Afro-Märtyrer & Technokraten
Ein Lager propagiert den "afrikanischen Journalisten" als Wegweiser kontinentaler Selbstfindung, derweil die Gegner den Begriff sofort als fäkales Unding abschießen. Drei Tage lang haben 430 Journalisten und Medienwissenschaftler um neue Klarheit gerungen.
Grahamstown - Gastgeber in der Provinzstadt Grahamstown, östliche Kapprovinz, war der Lehrstuhl für Journalistik an der Rhodes-Universität. "Es ist das größte globale Treffen afrikanischer Journalisten", freute sich Prof. Guy Berger, dessen Stab aus selbiger Fakultät nunmehr die 9. Konferenz unter dem Namen "Highway Africa" gestaltet hat, die von 18 namhaften Sponsoren unterstützt wurde und im nächsten Jahr das "erste Jahrzehnt" feiern will.
Die dynamische Entwicklung der Informations- und Medientechnik vor der Kulisse chronischer Marginalisierung und Bevormundung Afrikas hat die Delegierten erneut vor Herausforderungen gestellt. Gleich zu Beginn kam es zur kontroversen Auseinandersetzung zwischen afrikanischen Medienfunktionären, Redakteuren und Medienwissenschaftlern, worin afrikanische Identität bestehe und was der Medienauftrag sei, die Marginalisierung des Kontinents und die Dominanz amerikanischer und europäischer Nachrichtenkanäle zu überwinden. Dabei stießen Extreme aufeinander.
"Nach hoffnungslosen vier Jahrhunderten sind wir immer noch nicht arriviert", bedauerte Christine Qunta zur Eröffnung am Montagmorgen. Qunta ist eine ideologische Führungskraft der südafrikanischen Rundfunk- und Fernsehanstalt SABC. Sie hob den Klageton des Märtyrerlagers an, bot eine Auswahl rassistischer Zitate früherer Kolonialmächte und kam dann zu dem Fazit: "Wegen der Sklaverei ist Afrika heute der am dünnsten besiedelte Kontinent." Sie folgerte, dass es kein soziales und politisches Elend gäbe, wenn Afrika dichter bevölkert wäre. In der näheren Zukunft sieht sie Afrika und China als die erwachenden neuen Supermächte. Von den Journalisten aus rund 40 Afrika-Staaten forderte sie weniger Nationalismus als panafrikanisches Bewusstsein. "Afrikanische Journalisten sind nicht patriotisch genug", bemängelt sie.
"Afrikanischer Journalismus (als Gattung) und dergleichen - das könnt Ihr vergessen, was für ein Mist (Engl. ,crap')", konterte Medienprofessor Bhekimpilo Sibinda von der Universität Limpopo schon im folgenden Seminar, aber da war Qunta nicht mehr dabei. "Kategorisiert nicht, kommt raus aus der Schachtel", fordert er. Keine ethnisch-politische Zuordnung von Journalisten, sondern die tägliche Aufarbeitung der anstehenden Themen Afrikas sind für Sibinda angesagt. Aus den Stücken ein Ganzes zu bilden, zu analysieren und die Synthese anzubieten, hält Sibinda für die vordringliche Aufgabe. Die Überzeugung Sibindas schien gegenüber dem Klagelager Quntas zu überwiegen.
Neu vom Gipfel der Journalistik in Afrika ist:
? die Ambition der SABC, ihren Afrikakanal (seit 1998) nunmehr durch gemeinsame redaktionelle Präsenz zusätzlich zu Kenia und Simbabwe auf Nigeria, Senegal und DR-Kongo auszudehnen - trotz Kritik und Ängsten einiger Staaten vor vermeintlicher südafrikanischer Dominanz und Hegemonie
? Auseinandersetzung mit "blogging", dem Systems des simultanen Lesens und Schreibens im Internet, und Blogonomik (blogonomics), der kritischen Definition und Einordnung der "Blogosphäre", wo das "blogging" im Kontinuum journalistischer Produkte anzusiedeln und welcher Ethos anzuwenden sei.
? Neben bestehenden Kursen der Journalistik baut die Rhodes-Universität von Grahamstown einen Lehrstuhl für "Medien und Demokratie" aus. Zum ersten Mal gehört auf dem Kontinent auch ein Kursus des "investigativen" Journalismus (nachhaltige und hartnäckige Recherche) dazu. Dieser Kursus erstreckt sich aus dem Hörsaal mit direkter Fach- und Fallbegleitung bis in die Redaktion.
? Die umfangreiche Schlussakte der Konferenz von Grahamstown betont das Zugriffsrecht auf Information und bekennt sich zu den einschlägigen demokratischen Pressedeklarationen ( unter anderem Windhoek 1991 und 2001). Diese Deklaration soll auch demnächst beim Weltinformationsgipfel der Staatsoberhäupter im November 2005 in Tunis vorliegen.
