Anglo American baut Diamantpräsenz nach Oppenheimer-Rückzug aus
Zu seinen besten Zeiten beherrschte das Unternehmen mit seinem Verkaufskartell fast 90 Prozent des weltweiten Handels mit Rohdiamanten - und auch deren Preisgestaltung. Mit dem nun erfolgten Verkauf ihres 40%-Anteils an den bis vor wenigen Jahren noch eng mit De Beers verwobenen Rohstoffkonzern Anglo American ist der starke Einfluss, den die Familie jahrzehntelang auf das Wirtschaftsleben am Kap hatte, mit einem Schlag erloschen. Ein Comeback gilt als unwahrscheinlich.
Der große Sieger des 5,1 Milliarden US-Dollar teuren Auskaufs ist Anglo American - das 1917 von Ernest (Ernst) Oppenheimer auf den Goldfeldern von Johannesburg gegründete Bergbauhaus, an dem die Familie des Firmengründers heute nur noch mit knapp zwei Prozent beteiligt ist. Sollte die Übernahme alle regularischen Hürden nehmen, würde Anglo American seinen bisherigen Anteil an De Beers von 45 Prozent auf bis zu 85 Prozent aufstocken. Die verbleibenden 15 Prozent liegen bei der Regierung des diamantenreichen Steppenstaates Botswana, der über ein Vorkaufsrecht verfügt und seinen Anteil bei dessen Ausübung auf 25 Prozent ausbauen könnte, was als wahrscheinlich gilt. In diesem Fall stiege der Anteil von Anglo American an De Beers auf dann nur noch 75 Prozent. Auch der Kaufpreis würde sich dann anteilsmäßig verringern.
Selbst wenn Anglo American am Ende doch die ganzen 40 Prozent kaufen könnte, müsste der Konzern dafür kein zusätzliches Kapital aufnehmen. Neben 2,2 Mrd. US$ in Bargeld verfügt das Unternehmen über eine bislang ungenutzte Möglichkeit zur Aufnahme von Anleihen. Ein weiterer Pluspunkt für Anglo American besteht darin, dass sich der Zukauf sofort in seiner Bilanz niederschlagen würde.
Gegenwärtig wird der Diamantmarkt von den meisten Beobachtern ausgesprochen positiv bewertet. "De Beers ist ein einzigartiges Unternehmen mit einer dominanten Marktposition in einer lukrativen Branche", schreibt etwa die Bank of America Merrill Lynch in einer Studie. Daneben würden Diamanten im Rohstoffmarkt zu den Nachzüglern zählen, zumal die Nachfrage in China und Indien bislang gering war, aber stetig steigt.
Auch Anglo American ist von den günstigen Wachstumsaussichten bei Diamanten überzeugt und verweist darauf, dass die Nachfrage die Förderung immer mehr übersteigt. Steuerten Indien und China noch 2005 nur knapp acht Prozent zur Gesamtnachfrage bei, werden diese beiden Länder bis 2015 zusammen mit den Golfstaaten für rund 40 Prozent der Nachfrage sorgen. Gegenwärtig sind die USA mit einem Anteil von 40 Prozent noch immer der größte Diamantabnehmer.
Vermutlich steht Anglos massive Aufstockung an De Beers in einem direkten Zusammenhang mit der Entscheidung des chilenischen Kupferunternehmens Codelco, einen Anteil von 49 Prozent an Anglo American Sur zu erwerben - jenem Unternehmen, in dem Anglo seine Kupferbeteiligungen in Chile gebündelt hat. Die Gesamteinnahmen aus dem (erzwungenen) Verkauf seiner Kupferminen dürften sich für Anglo American auf rund fünf Milliarden US$ belaufen. "In gewisser Weise kommt es damit zu einem Austausch von Kupfer gegen Diamanten", kommentiert Nick Hatch von der Royal Bank of Scotland.
Allerdings ändert der Zukauf wenig an der noch immer starken Ausrichtung von Anglo American auf Südafrika, seiner früheren Heimat, aus der das Unternehmen 1999 nach London umzog. Dies wird angesichts der seit längerem am Kap geführten Verstaatlichungsdebatte von einigen Beobachtern als negativ empfunden. Dabei liefert das politisch stabilere Botswana heute fast 70 Prozent aller Diamanten für De Beers - und Südafrika nur noch wenig mehr als 20 Prozent. Erst kürzlich hatten Botswana und De Beers eine neue, zehnjährige Fördervereinbarung unterzeichnet.
