Ablenker, Maulwürfe, Verräter und Nörgler kriegen´s ab

Achtung. Vorsicht! Unter diesem Steinbock kommt heut´ schon wieder Politik dran. Bitte weiterblättern, wenn unerwünscht. Wir gehen aber davon aus, dass man Politik vom Alltag, von der Wirtschaft und der Bildung – um nur einige Bereiche zu nennen – net nich säuberlich trennen kann. Dass es immer wieder vorkommt, dass Leut´ meinen, man solle sie mit dem „schmutzigen Geschäft“, also mit Politik net nich abmühen, musste aber auch verstehen, denn in den von heute aus gesehen noch überschaubaren Jahrzehnten ham sich viele Leut just mit Politik immer wieder die Hände verbrannt, nachdem sie vorher für ihre zeitgenössisch „politisch korrekte Linie“ noch Brandreden gehalten ham, die das Maul zu dem Zeitpunkt nich versengt ham. Kurzum, wer sich vor der Politik hermetisch abriegelt, den holt die Politik am Ende noch eher ein, als denjenigen, der sich redlich informiert, um zu sehen, was auf uns zukommt, bzw. selbst aktiv auf der Politbühne agiert. Machtpolitiker freuen sich aber wüst über jeden Polit-Abstinenzler, der über ihre Person und ihre Entscheidungen nich geworried is. Auf der extremen anderen Seite der Abstinenzler findste die aufmüpfigen Nörgler, darunter vermeintliche oder auch aktuell aktiv agierende Tribalisten. Da fallen dem Leser, der verehrten Leserin, sogleich die jüngsten „Lästerer und Verleumder“ ein, die bei Omupräsidente III, Comräd !Gôahesab Hage Gottfried Geingob, in Ungnade gefallen sind, mit und ohne Konsequenzen, wie da sind Bernadus Swartbooi, ehemaliger Vizeminister und Gouverneur von //Kharas; Partei-Koordinator von Oshikoto, Armas Amukwiyu; dazu der Omusati-Gouverneur Erkki (Erginus) Endjala; neuerdings sogar „street wise“ Geschäftsmann Lazarus Jacobs , den man leider nich mehr auf der Komikerbühne hört; dazu der ehemalige Swapo-Jugendführer, der scharfsinnige Elia Ngurare. Und der Grund- und Bodenaktivist Job Amupanda gehört auch zu dieser Gruppe, die teils als „angry young men“ zu bezeichnen sind. Vorerst aber genug mit „names dropping“. Was heute und hier interessiert, ist, welch sprachlichen Wandel die politische Polemik des Machtlagers gegen diese Dissidenten hervorgebracht hat. – Pardon, bevor wir dazu kommen, zunächst ein kurzer Abstecher in die jüngere Sprachgeschichte der Deutschen. Victor Klemperer freiwilliger Soldat im 1. Weltkrieg, scharfsinniger Sprachwissenschaftler und Dozent einer Dresdner Hochschule, wird 1935 durch das Naziregime unter Berufsverbot gestellt, weil er jüdisches Blut hatte. Trotz Ächtung bewahrt er sich kreative Souveränität. In den Jahren der auferlegten Arbeitslosigkeit notiert er mit hellhöriger Beobachtungsgabe den Bedeutungswandel, der im „politisch korrekten“ Sprachgebrauch und der Propaganda des NS-Regimes über die deutsche Sprache hereinbricht. Seine Tagebücher werden nach dem Krieg, den er mit Mühe und Glück überlebt, im lesenswerten Werk LTI, „Lingua tertii imperii“ – die Sprache des Dritten Reiches, zusammengefasst. Feine Ironie und Humor spielen spielen zwischen den Zeilen eine Rolle. Soweit der Abstecher. Die Partei, die sich für die Größte aller Zeiten hält, hat in diesen Tagen erneut Trabbel mit Dissidenten in ihren eigenen Reihen. Das erfordert Machtworte von Omupräsidente Hage in einer Weise, wie es seine Vorgänger net nicht gewagt ham. Omupräsidente gibt sich dazu redlich Mühe, den Tribalismus aus der Politik rauszuhalten, der aber leicht durch die Seiteneingänge und die Hintertür wieder auftaucht. Und für seinen Besuch beim Stammesfest der Masubia in der Region Sambesi hat Hage vom analytischen Beobachter Joseph Diescho prompt eins auf den Deckel gekriegt, dass er just dámit dem Tribalismus