Grahamstown - Gastgeber in der Provinzstadt Grahamstown, östliche Kapprovinz, war der Lehrstuhl für Journalistik an der Rhodes-Universität. "Es ist das größte globale Treffen afrikanischer Journalisten", freute sich Prof. Guy Berger, dessen Stab aus selbiger Fakultät nunmehr die 9. Konferenz unter dem Namen "Highway Africa" gestaltet hat, die von 18 namhaften Sponsoren unterstützt wurde und im nächsten Jahr das "erste Jahrzehnt" feiern will.
Die dynamische Entwicklung der Informations- und Medientechnik vor der Kulisse chronischer Marginalisierung und Bevormundung Afrikas hat die Delegierten erneut vor Herausforderungen gestellt. Gleich zu Beginn kam es zur kontroversen Auseinandersetzung zwischen afrikanischen Medienfunktionären, Redakteuren und Medienwissenschaftlern, worin afrikanische Identität bestehe und was der Medienauftrag sei, die Marginalisierung des Kontinents und die Dominanz amerikanischer und europäischer Nachrichtenkanäle zu überwinden. Dabei stießen Extreme aufeinander.
"Nach hoffnungslosen vier Jahrhunderten sind wir immer noch nicht arriviert", bedauerte Christine Qunta zur Eröffnung am Montagmorgen. Qunta ist eine ideologische Führungskraft der südafrikanischen Rundfunk- und Fernsehanstalt SABC. Sie hob den Klageton des Märtyrerlagers an, bot eine Auswahl rassistischer Zitate früherer Kolonialmächte und kam dann zu dem Fazit: "Wegen der Sklaverei ist Afrika heute der am dünnsten besiedelte Kontinent." Sie folgerte, dass es kein soziales und politisches Elend gäbe, wenn Afrika dichter bevölkert wäre. In der näheren Zukunft sieht sie Afrika und China als die erwachenden neuen Supermächte. Von den Journalisten aus rund 40 Afrika-Staaten forderte sie weniger Nationalismus als panafrikanisches Bewusstsein. "Afrikanische Journalisten sind nicht patriotisch genug", bemängelt sie.
"Afrikanischer Journalismus (als Gattung) und dergleichen - das könnt Ihr vergessen, was für ein Mist (Engl. ,crap')", konterte Medienprofessor Bhekimpilo Sibinda von der Universität Limpopo schon im folgenden Seminar, aber da war Qunta nicht mehr dabei. "Kategorisiert nicht, kommt raus aus der Schachtel", fordert er. Keine ethnisch-politische Zuordnung von Journalisten, sondern die tägliche Aufarbeitung der anstehenden Themen Afrikas sind für Sibinda angesagt. Aus den Stücken ein Ganzes zu bilden, zu analysieren und die Synthese anzubieten, hält Sibinda für die vordringliche Aufgabe. Die Überzeugung Sibindas schien gegenüber dem Klagelager Quntas zu überwiegen.
Neu vom Gipfel der Journalistik in Afrika ist:
? die Ambition der SABC, ihren Afrikakanal (seit 1998) nunmehr durch gemeinsame redaktionelle Präsenz zusätzlich zu Kenia und Simbabwe auf Nigeria, Senegal und DR-Kongo auszudehnen - trotz Kritik und Ängsten einiger Staaten vor vermeintlicher südafrikanischer Dominanz und Hegemonie
? Auseinandersetzung mit "blogging", dem Systems des simultanen Lesens und Schreibens im Internet, und Blogonomik (blogonomics), der kritischen Definition und Einordnung der "Blogosphäre", wo das "blogging" im Kontinuum journalistischer Produkte anzusiedeln und welcher Ethos anzuwenden sei.
? Neben bestehenden Kursen der Journalistik baut die Rhodes-Universität von Grahamstown einen Lehrstuhl für "Medien und Demokratie" aus. Zum ersten Mal gehört auf dem Kontinent auch ein Kursus des "investigativen" Journalismus (nachhaltige und hartnäckige Recherche) dazu. Dieser Kursus erstreckt sich aus dem Hörsaal mit direkter Fach- und Fallbegleitung bis in die Redaktion.
? Die umfangreiche Schlussakte der Konferenz von Grahamstown betont das Zugriffsrecht auf Information und bekennt sich zu den einschlägigen demokratischen Pressedeklarationen ( unter anderem Windhoek 1991 und 2001). Diese Deklaration soll auch demnächst beim Weltinformationsgipfel der Staatsoberhäupter im November 2005 in Tunis vorliegen.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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