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An der nördlichen Grenze (Teil 2)

Wiebke Schmidt
Nach den Erfolgen in Cuangar und Mucusso beschlossen Gouverneur Seitz und Oberstleutnant von Heydebreck, als Maßnahme gegen eventuelle portugiesische Vergeltungsschläge eine Strafexpedition zu entsenden, die Fort Naulila besetzen sollte. Major Franke und sein Regiment wurden mit dieser Aufgabe betraut.

Das Regiment Franke befand sich im tiefen Süden der Kolonie, und die Zugfahrt nach Otjiwarongo dauerte fast eine Woche. Von dort ging es über Outjo und Ombika nach Okaukuejo und an der Westseite der Etoshapfanne entlang weiter nach Tsundi und zur Grenze in der Nähe der Ruacana Fälle. Ausgeklügelte Planung sollte den Erfolg der Unternehmung sichern. An verschiedenen Stellen entlang der vorgesehenen Route wurden Proviant und Wasservorräte deponiert. Am 9. November traf die Expedition in Ombika ein.

Dort erreichte Franke wenige Tage später die Nachricht, dass Oberstleutnant von Heydebreck an den Folgen eines Schießunfalls bei Kalkfontein-Süd (Karasburg) gestorben war. Major Franke, jetzt der Kommandeur der Schutztruppe, eilte zu einem Treffen mit Gouverneur Seitz nach Windhoek. Am 24. November war er zurück in Ombika und zog mit seinem Regiment weiter.

Die nächste Etappe führte durch dicken Sand nach Tamansu. Trotz der sommerlichen Hitze überstanden alle Tiere diese anstrengende 73 Kilometer lange Durststrecke. Mitte Dezember kämpfte sich die Expedition einen Tag lang durch dichten Busch, dann war der Kunene, der westliche Grenzfluss zwischen den beiden Kolonien, erreicht. Sofort wurden mehrere Patrouillen entsandt, um die Umgebung von Fort Naulila zu erkunden.

Die Festung mit einer Besatzung von 800 Mann unterstand dem Kommando von Oberst Roçadas. Ende 1914 hielt sich dort auch ein Burenkommando auf, das gemeinsam mit den portugiesischen Truppen gegen die einheimische Bevölkerung in Süd-Angola gekämpft hatte. Als das Regiment Franke anrückte, befand sich das Burenkommando in Otchitotto, um das südwestliche Kunene-Ufer auszukundschaften. Offenbar wurde damit gerechnet, dass die Schutztruppe auf dem Weg nach Angola war.

Major Franke hatte gehofft, Fort Naulila unentdeckt erreichen zu können, aber die Besatzung war gewarnt worden. Als er die Festung am 18. Dezember angriff, wurde sein Regiment mit einem Kugelhagel empfangen. Franke ließ das Feuer sofort von seiner Artillerie erwidern. Die ersten Schüsse trafen das Waffenmagazin des Forts. Explodierende Munition setzte Teile der Festung in Brand. Nun wurde die linke Flanke der Schutztruppe massiv mit Handfeuerwaffen beschossen, während die rechte Flanke von der gegnerischen Artillerie ins Visier genommen wurde. Scharfschützen, die sich im Geäst der großen Baobabs auf der ansonsten gerodeten Fläche rings um das Fort verborgen hatten, verstärkten den intensiven Beschuss. Die Schutztruppe erlitt die ersten Verluste.

Major Frankes Pferd wurde unter ihm erschossen, als er versuchte, zur 6. Kompanie zu gelangen. Die Artillerie beider Seiten feuerte unentwegt. Franke wollte feststellen, woher das portugiesische Feuer kam und bewegte sich auf die Geschütze zu, die von Leutnant Gutjahr befehligt wurden. Dabei wurde er am Kopf und an der Schulter getroffen. Angesichts seiner Verwundung übergab Franke das Kommando an Hauptmann Trainer und wies ihn an, das Fort aus allen verfügbaren Rohren anzugreifen. Doch der Gegner hatte sich in Gräben hinter Stacheldraht und Palisaden verschanzt und ließ sich weder durch Artillerie- noch durch Maschinengewehrfeuer vertreiben.

Schließlich wurde der hartnäckige Widerstand mit Handgranaten gebrochen. Die Festungsbesatzung sah sich zum Rückzug gezwungen, und die Schutztruppe besetzte das Fort. Kaum war die deutsche Flagge gehisst, versuchten die portugiesischen Soldaten das Fort wieder einzunehmen, doch das Artilleriefeuer der Schutztruppe warf sie zurück. Major Franke verzichtete auf eine Verfolgung der Portugiesen, weil alle Mannschaften zur Sicherung des Forts gebraucht wurden.

Zwei Tage nach dem Rückzug aus Naulila traf Oberst Roçadas mit dem Rest seiner Truppe in Cahama ein. Dort fanden sich auch die Mitglieder des Burenkorps ein, die am Kunene Patrouille geritten waren. Roçadas war unter dem Eindruck, dass ihn die Schutztruppe verfolgte. Er beschloss, sich nach Lubango zurückzuziehen, wo er sich gegen die Schutztruppe würde behaupten können, wie er meinte. Doch nach weiteren Erwägungen und auf Anraten des Burenkommandanten entschied er sich, die Schutztruppe lieber in Gambos zu erwarten. Er ahnte nicht, dass sich Franke mit seinem Regiment längst wieder südlich des Kunene und damit auf südwestafrikanischem Boden befand.

