Loading svg Please wait while we translate the article

Altrichter O'Linn zieht in seinem Standardwerk nüchterne Bilanz

Altrichter Bryan O`Linn hat jetzt den zweiten Band zur aktuellen Ergänzung des ersten Werks von 2003 herausgebracht: "Namibia - The Sacred Trust of Civilization" (Vol II), 2010. Der Autor und seine Verleger Gamsberg Macmillan Publishers/Pollination Publishers (Pty) Ltd. haben sich - im Gegensatz zu anderen Herausgebern relevanter Fachbücher - nicht gescheut, die Bücher in festem Einband herauszugeben, denn sie dürften noch Jahrzehnte nach seiner Zeit als exakte Nachschlagewerke und Zeitdokumente dienen. Allzu leicht geraten wichtige historische Eckdaten, Abläufe und Ereignisse in Vergessenheit oder sie werden von Politikern opportunistisch verzerrt, was deshalb leicht möglich ist, weil die weitgehend unterwürfige Öffentlichkeit trotz unguten Gefühls, dass Fakten wieder einmal verdreht werden, entweder nicht wagt, korrigierend in die Debatte/Propaganda einzugreifen oder weil der Bürger den Politikern und Parteiführern blindlings und ohne eigenes Quellenstudium folgt.

Als Jurist, Advokat und langjähriger Richter, zuletzt bis 2003 am Obersten Gerichtshof, ist und war O'Linn seit 1961 aktiv sowohl in den Werdegang der Justiz und zeitweilig als Führer der damaligen oppositionellen Föderalen Partei in den siebziger Jahren auch direkt in die Tagespolitik verwickelt.
Bryan O'Linns akribischer Augenmerk gilt jedoch bis heute auch aus seinem "Ruhestand" heraus schwerpunktmäßig dem Wirkungsfeld der Rechtsprechung. Mehr als irgendeiner politischen Richtung hat O'Linn durch die Apartheidsjahre hindurch bis über eineinhalb Jahrzehnt unter der namibischen Souveränität der konsequenten Rechtsprechung gedient, was ihm sowohl den Argwohn etlicher Apartheidspolitiker als auch einiger SWAPO-Machthaber eingebracht hat. O`Linn ist jedoch bei allem Widerstand und trotz vieler polemischer Angriffe auf seine Person und Stellung stets auf dem Boden der Justiz geblieben, was die maßgeblichen politischen Entscheidungsträger sowohl vor der Unabhängigkeit als auch danach am Ende respektieren mussten, selbst wenn einige SWAPO-Elemente (darunter der ehemalige und seither verstorbene Moses Garoeb) den Pöbel der Straße gegen ihn und gegen die unabhängige Rechtsprechung mobil gemacht haben. Der letzte südafrikanische Statthalter und Generaladministrator, Adv. Luis Pienaar, berief O'Linn 1989 während der Übergangsphase zur Unabhängigkeit, die Aufsichtskommission zu leiten, die Verstöße gegen die Wahlordnung ahnden sollte. Nach der Unabhängigkeit setzte der erste Präsident, Sam Nujoma, O'Linn in der Führung zweier Untersuchungskommissionen ein, die der Vergabe der Fischkonzessionen und der effektiven Verbrechensbekämpfung nachgegangen sind. Es ist bezeichnend, dass die Ergebnisse über die Fischkonzessionen weder von der Nujoma- noch von der Pohamba-Regierung veröffentlicht wurden. Der Befund zur Verbrechensbekämpfung wurde erst zehn Jahre nach Abschluss der Kommissionsarbeit bekannt gegeben!
Der Titel beider Bände ist dem Geist der Völkerbund-Statuten für das ehemalige Mandatsgebiet Südwestafrika entlehnt, worin das unmündige Territorium, die ehemalige deutsche Kolonie/das kaiserliche Schutzgebiet, nach Ende des 1. Weltkriegs, als Deutschland seine Kolonien abtreten musste, als "Sacred Trust of Civilization" bezeichnet wurde, das "heilige Pfand/die heilige Verpflichtung der Zivilisation".

O`Linn weiß in beiden Bänden sehr wohl zwischen Ideal und Wirklichkeit zu unterscheiden, ein Spannungsfeld, das schon unter den Begriffen "Ideal and Reality" im Untertitel angegeben ist. In Band I schildert der Autor die staatsrechtliche Entwicklung des Territoriums von der deutschen Kolonie bis zur Unabhängigkeit 1990. (Das Werk wurde nach der Veröffentlichung 2003 vorgestellt.) Mit der Herausgabe des zweiten Bands hat O'Linn das erste Werk noch einmal überarbeitet und neu drucken lassen.

Im zweiten Band nimmt O'Linn den Leser, Bürger und Politiker - hoffentlich greifen sie zu dem Buch - mitten in die Gegenwart Namibias hinein, in die Mob-Anschläge gegen die Justiz und in die Vorurteile etlicher neuer Entscheidungsträger gegen weiße Richter. Der heutige Speaker Theo-Ben Gurirab, sprach 2003, seinerzeit Premierminister, von der "lilienweißen Rechtsbank", die gewandelt werden müsste. Dabei waren damals nur zwei der zehn Richter des Obergerichts ethnische Weiße.

Angesichts des kolossalen Rückstands in der Aufarbeitung von Prozessen an den Gerichten 2009 stellt der Autor die Frage, ob die Rechtsprechung vor dem "Kollaps" stehe. Auch die Frage, ob die "Weißen" noch eine Zukunft in Namibia haben, wirft er auf, nachdem er brisanten Themen der Landreform, der Versöhnung und der Korrekturmaßnahmen (affirmative action) nachgegangen ist.

Es handelt sich um keine Entspannungslektüre.
Die zwei Bände eignen sich zum exakten Quellenstudium, als Nachschlagewerk im Sinne einer namibischen Chronik und sie bilden den Spiegel für O'Linns Meinung und Einschätzung brisanter Fragen. Ein wertvoller Beitrag zum Werdegang des Staates Namibia außerhalb der populistischen Darstellung der Geschichte.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-22

Zu diesem Artikel wurden keine Kommentare hinterlassen

Bitte melden Sie sich an, um einen Kommentar zu hinterlassen

Katima Mulilo: 23° | 38° Rundu: 24° | 35° Eenhana: 23° | 35° Oshakati: 25° | 34° Ruacana: 24° | 35° Tsumeb: 22° | 33° Otjiwarongo: 20° | 32° Omaruru: 22° | 36° Windhoek: 21° | 33° Gobabis: 23° | 34° Henties Bay: 15° | 19° Swakopmund: 15° | 16° Walvis Bay: 14° | 23° Rehoboth: 21° | 34° Mariental: 21° | 36° Keetmanshoop: 18° | 36° Aranos: 22° | 36° Lüderitz: 15° | 26° Ariamsvlei: 18° | 36° Oranjemund: 14° | 22° Luanda: 24° | 25° Gaborone: 22° | 36° Lubumbashi: 17° | 34° Mbabane: 18° | 32° Maseru: 15° | 32° Antananarivo: 17° | 29° Lilongwe: 22° | 35° Maputo: 22° | 36° Windhoek: 21° | 33° Cape Town: 16° | 23° Durban: 20° | 26° Johannesburg: 18° | 33° Dar es Salaam: 26° | 32° Lusaka: 22° | 36° Harare: 20° | 31° #REF! #REF!