AN-Präsident Fredericks tritt zurück
Bei einer AN-Sitzung am vergangenen Samstag in der Hauptstadt verkündete Fredericks der Verbandsspitze seinen Rücktritt. Das bestätigte die namibische Sprintlegende gestern an seinem 46. Geburtstag im AZ-Gespräch. „Am Sonntagmorgen habe ich dann noch jedem Verbandsmitglied eine schriftliche Erklärung zukommen lassen“, ergänzte Fredericks.
Die Entscheidung sei über einen längeren Zeitraum gereift und ausschließlich auf einen Grund zurückzuführen: „Ich will mehr Zeit mit meiner Familie verbringen.“ Ehefrau Jessica - Schwester von Nico Motchebon, der bei den Olympischen Sommerspielen 1996 in Atlanta im Finale über 800 Meter Fünfter wurde - und die beiden gemeinsamen Kinder (7 und 10 Jahre) leben in Berlin.
Dass er die AN-Versammlung am Wochenende aufgrund einer hitzigen Debatte vorzeitig verlassen habe, wie gestern die Tageszeitung „New Era“ berichtete, dementierte Fredericks: „Hitzige Debatten sind bei derartigen Treffen nichts außergewöhnliches. Ich habe die Sitzung am Samstag aber nicht verlassen, sondern von Anfang bis Ende geleitet“, erklärte der viermalige Olympia-Silbermedaillengewinner (1992 in Barcelona und 1996 in Atlanta jeweils über 100 und 200 Meter).
AN-Generalsekretärin Stay-C Namases hatte es versäumt, die Öffentlichkeit in einer offiziellen Pressemitteilung über den plötzlichen Rückzug des früheren Weltklassesprinters zu informieren. Der 2008 zum AN-Präsidenten gewählte Fredericks, der in seiner Karriere die 100 Meter 27 Mal unter zehn und die 200 Meter 25 Mal unter 20 Sekunden zurücklegte, war erst am 17. November 2012 in Ongwediva (Oshana-Region) für vier weitere Jahre in seinem Amt bestätigt worden. An seiner Stelle soll nun Vizepräsidentin Alna Sinilo den Posten kommissarisch bekleiden bis ein neues Oberhaupt gewählt ist.
„Da greifen jetzt die Mechanismen der Verfassung“, erläuterte Fredericks und kündigte an, dass er dem Verband bei Bedarf künftig in beratender Funktion zur Verfügung stehen werde. Er könne nicht vorhersagen, ob die AN-Geschäftsstelle, die sich derzeit auf dem Grundstück der Frank-Fredericks-Stiftung (FFF) in der Pasteur-Straße (Windhoek West) befindet, nun umziehen werde: „Das müssen die Verbandsfunktionäre entscheiden.“
Der gebürtige Windhoeker, der 1993 in Stuttgart im Freien und 1999 im japanischen Maebashi in der Halle zum Weltmeister über 200 Meter avancierte, glaubt nicht, dass sich sein Rücktritt negativ auf die Entwicklung der namibischen Leichtathletik auswirken wird: „Im aktuellen AN-Vorstand gibt es fähiges Führungspersonal.“ Fredericks prophezeit dem Verband sogar eine „großartige Zukunft“.
Seit Mitte September trainieren die namibischen Sprinthoffnungen Tjipekapora Herunga, Globine Mayova, Hitjivirue Kaanjuka (alle 25 Jahre alt) sowie Dantago Gurirab und Lelanie Klaasman (beide 23) auf Jamaika, um sich für die Olympischen Spiele 2016 in Topform zu bringen (AZ berichtete). Fredericks traut diesem Quintett in Rio de Janeiro den Einzug in die Finalläufe zu und geht sogar noch einen Schritt weiter: „Sie können Medaillen holen, wenn sie in den kommenden Jahren diszipliniert und hart arbeiten. Das Potenzial ist zweifellos vorhanden, aber sie müssen an sich glauben.“
Als namibischer Vertreter im Internationalen Olympischen Komitee (IOC), dem er seit 2004 in unterschiedlichen Funktionen angehört, wird Fredericks in der brasilianischen Metropole voraussichtlich live vor Ort sein. „Mein Rücktritt als AN-Präsident hat keine Auswirkungen auf meine Tätigkeiten für den Dachverband“, betonte der ehemalige Vorsitzende der IOC-Athleten-Kommission (2008-2012).
Sollte Fredericks bei einer der Siegerehrungen in Rio tatsächlich einem namibischen Sprinter eine Medaille um den Hals hängen können, dann würde sich in gewisser Weise ein Kreis schließen. Seine vier Silberplaketten sind bis heute das einzige Edelmetall, das Namibia auf der Olympia-Bühne gewinnen konnte.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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