Abschied nach "Meisterjahren" in Namibia
Die meisten Kartons sind schon gepackt. Ende August verlässt Bischof Reinhard Keding Namibia und geht nach Deutschland, wo er "noch mal neu anfangen" will. Beruflich und privat. Gestern gab er seinen offiziellen Abschied während eines Festgottesdienstes.
Zwölf Jahre hat der jetzt 56-Jährige im diesem Land gewirkt, erst als Landesprobst, dann als Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Namibia (DELK). "Jeder Abschied ist etwas trauriges", sagt er, doch allzu große Wehmut will nicht aufkommen. Noch nicht. Immerhin: "Es ist nicht leicht, aber ich gehe mit der Überzeugung, dass ich einen wichtigen Dienst geleistet habe. Das Weitergehen gehört zum Leben."
Für diesen Dienst hatte Keding drei Schwerpunkte und nennt als ersten die Stützung der Gemeinde, also pastorale Arbeit wie Gottesdienste, Predigten, Taufen, Beerdigungen. "Es war mir wichtig, Christen auf den Weg zu nehmen, ihnen Hilfe zu leisten zu erkennen, zu glauben und zu leben." Ein weiterer Fokus lag auf der Förderung von Laienpredigern. "Wir haben Ausbildungen durchgeführt, 15 Leute nehmen landesweit Verkündigungen wahr", skizziert Keding erste Erfolge. Und schließlich war ihm die strukturelle Zusammenführung der DELK mit den anderen zwei lutherischen Kirchen (ELCIN und ELCRN) ein wichtiges Anliegen. "Aus Sorge, dass wir uns mit der Sprache zu sehr isolieren", begründet er. Und: "Ich bezeichne mich als Ökumeniker und bin überzeugt, dass die Zukunft in einer ökumenischen Kirche liegt."
Doch die Hürden waren und sind hoch, um seinem Anspruch ("Wir sollten uns nach außen gemeinsam als Lutheraner darstellen.") gerecht zu werden. Zu verwurzelt sind die Ängste, dass die deutsche Kirche mit ihren mageren ca. 7000 Mitgliedern angesichts der Dominanz der anderen Kirchen (ca. 300000 und rund 600000 Gläubige) z.B. ihre Identität verliert. "Jede Kirche hat ein Anrecht auf ihre eigene Muttersprache. Man könnte mit gemeinsamen Projekten, z.B. diakonischer und missionarischer Arbeit, beginnen", räumt der Bischof ein, der obgleich der bekannten Ängste meint: "Wir haben uns schon geöffnet und sind wesentlich weiter gekommen als wir vor zwölf Jahren waren." Ob dies weit genug war, wird die Synode im September in Swakopmund zeigen, wenn der Antrag auf eine gemeinsame Leitung der lutherischen Kirchen vorgelegt wird.
Veränderungen stehen also bevor. Veränderungen haben auch das Leben von Reinhard Keding geprägt. Zwölf Jahre wirkte er in den 70er und 80er Jahren in Südafrika, die meiste Zeit an der deutschen Schule in Hermannsburg. Aus diesen Kontakten erreichte ihn 1993 auch die Bitte, nach Namibia zu kommen. Zu dieser Zeit war Keding gerade mal vier Jahre in Deutschland zurück und im Missionswerk Hermannsburg für Bildungs-, Kinder- und Jugendarbeit tätig. "Ich hatte eine Woche Zeit für die Entscheidung", erinnert er sich. Und er hat sie nicht bereut. "Es waren sehr prägende Jahre für mich und die Familie", sagt er. In dieser Zeit hat er seine fünf Kinder, drei davon wurden in Südafrika geboren, heranwachsen sehen. Auch den Tod seiner Frau musste er im Jahr 2000 erleben.
