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Aids ist und bleibt eine unheilbare Krankheit

Vor allem für Afrika bleibt Aids ein unglaublich bedrückendes Problem. Während zum Beispiel Thailand die Epidemie im Keim erstickt hat, indem es Bordellbesitzern mit der Schließung für den Fall drohte, dass Prostituierte dort keine Kondome verwenden, hat sich in Afrika wenig verändert. Und es zeigt sich: Mit Geld ist es nicht zu lösen, schon heute wird für Aids auf dem Kontinent viel mehr Geld ausgegeben als für Krankheiten wie Malaria oder Durchfall, die weit mehr Todesopfer fordern. Aids hat aber Wurzeln, die bis tief in kulturelle Gewohnheiten reichen - das macht die Bekämpfung besonders schwer. Der wichtigste Ansatzpunkt dürfte sein, das Recht junger Frauen auf sexuelle Selbstbestimmung zu stärken, das durch die patriarchalische Gesellschaftsstruktur unterdrückt wird.

Fast 25 Millionen, also weit über zwei Drittel aller HIV-Infizierten, leben heute auf einem Kontinent, der nur knapp 15 Prozent der Weltbevölkerung umfasst. Es gibt eine neue Theorie, nach der Afrikaner aus genetischen Gründen anfällig für Aids sind. Aber das erklärt nicht die enormen Unterschiede zwischen den Kontinenten und schon gar nicht innerhalb des eigenen afrikanischen.

In Swasiland sind über 40 Prozent der Erwachsenen HIV-positiv - und in Botswana dürfte die Lebenserwartung schon bald im Schnitt bei nur noch 25 Jahren liegen. Auf der Suche nach den Gründen dafür stößt man schnell auf sexuelle Ursachen, die jahrelang tabuisiert wurden.

Dass die Armut keine hinreichende Erklärung für die Epidemie in Afrika bietet, wird schon daran deutlich, dass mit Botswana und Südafrika die beiden reichsten Staaten des Kontinents viel stärker von Aids betroffen sind als zum Beispiel der viel ärmere Senegal. Überhaupt haben die etwas wohlhabenderen Staaten in Afrika oft weit höhere Aids-Raten als die ärmeren.

Das größte Problem in weiten Teilen von Schwarzafrika besteht darin, dass es hier nicht ungewöhnlich ist, eine Reihe sexueller Partner zur gleichen Zeit zu haben. Dies führt zu vielmaschigen Netzwerken, die dem HI-Virus die Übertragung markant erleichtern. Wäre Monogamie die Norm, so wäre das Virus lange Zeit in der jeweiligen Beziehung gefangen und könnte sich nur viel langsamer ausbreiten. Afrikaner haben in ihrem Leben nicht unbedingt mehr Partner, aber sie haben mehr zur gleichen Zeit.

Besonders fatal: In vielen Teilen Afrikas gehört es zur Regel gehört, dass ältere Männer junge Freundinnen haben. Viele Lehrer haben zum Beispiel sexuelle Beziehungen zu ihren Schülerinnen. Auf diese Weise verbreitet sich das Virus sehr schnell über die Generationsgrenze hinweg - und trifft junge Frauen in ihrer Abhängigkeit oft besonders hart. Keine Gruppe hat auf dem Kontinent ähnlich starke Zuwachsraten wie die der schwarzen Mädchen zwischen 16 und 24. Afrikas Beziehungsmuster machen es deshalb schwer, wenn nicht gar unmöglich, die Seuche wirkungsvoll zu bekämpfen.

Zudem wird auch immer deutlicher, dass der von der Aids-Lobby lange Zeit propagierte Nachdruck auf den Patientenrechten unvorhersehbare Folgen hat. Das Aidskranken stets zugestandene Recht, ihre Infektion selbst vor dem Sexualpartner geheim zu halten, dürfte stark zu dem in Afrika weit verbreiteten Stigma der Krankheit und ihrer verstärkten Ausbreitung beigetragen haben. In Ländern wie Kuba, wo der Druck, sich auf Aids testen zu lassen, viel größer als in Afrika ist, konnte die Epidemie im Zaum gehalten werden.

Erschwerend kommt hinzu, dass in Afrika die politischen und religiösen Führer auf der ganzen Linie versagt haben. Ein Musterbeispiel dafür ist Südafrikas Präsident Thabo Mbeki, der jahrelang hanebüchene Unwahrheiten über die Aids-Epidemie und ihre Behandlung propagierte - und dadurch indirekt für den Tod Hundertausender von Südafrikaner verantwortlich ist.

Weltweit ist die größte Gefahr, dass die Fortschritte der Medizin das Bewusstsein für die Gefahr schwächen. Aids ist nach wie vor eine unheilbare Krankheit: Diese Botschaft kann angesichts der zunehmenden Sorglosigkeit nicht deutlich genug betont werden. Umso mehr deprimiert die Nachricht, dass die Aids-Aufklärung in den Industrieländern zunehmend stockt. Mehr als 56000 US-Amerikaner sollen sich jährlich neu mit HIV infizieren. Das ist deutlich mehr als bislang vermutet wurde. Doch wie soll man in Afrika auf die Einsicht in das Notwendige hoffen, wenn sich selbst gut informierte Menschen in der Ersten Welt immer häufiger nicht ausreichend vor dem Virus schützen?

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-15

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