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-27

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