Agitation über Gräbern
Nach 13 Jahren namibischer Unabhängigkeit entdecken Präsident Sam Nujoma und sein Minister ohne Amtsbereich, Ngarikutuke Tjiriange, ansonsten Generalsekretär der Swapo, zum ersten Mal das alljährliche Waterberg-Gedenken.
Diese Veranstaltung wurde seit Jahrzehnten von einer kleinen Gruppe deutschsprachiger Kulturträger und Organisationen und manchmal von Herero-Vertretern gestaltet oder mitgestaltet.
Im 14. Jahr namibischer Unabhängigkeit bieten Nujoma und seine engen Ratgeber ihre plötzliche "Entdeckung" als eine fürchterliche Staatsgefahr an, die vom Präsidenten persönlich verboten und notfalls durch Polizeigewalt gebannt werden muss. Die "kolossale Entlarvung" einer Staatsgefahr erinnert an die Jahre, als die südafrikanische Verwaltung Namibias als "Bedrohung des Weltfriedens" stilisiert wurde.
Das Waterberg-Gedenken war in seiner sinnvollen Gestaltung eine versöhnliche und besinnliche Begegnung zwischen deutschsprachigen Namibiern und Angehörigen von Herero-Organisationen und Häuptlingshäusern über Soldatengräber hinweg. Weniger erfolgreich und sinnvoll waren jene Gedenken, wenn Deutschsprachige zu dem Anlass rein unter sich blieben und die Veranstaltung somit - gewollt oder ungewollt - einen verspäteten exklusiv deutschen Anstrich erhielt. Form und Gestalt aller nationaler Gedenken müssen immer wieder kritisch hinterfragt werden, nicht zuletzt der namibische Heldengedenktag.
Der Vorwurf des Präsidenten - in der maßlosen Übertreibung durch ein inkompetentes, einseitiges NBC-Fernsehen noch extrem verzerrt - dass sich eine "kleine Gruppe deutschsprachiger Namibier" anschicke, die Periode des "Völkermords und der Ausrottung" von Namibiern zu feiern, spottet jeder Beschreibung. Diesen Vorwurf kann man nur aus der unbelehrbaren Mentalität und der Phobie von Exilanten verstehen, die den Bezug zur historischen Realität Namibias verloren haben. Nur mit einer derartigen Illusion kann man geballte Staatsgewalt gegen Windmühlen richten. Durch einen einzigen Anruf hätte der Präsident - oder eben sein persönlicher Ratgeber - die Veranstalter um direkte Aufklärung und gewiss um Abhilfe bitten können, anstatt in einer Verfassung von Berührungsangst und Ignoranz den "Ausnahmezustand" am Waterberg auszurufen.
Das müssen auch neue Machthaber verstehen lernen - die exklusive und selektive Totenehrung (allein für koloniale Widerstandskämpfer) mag es aus "politischer Korrektheit" und aus Willfährigkeit gegenüber den Machthabern eine Zeitlang geben. Machthaber konnten Geschichte jedoch noch nie auf Dauer revidieren. Schon das christliche Freund-Feind-Verständnis gebietet, dass allen Toten Respekt gezollt wird. Zusammen mit dem Auftrag nationaler Aussöhnung, den Nujoma ja auch in seinem "Gedenken-Verbot" bemüht, trifft dies noch viel mehr zu.
Versöhnung kann für aufgeklärte Namibier niemals heißen, dass für ihr Geschichtsbild und für ihr Verständnis der Totenehrung allein die Heroisierung des anti-kolonialen Widerstands ausschlaggebend sein muss. Nicht die Verteufelung irgendeiner Seite der historischen Konflikte sondern ein integriertes und unzensiertes Verständnis der Zusammenhänge der Geschichte bieten die Grundlage für ein Totengedenken, mit dem wir uns auf den weiteren Weg in die namibische Zukunft machen können.
Diese Veranstaltung wurde seit Jahrzehnten von einer kleinen Gruppe deutschsprachiger Kulturträger und Organisationen und manchmal von Herero-Vertretern gestaltet oder mitgestaltet.
Im 14. Jahr namibischer Unabhängigkeit bieten Nujoma und seine engen Ratgeber ihre plötzliche "Entdeckung" als eine fürchterliche Staatsgefahr an, die vom Präsidenten persönlich verboten und notfalls durch Polizeigewalt gebannt werden muss. Die "kolossale Entlarvung" einer Staatsgefahr erinnert an die Jahre, als die südafrikanische Verwaltung Namibias als "Bedrohung des Weltfriedens" stilisiert wurde.
Das Waterberg-Gedenken war in seiner sinnvollen Gestaltung eine versöhnliche und besinnliche Begegnung zwischen deutschsprachigen Namibiern und Angehörigen von Herero-Organisationen und Häuptlingshäusern über Soldatengräber hinweg. Weniger erfolgreich und sinnvoll waren jene Gedenken, wenn Deutschsprachige zu dem Anlass rein unter sich blieben und die Veranstaltung somit - gewollt oder ungewollt - einen verspäteten exklusiv deutschen Anstrich erhielt. Form und Gestalt aller nationaler Gedenken müssen immer wieder kritisch hinterfragt werden, nicht zuletzt der namibische Heldengedenktag.
Der Vorwurf des Präsidenten - in der maßlosen Übertreibung durch ein inkompetentes, einseitiges NBC-Fernsehen noch extrem verzerrt - dass sich eine "kleine Gruppe deutschsprachiger Namibier" anschicke, die Periode des "Völkermords und der Ausrottung" von Namibiern zu feiern, spottet jeder Beschreibung. Diesen Vorwurf kann man nur aus der unbelehrbaren Mentalität und der Phobie von Exilanten verstehen, die den Bezug zur historischen Realität Namibias verloren haben. Nur mit einer derartigen Illusion kann man geballte Staatsgewalt gegen Windmühlen richten. Durch einen einzigen Anruf hätte der Präsident - oder eben sein persönlicher Ratgeber - die Veranstalter um direkte Aufklärung und gewiss um Abhilfe bitten können, anstatt in einer Verfassung von Berührungsangst und Ignoranz den "Ausnahmezustand" am Waterberg auszurufen.
Das müssen auch neue Machthaber verstehen lernen - die exklusive und selektive Totenehrung (allein für koloniale Widerstandskämpfer) mag es aus "politischer Korrektheit" und aus Willfährigkeit gegenüber den Machthabern eine Zeitlang geben. Machthaber konnten Geschichte jedoch noch nie auf Dauer revidieren. Schon das christliche Freund-Feind-Verständnis gebietet, dass allen Toten Respekt gezollt wird. Zusammen mit dem Auftrag nationaler Aussöhnung, den Nujoma ja auch in seinem "Gedenken-Verbot" bemüht, trifft dies noch viel mehr zu.
Versöhnung kann für aufgeklärte Namibier niemals heißen, dass für ihr Geschichtsbild und für ihr Verständnis der Totenehrung allein die Heroisierung des anti-kolonialen Widerstands ausschlaggebend sein muss. Nicht die Verteufelung irgendeiner Seite der historischen Konflikte sondern ein integriertes und unzensiertes Verständnis der Zusammenhänge der Geschichte bieten die Grundlage für ein Totengedenken, mit dem wir uns auf den weiteren Weg in die namibische Zukunft machen können.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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