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Alles nur plattgeschoben
Alles nur plattgeschoben

Alles nur plattgeschoben

Betrifft: Schließung des Warehouse Theaters
Wiebke Schmidt
Mir wurde ganz eigen zumute, als ich lesen musste, dass nach 30 Jahren (sogar noch ein Jahr vor der namibischen Unabhängigkeit gegründet) das gute, alte Warehouse-Theater die Türen geschlossen hat. Für immer? Und was soll dann aus der Alten Brauerei werden? Braut sich da schon wieder etwas zusammen? Einfach plattschieben, um ein neues „Fassadendenkmal“, wie sich das moderne Hälbichgebäude jetzt in Karibibis Hauptstraße als Woermann&Brock-Supermarkt präsentiert, zu errichten? Man hat sich schon etwas bemüht, wenigstens die Fassade an der Hauptstraße vom Original-Plan zu kopieren, nur leider war das auch schon alles. Weg ist jetzt das legendäre Feddersenhaus, noch ganz aus Naturstein gebaut und rundherum ist eben doch nur noch null-acht-fünftzehn-Trend angesagt! Keine kleinen Nischen, kein grüner Baum, nur großkapitalistischer Lagerraum, damit der Rubel tüchtig rollen kann! Denkmalschutz sowie guter alter Baustil wird von der neuen Geldgier-Generation einfach nur noch plattgeschoben, so als wenn wir Deutschen in Namibia niemals gewesen wären oder wir uns unserer Vergangenheit wegen schämten. Langsam wird mir „diese Art der Liebe zu zeigen“ etwas peinlich.

Erst war es unser guter alter SKW-Sportklub, der einem modernen Einkaufzentrum weichen musste. Wo sind denn jetzt die gediegenen alten Sitzecken, auf denen wir alle irgendwann mal bei einer deftigen Klubmahlzeit gesessen haben? Wie viele schöne Feste wurden nicht in den vertrauten alten Gemäuern gefeiert? Alles schöne Erinnerungen, an die man heute nur noch mit Wehmut zurückdenken kann. Hier hatte Heino mit „Ehrfurcht vor schneeweißen Haaren“ namibische (oder lieber: Südwester) Herzen zum Schmelzen gebracht, und Geraldine, die junge irische Schlagersängerin sang sich mit „Have I told you lately, that I love you“ in unser aller Herzen. Winzerfeste, Karnevals, Oktoberfeste, Sportfeste, Kinderfeste, Hochzeiten und Silberhochzeiten, alles was das deutsche und oft auch anderssprachige Kulturherz zum Schwingen bringt, wurde hier gefeiert. Und dann wurde das Gebäude einfach plattgeschoben.

Und jetzt wird wohl auch die Alte Brauerei ganz einfach nur plattgeschoben, denn was könnte man in dem alten Gemäuer denn noch bieten, als was das Warehouse Theater an kulturellen Leistungen gemeistert hat? Das ist es doch gerade, was Windhoek von anderen Hauptstädten unterscheidet, oder nicht? Historische Gebäude verleihen jeder Stadt Charakter und individuellen Charme, das muss mal richtig verstanden werden. Gläserne Bankenhäuser, Betonburgen, gigantische Büroparks, die gibt es doch zur Genüge weltweit. Das Besondere und Liebenswürdige finden wir jedoch überall auf der Welt immer wieder in den historischen Vierteln, alten Hinterhöfen oder versteckten Winkeln, sei es nun das Pariser Montmatre Künstlermilieu, oder die historischen Kramer-Amtsstuben am Elbkanal in Hamburg, alte Bauten sind und bleiben eine magische Anziehungskraft für Touristen und Reisende. Nicht nur bei uns in Namibia. Wir bauen Riesendome, die aussehen wie stillgelegte Bunker und wir bauen tolle Einkaufzentren, egal ob das städtische Kanalisationsnetz eh schon überfordert ist, Hauptsache neu, protzig und ohne persönlichen Stil. Schade! Warum lassen wir uns unsere deutsche Geschichte nur immer so klein und nichtig machen? Oder frönen wir ganz einfach nur einer kapitalistischen Raubtierkultur, die uns so ein Plattmach-Gehabe vorschreibt? Armes Namibia, wie leblos Du doch sein wirst ohne Deine schönen alten Gemäuer und den wetterfesten Denkmälern, so, als wärest Du nie gewesen. Keine Vergangenheit, keine Reue, alles einfach nur plattgeschoben. Muss es wirklich so weit gehen?

Bianca Foelscher, Karibib

Tags: Leserbriefe, Meinung, AZ, Namibia, Warehouse Theatre, Windhoeker Brauhaus, Architektur, Deutschtum, Vergangenheit,

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-26

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