diene, weil er, erstens, das Damara-Gaob-Fest noch nicht besucht habe und im Übrigen ohnehin nich jedes Stammesfest der Aandonga, Witboois und der Hererogruppen besuchen könne. Zur Minna gemachtInzwischen treten führende Genossen und selbsternannte Hüter der Partei auf, Kritiker und Nörgler aus eigenen Reihen, die angeblich zu weit gegangen sind, nich nur an den Pranger zu stellen, sondern durch gezielte öffentliche Diffamierung und Anschwärzung (diesmal nich rassistisch) zur Minna zu machen. Das geschieht in einem Idiom und bildlichem Diktum, die einen Linguisten wie Klemperer erfordern, die sprachliche Neuordnung zu definieren. Noch vor wenigen Jahren wurde ein Dissident und Abweichler in eigenen Reihen ein hibernator genannt. Gemeint waren Genossen, die wie Murmeltiere im (politischen) im Winterschlaf überwintern, bis (politisches) Tauwetter eintritt und sie opportun losschlagen können. Wir ham versucht, den hibernator mit Maulwurf zu übersetzen, was den Nagel noch nich auf den Kopf trifft. Inzwischen überlassen die Genossen den Begriff jedoch wieder dem Viehzeug, das im Winter bis zum Frühling vor sich hindöst. Das Etikett is also passé. Unbequeme Comräds werden aktuell als „detractors“ betitelt, also Parteikumpane, die sich als Widersacher entpuppen und von der korrekten Linie ablenken, die der sakralen Mitte Abbruch tun, so steht´s jetzt in „The Villager“, ein Internet-Blatt, das das weiland Parteiorgan „Namibia Today“ zu ersetzen und zu überflügeln scheint: „Was sich derzeit in der Partei auf den Kongress hin zuträgt, verbietet Neutralität. Es gibt nur Unterstützer ‚doubling up' als Patrioten, die sich doppelt Mühe geben, oder die sich doppelt als Verräter einbringen.“ So lautet die Einleitung zu einer polemischen Tirade, die sich den Oshikoto-Koordinator Armas Amukwiyu stellvertretend für alle Abweichler vorknöpft und ihn in Grund und Boden verdammt. Denn er steht unter Verdacht, zu einer Verschwörer-Gruppe zu gehören, die beim Kongress einen Coup abziehen könnte. Indirekt kritisiert der Autor der Anti-Armas-Tirade auch Omupräsidente Geingob, der in jüngster Zeit führende Genossen, die sich durch tribalistische Verleumdung anderer exponiert ham, mit mehr oder weniger Erfolg zur öffentlichen Entschuldigung genötigt hat, zum Beispiel Omusati-Gouverneur Erkki Endjala und den bravourösen //Kharas-Aufmüpfigen Bernadus Swartbooi. Wörtlich und overgezet synde: „Es sollte keine Entschuldigung akzeptiert werden, denn wir wissen alle, dass eine wahre Entschuldigung in der Politik eine trickreiche Sache is und genau daher kommt das so selten vor.“ Dem Armas werden über vier Seiten hinweg Polemik und verbale Angriffe und Titel wie Judas Ischariot gewidmet, wobei im Vorübergehen Ngurare, Lazarus Jacobs und Endjala es ebenso um die Ohren kriegen, bis diese vermeintliche Clique, die einen Kongress-Handstreich planen könnte, im Schluss-Satz den letzten Hieb erhält: „ ... was mit denjenigen geschehen wird, die Kongress-Coup-Allüren im Schilde führen ... ihr Coup wird zerrinnen und im Sande verlaufen wie der erbärmliche Fehlschlag von (Name eines detractors aus Nujomas Nähe), der sich ohne Viagra um Mitternacht Sex in the City anschaut. Pardon my French.“ So endet die Tirade. Jesslaik, check net moi; etliche Genossen der Partei, die sich für die Größte aller Zeiten hält, bereiten sich auf ´n Kongress vor, der stief Sports verspricht. „Never a dull moment in politics.“ Lingua SWAPii.

Ablenker, Maulwürfe, Verräter und Nörgler kriegen´s ab

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-25

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Allgemeine Zeitung 2024-11-25

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