Almosenlohn für die Ärmsten
Bei hämischer Betrachtung könnte man sagen, dass Einbrecher, Gelegenheitsdiebe und Autoknacker Arbeitsplätze verschaffen, denn ohne sie wäre das Heer von rund 14000 Wach- und Patrouillenkräften überflüssig. Zur Ergänzung dürfte man behaupten, dass die sporadische Inkompetenz der Polizei auch zu dieser Arbeitsbeschaffung beitrage. So leicht ist die große Anzahl privater Wachkräfte jedoch nicht zu erklären, die etlichen SWAPO-Parlamentariern nach 1990 zur Bedrohung werden wollte, weil sie in der möglichen Koordinierung der Wachkräfte eine Gefahr für neu gewonnene Privilegien befürchteten. Zudem waren und sind Ex-Kämpfer der ehemaligen Territorialstreitkräfte und der Sondereinheit der Polizei für Guerilla-Abwehr vielfach die Vorgesetzten der Wachkräfte. Die Befürchtung hat sich als unbegründet herausgestellt, aber ein Vergleich mit anderen Ländern, wo Milizen und Terrorgruppen ehemaliger Soldaten Landesteile unregierbar machen, musste die Vermutung zunächst nahelegen.
Zur Beimischung für die Ursachen der großen Anzahl privater Sicherheitskräfte gehört auch die weit verbreitete Beutementalität, die bei einem Autounfall mit hilflos Verletzten besonders brutal zutage tritt, wenn in vielen Fällen die Opfer des Verkehrsunfalls ausgeraubt werden, noch bevor Polizei und Krankenwagen eintreffen.
Die meist adrett gekleideten Wach- und Patrouillenkräfte gehören in der Regel wie die Hausbedienstete zur untersten Skala der Entlöhnung. Gerade deshalb ist es erfreulich, wenn sich das Arbeitsministerium, die Arbeitgeber und die Gewerkschaft in selten üblicher Einmütigkeit um den Mindestlohn für Sicherheitsmänner und -frauen kümmern, um den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohn festzuschreiben und einklagbar zu machen. Wenn die Wachkräfte bisher mit einem Mindestlohn von rund 1140 N$ pro Monat auskommen müssen, ist die Differenz zur neuen Mindestmarge von rund 1900 N$ zwar erfreulich, aber eine würdige Existenz lässt sich damit in Städten und Ortschaften auch nicht bestreiten, geschweige denn eine Familie zu ernähren. Schon ein Einzelzimmer in Katutura wird für 1000 Namibia-Dollar vermietet.
Allein der Monatslohn der Wachkräfte zeigt, wie extrem das Einkommen in der namibischen Gesellschaft auseinander- klafft.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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