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Airline im Höhenflug

Vom Postflieger zu Charter-, Linien- und Forschungsflügen
WAZon-Redakteur
Eine große Glasfront umfasst das Büro von Wolfgang Grellmann am Eros-Flughafen. Von hier aus hat er sein Lebenswerk bestens im Blick. Auf der grau gepflasterten Fläche unter den Fenstern reihen sich große und kleine Flugzeuge. Piloten der Westair-Flotte zeigen Touristen auf Charterflügen die schönsten Orte Namibias. Wie macht jemand Urlaub, der sein Leben lang mit Flugzeugen zu tun hatte? Ein Familienurlaub auf einer abgelegenen Insel wäre da doch naheliegend. Aber Familie Grellmann geht lieber Campen - mit dem Wohnwagen erkundet das Ehepaar samt Kindern und Enkelkindern die Nachbarländer Namibias. Botswana, Sambia und Simbabwe standen schon auf dem Reiseplan.

Vor zwei Jahren feierte die private Fluggesellschaft Westair Aviation ihr fünfzigjähriges Bestehen. Wolfgang Grellmann, der seine Lehre bereits am Eros-Flughafen als Flugzeugmechaniker absolviert hat, kaufte das Unternehmen im Jahr 1983 zusammen mit fünf Investoren. Damals war Westair lediglich eine Werkstatt. Nach und nach gelang es Grellmann jedoch eine eigene Flotte an Flugzeugen und Piloten aufzubauen. Bereits 1983 konnte er seine Partner ausbezahlen, und Westair wurde zum Familienbetrieb. „Meine Frau und ich haben damals zwölf Stunden am Tag und sieben Tage die Woche gearbeitet“, erzählt er. „Das war irgendwann nicht mehr zu schaffen.“ Also holte sich das Ehepaar neue Partner an Bord.

Eine Erfolgsgeschichte

Die Geschichte des Unternehmens ist ein Höhenflug - mit holprigem Start. Am Anfang stand ein dreimonatiger Vertrag mit dem deutschen Brief- und Paketboten DHL. „Wir hatten eine dreimonatige Kündigungsfrist. Jeder, dem ich das erzählt habe, hat nur mit dem Kopf geschüttelt. ‚Darauf kann man doch kein Unternehmen aufbauen‘, haben sie gesagt.“ Aber man kann. Der Beginn einer Erfolgsgeschichte - bis heute fliegt eine Westair-Maschine fünfmal die Woche den Overnight-Express nach Johannesburg und wieder zurück, in DHL-gelb lackiert und mit Briefen und Päckchen an Bord.

Seit den Anfängen ging es mit der Fluggesellschaft steil bergauf und Wolfgang Grellmann macht immer neue Pläne für sein Unternehmen - in naher Zukunft sollen unter anderem Linienflüge nach Südafrika starten. Nur eine Sache schließt Grellmann aus: „Westair wird zu meinen Lebzeiten nicht nach Europa fliegen“, sagt Grellmann. „Eher fliegen wir auf den Mond.“ Für große Flugzeuge sei diese Strecke nicht rentabel. Auch für die Konkurrenz Air Namibia, die mehrmals wöchentlich Frankfurt am Main ansteuern, rechne sich das finanziell nicht. Weil eine Direktverbindung nach Deutschland aber für den Tourismus Namibias existentiell ist, werde der Verlust durch staatliche Subventionen aufgefangen.

Namibia ist kein leichtes Pflaster für die Luftfahrt. „Früher hinkte Namibia immer um 20 Jahre hinterher“, sagt Grellmann. Heute habe das Land zwar aufgeholt, trotzdem sei die geringe Bevölkerungszahl weiterhin eine Herausforderung. „Man muss hier alle Sparten abdecken.“ Deshalb bietet Westair nicht nur Charter- und Linienflüge an sondern unternimmt auch geophysikalische Forschungsarbeit aus der Luft.

Der Bergbau als Kunde

Die Firmengeschichte von Westair war schon immer eng mit den Bodenschätzen Afrikas verbunden. Westair-Maschinen fliegen die Mitarbeiter verschiedener rohstofffördernder Unternehmen zu ihren Arbeitsplätzen in Zinkminen und auf diamantenfördernde Schiffen auf dem ganzen Kontinent. Auch an der Suche nach Rohstoffen ist die Firma beteiligt. Für Auftragsgeber weltweit führt Westair geophysikalische Vermessungen durch. Dabei fliegt ein Flugzeug sehr tief über dem Boden - in etwa 80 Metern Höhe - und schickt Signale zur Erdoberfläche. Diese werden von der Erdkruste zurückgeworfen. Die Stärke des reflektierten Signals gibt Hinweise darauf, wie der Boden beschaffen ist und ob sich unter der Oberfläche Rohstoffe wie Erz, Rohöl und Gas befinden. „Auf diese Weise haben wir ganz Namibia vermessen und unter anderem in Libyen, Madagaskar, Senegal und dem Sudan nach Erdöl gesucht.“

Heute geht der Trend zwar zu erneuerbaren Energien wie Wasser, Wind und Sonne, doch einen Einbruch der Forschungsaufträge fürchtet Wolfgang Grellmann trotzdem nicht: „Viele Menschen vergessen, dass man auch für die Herstellung von Batterien, wie sie in Elektroautos zum Einsatz kommen, seltene Erden wie Kobald braucht“, sagt er. „Wir werden weiterhin nach allem suchen, was da im Boden ist.“

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-08

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