Auf Namibia blickt er durchweg positiv zurück. "Man kann hier etwas in Bewegung setzen und es gibt sehr dankbare Menschen", sagt er. Was waren die Sternstunden der vergangenen zwölf Jahre? Keding zählt auf: "Die 100-Jahr-Feier der Gemeinde (1996), die Entwicklung der Laienprediger, die gute Zusammenarbeit der Pastoren, die Herzlichkeit unserer Schwesterkirchen und mein Hobby, also die kirchenmusikalische Arbeit." In der politischen Wertung kommt ganz der Kirchenmann durch: "Die Bildung einer Nation ist ein Wunschtraum, der von Christen vorgelebt werden muss. Es geht nicht um Gleichmacherei, aber durch Begegnungen lernen wir uns besser kennen und Unterschiede zu akzeptieren. 40 Jahre Apartheid haben die Menschen hier geprägt, das lässt sich durch eine neue Regierung nicht ändern." Dennoch: "Beruflich war das die größte Herausforderung, quasi meine Meisterjahre", sagt er rückblickend. Und wie bei den Lehrjahren gab es auch Situationen, die ihm nicht schmeckten. "Dass jede Gruppe nur an sich denkt", platzt es aus ihm heraus. Und: "Es ist schwer, sich sachlich auseinander zu setzen. Es wird oft personalisiert, die Leute sind schnell beleidigt. Eine Streitkultur ist sehr wenig ausgeprägt." Deshalb hofft er, dass sein unerfüllter Wunsch aufgenommen und fortgeführt wird. "Ich hatte ein Forum Kirche & Schule angeregt, das aber nicht mehr geschafft. Da sollte es um die Wertevermittlung an Schulen gehen, denn diese kommt oft zu kurz. Denn wenn man in einer multikulturellen Gesellschaft wie Namibia als Vertreter einer Minderheit bestehen will, benötigt man Werte - vor allem in einem Umfeld, das jetzt andersherum rassistisch auftritt."
Mit dem erneuten Wechsel nach Deutschland ist der Abschied nun von Dauer. In Bad Laer bei Osnabrück wird er als Pastor eine Pfarrstelle antreten und rund 2300 Gemeindemitglieder aus zwei Orten betreuen. Er will noch mal "neu anfangen", sagt er und münzt es auch auf seine neue Partnerin, die er erst von wenigen Wochen geheiratet hat. Den Umzug nimmt der Bischof locker: "Ich bin so oft umgezogen und habe schon Erfahrung darin."
Wird es ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin von Keding geben? Zwei Kandidaten stehen für die Wahl der Synode bereit. Und dann ist da ja auch noch der Antrag auf eine gemeinsame Leitung der drei lutherischen Kirchen. Grund genug, dass Reinhard Keding die Zusammenkunft der Kirchenvertreter im kommenden Monat aus der Ferne genau beobachten wird.
Zwölf Jahre hat der jetzt 56-Jährige im diesem Land gewirkt, erst als Landesprobst, dann als Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Namibia (DELK). "Jeder Abschied ist etwas trauriges", sagt er, doch allzu große Wehmut will nicht aufkommen. Noch nicht. Immerhin: "Es ist nicht leicht, aber ich gehe mit der Überzeugung, dass ich einen wichtigen Dienst geleistet habe. Das Weitergehen gehört zum Leben."
Für diesen Dienst hatte Keding drei Schwerpunkte und nennt als ersten die Stützung der Gemeinde, also pastorale Arbeit wie Gottesdienste, Predigten, Taufen, Beerdigungen. "Es war mir wichtig, Christen auf den Weg zu nehmen, ihnen Hilfe zu leisten zu erkennen, zu glauben und zu leben." Ein weiterer Fokus lag auf der Förderung von Laienpredigern. "Wir haben Ausbildungen durchgeführt, 15 Leute nehmen landesweit Verkündigungen wahr", skizziert Keding erste Erfolge. Und schließlich war ihm die strukturelle Zusammenführung der DELK mit den anderen zwei lutherischen Kirchen (ELCIN und ELCRN) ein wichtiges Anliegen. "Aus Sorge, dass wir uns mit der Sprache zu sehr isolieren", begründet er. Und: "Ich bezeichne mich als Ökumeniker und bin überzeugt, dass die Zukunft in einer ökumenischen Kirche liegt."
Doch die Hürden waren und sind hoch, um seinem Anspruch ("Wir sollten uns nach außen gemeinsam als Lutheraner darstellen.") gerecht zu werden. Zu verwurzelt sind die Ängste, dass die deutsche Kirche mit ihren mageren ca. 7000 Mitgliedern angesichts der Dominanz der anderen Kirchen (ca. 300000 und rund 600000 Gläubige) z.B. ihre Identität verliert. "Jede Kirche hat ein Anrecht auf ihre eigene Muttersprache. Man könnte mit gemeinsamen Projekten, z.B. diakonischer und missionarischer Arbeit, beginnen", räumt der Bischof ein, der obgleich der bekannten Ängste meint: "Wir haben uns schon geöffnet und sind wesentlich weiter gekommen als wir vor zwölf Jahren waren." Ob dies weit genug war, wird die Synode im September in Swakopmund zeigen, wenn der Antrag auf eine gemeinsame Leitung der lutherischen Kirchen vorgelegt wird.