Bereits am Tag nach dem Gefecht von Naulila, am 19. Dezember, ordnete Major Franke den Rückmarsch an. Tags darauf traf die Spitze der Expedition in Ukualukasi ein und schickte der 2. Kompanie Wagen für den Transport der Verwundeten und Gefangenen entgegen. Die Ovambo-Stämme reagierten positiv auf die Nachricht von der Niederlage der Portugiesen auf Fort Naulila. Am 29. Dezember hatte es die Schutztruppen-Expedition bis Onganjera geschafft. Dort begann es zur großen Freude aller zu regnen, und die Wasserversorgungslage verbesserte sich.

Am 8. Januar erfuhr Major Franke in Ombika, dass die UDF am 27. Dezember in Walvis Bay gelandet war. Er musste sein Regiment verlassen und sich nach Outjo begeben, um den Oberbefehl über die Schutztruppe zu übernehmen.

Das Regiment Franke wurde zu Ehren der Eroberer des portugiesischen Forts in Regiment Naulila umbenannt und dem Kommando von Hauptmann Trainer unterstellt. Eine Woche später zogen einige Einheiten nach Okanjande weiter, während der Rest der Truppe mit dem Zug von Otjiwarongo zur Station Johann Albrechtshöhe bei Karibib fuhr und nach einem kurzen Erholungsaufenthalt in der „Marmor-Kaserne“ gegen die UDF an der Küste eingesetzt wurde.

Nach dem Gefecht von Naulila begannen sich die portugiesischen Truppen unter Oberst Roçadas nach Norden zurückzuziehen. Der Posten bei Damaquero sowie die Besatzungen von Fort Caumato und Fort Roçadas, 20 Kilometer westlich von Humbe, erhielten Anweisung, ihre Stellung zu räumen. Roçadas erteilte zudem den Befehl, alle Munition, die von den abziehenden Truppen zurückgelassen werden musste, zu sprengen. Nach einer Explosion im Munitionsmagazin von Fort Roçadas rückten die Portugiesen auch aus Humbe ab und zogen sich noch weiter nach Norden zurück.

Gegen Ende Januar erfuhr die Schutztruppe von Einheimischen an der Grenze, dass die portugiesischen Truppen bei ihrem Rückzug etliche Waffen zurückgelassen hätten. Daraufhin wurde Oberleutnant Eickler mit einer Patrouille zum Fort Dom Louis de Braganza in Südangola entsandt. Unter­wegs erfuhr Eickler, dass afrikanische Krieger die Festung bemannten und eine Kanone zur Verfügung hatten. Er griff das Fort am 1. Februar an, nahm den Kommandant und drei Eingeborene gefangen und erbeutete die Kanone, 16 Gewehre and verschiedenes Kriegsmaterial. Es war die letzte Exkursion der Schutztruppe nach Angola.

Am 7. Juli eroberten portugiesische Truppen unter dem Kommando von General Pereira d‘Eça die Region Humbe zurück. Zwei Tage später kapitulierte die Schutztruppe von Deutsch-Südwestafrika bei Kilometer 500 der Otavi-Bahn vor der Übermacht der UDF unter General Louis Botha. Der Südwestafrika-Feldzug war zu Ende.

Portugal setzte den Kampf gegen einheimische Stämme in Süd-Angola, die sich gegen die Besetzung durch die Kolonialmacht wehrten, bis September 1915 fort. Der Aufstand war von deutscher Seite teilweise mit Waffenlieferungen unterstützt worden.

Einige deutsche Bürger wurden in Angola interniert. Soldaten, die von der Schutztruppe bei ihren Übergriffen auf Angola gefangen genommen worden waren, wurden in der deutschen Kolonie interniert und nach der Kapitulation der Schutztruppe freigelassen.

An der nordöstlichsten Grenze, am äußersten Ende des Caprivizipfels, geriet die kaiserlich-deutsche Verwaltung bereits im zweiten Kriegsmonat in Bedrängnis: Je eine Einheit der Britisch-Südafrikanischen Polizei und der Nordrhodesischen Polizei nahmen am 21. September in einer gemeinsamen Aktion die Residentur Schuckmannsburg am Sambesi ein. Oberleutnant von Frankenberg ergab sich ohne Widerstand.

Ab dem 23. September war die Nordrhodesische Polizei für die Verwaltung des Caprivizipfels zuständig. Im Oktober 1914 wurde Hauptmann Eason, der oberste Beamte von Ngamiland in Britisch-Betschuanaland, zum Verwalter des Caprivi ernannt. Er verlegte seinen bisherigen Amtssitz von Kazungula nach Kasane. Bereits Ende November wurde Eason von Hauptmann Surmon abgelöst. Dessen Nachfolger wurde drei Jahre später Hauptmann Garbett.

Der 24 bis 48 Kilometer breite Landstreifen, der sich in Nordost-Namibia über eine Länge von 480 Kilometern bis nach Sambia erstreckt, war nach dem einstigen deutschen Kanzler, Leo Graf von Caprivi, benannt worden. Er hatte das Stück Land 1890 im Rahmen des Helgoland-Sansibar-Vertrags von Großbritannien erworben, um Deutsch-Südwestafrika mit Deutsch-Ostafrika (Tansania, Ruanda und Burundi) zu verbinden. Als die Union von Südafrika die deutsche Kolonie als Mandatsgebiet übernahm, wurde dem Caprivizipfel so wenig Bedeutung beigemessen, dass seine Verwaltung dem damaligen britischen Protektorat Betschuanaland (Botswana) überlassen wurde. Der Caprivizipfel heißt seit 2013 Sambesi Region.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-22

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