Veränderungen stehen also bevor. Veränderungen haben auch das Leben von Reinhard Keding geprägt. Zwölf Jahre wirkte er in den 70er und 80er Jahren in Südafrika, die meiste Zeit an der deutschen Schule in Hermannsburg. Aus diesen Kontakten erreichte ihn 1993 auch die Bitte, nach Namibia zu kommen. Zu dieser Zeit war Keding gerade mal vier Jahre in Deutschland zurück und im Missionswerk Hermannsburg für Bildungs-, Kinder- und Jugendarbeit tätig. "Ich hatte eine Woche Zeit für die Entscheidung", erinnert er sich. Und er hat sie nicht bereut. "Es waren sehr prägende Jahre für mich und die Familie", sagt er. In dieser Zeit hat er seine fünf Kinder, drei davon wurden in Südafrika geboren, heranwachsen sehen. Auch den Tod seiner Frau musste er im Jahr 2000 erleben.
Auf Namibia blickt er durchweg positiv zurück. "Man kann hier etwas in Bewegung setzen und es gibt sehr dankbare Menschen", sagt er. Was waren die Sternstunden der vergangenen zwölf Jahre? Keding zählt auf: "Die 100-Jahr-Feier der Gemeinde (1996), die Entwicklung der Laienprediger, die gute Zusammenarbeit der Pastoren, die Herzlichkeit unserer Schwesterkirchen und mein Hobby, also die kirchenmusikalische Arbeit." In der politischen Wertung kommt ganz der Kirchenmann durch: "Die Bildung einer Nation ist ein Wunschtraum, der von Christen vorgelebt werden muss. Es geht nicht um Gleichmacherei, aber durch Begegnungen lernen wir uns besser kennen und Unterschiede zu akzeptieren. 40 Jahre Apartheid haben die Menschen hier geprägt, das lässt sich durch eine neue Regierung nicht ändern." Dennoch: "Beruflich war das die größte Herausforderung, quasi meine Meisterjahre", sagt er rückblickend. Und wie bei den Lehrjahren gab es auch Situationen, die ihm nicht schmeckten. "Dass jede Gruppe nur an sich denkt", platzt es aus ihm heraus. Und: "Es ist schwer, sich sachlich auseinander zu setzen. Es wird oft personalisiert, die Leute sind schnell beleidigt. Eine Streitkultur ist sehr wenig ausgeprägt." Deshalb hofft er, dass sein unerfüllter Wunsch aufgenommen und fortgeführt wird. "Ich hatte ein Forum Kirche & Schule angeregt, das aber nicht mehr geschafft. Da sollte es um die Wertevermittlung an Schulen gehen, denn diese kommt oft zu kurz. Denn wenn man in einer multikulturellen Gesellschaft wie Namibia als Vertreter einer Minderheit bestehen will, benötigt man Werte - vor allem in einem Umfeld, das jetzt andersherum rassistisch auftritt."
Mit dem erneuten Wechsel nach Deutschland ist der Abschied nun von Dauer. In Bad Laer bei Osnabrück wird er als Pastor eine Pfarrstelle antreten und rund 2300 Gemeindemitglieder aus zwei Orten betreuen. Er will noch mal "neu anfangen", sagt er und münzt es auch auf seine neue Partnerin, die er erst von wenigen Wochen geheiratet hat. Den Umzug nimmt der Bischof locker: "Ich bin so oft umgezogen und habe schon Erfahrung darin."
Wird es ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin von Keding geben? Zwei Kandidaten stehen für die Wahl der Synode bereit. Und dann ist da ja auch noch der Antrag auf eine gemeinsame Leitung der drei lutherischen Kirchen. Grund genug, dass Reinhard Keding die Zusammenkunft der Kirchenvertreter im kommenden Monat aus der Ferne genau beobachten wird.
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Allgemeine Zeitung
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