Zusätzlich zu De Beers hält Anglo American einen Anteil von rund 80 Prozent an Anglo Platinum, dem weltgrößten Platinförderer, sowie rund 66 Prozent an Kumba, dem größten afrikanischen Eisenerzförderer. Beide Unternehmen sind in Johannesburg hauptnotiert. De Beers, das 1888 von dem Kolonialimperialisten Cecil Rhodes gegründet wurde, war vor zehn Jahren von den Oppenheimers von der Börse genommen worden. Seitdem stagniert der Konzern trotz des jüngsten Rohstoffbooms. Ein Grund dafür liegt darin, dass der damalige Auskauf das Unternehmen mit einem gewaltigen Schuldenberg belastete. Auch hat die Marktstellung von De Beers mit der Aufgabe der Kartellstrukturen vor zehn Jahren stark gelitten: Kontrollierte de Beers noch 2001 rund 65 Prozent des Rohdiamantmarktes, liegt sein Anteil heute bei nur noch 30 Prozent. Und vieles deutet darauf hin, dass der staatliche russische Diamantriese Alrosa die Förderung von De Beers schon bald übertreffen und deren Anteil weiter vermindern könnte.
Der schwindende Marktanteil, aber auch die starke Abhängigkeit der Oppenheimers vom volatilen Diamantgeschäft, dürften die Entscheidung der Familie zum Verkauf an Anglo nachhaltig beeinflusst haben. So waren die Oppenheimers im Zuge der Finanzkrise 2008/09, als der Diamantenmarkt total einbrach, durch eine längere finanzielle Durststrecke gegangen. Die Möglichkeit einer neuen Krise im Fall eines globalen "double dips" dürfte bei der Entscheidung jedenfalls eine wichtige Rolle gespielt haben. 2009 hatte De Beers seine Produktion um fast 90 Prozent reduzieren müssen, um einen Preiskollaps bei Diamanten zu verhindern. Daneben hatte das Unternehmen damals die Dividende gestrichen und rund 1,5 Mrd. US$ an frischem Kapital aufgenommen. Die Oppenheimers hatten wegen ihres 40-Prozent-Anteils an De Beers rund 600 Millionen US$ zuschießen müssen. Für die Familie ist dies offenbar eine heilsame Lehre gewesen.
Bereits 2010 kam es am Diamantmarkt jedoch zu einem massiven Aufschwung - und Vieles deutet darauf hin, dass der Boom auch in diesem Jahr noch anhalten wird. Dennoch bleibt der Markt schwankungsanfällig, wie der jüngste Preisrückgang (um bis zu 30%) im unteren Marktsegment offenbart. Die Preise für qualitativ hochwertige Edelsteine haben sich hingegen auf dem hohen Niveau gehalten. Gleichzeitig hat der jüngste Rückschlag bei den billigeren Steinen dafür gesorgt, dass die Aktienpreise einiger renommierter Förderer zuletzt stark nachgegeben haben: So sind Petra Diamonds seit Mai um fast 40 Prozent gefallen; Gem Diamonds hat seitdem ein Viertel an Wert verloren.
Gleichwohl gilt der Diamantmarkt wegen der hohen Nachfrage und des Mangels an neuen Minen mittelfristig als ausgesprochen attraktiv. Die meisten Experten sind überzeugt, dass der Markt sich trotz möglicher Rückschläge erholen wird. Gleichzeitig sind allerdings langfristig hohe Kapitalausgaben notwendig. So muss De Beers in den nächsten Jahren allein rund 15 Milliarden Rand (ca. 1,5 Mrd. Euro) in den Ausbau seiner lukrativen Venetia-Mine im Norden von Südafrika stecken, die bislang im Tagebau betrieben wurde, aber nun in den Untergrund geht. Dies ist für einen Großkonzern wie Anglo American natürlich weit leichter zu stemmen als für ein Familienunternehmen, selbst wenn dies so wohlhabend wie die Oppenheimers ist.
Der große Sieger des 5,1 Milliarden US-Dollar teuren Auskaufs ist Anglo American - das 1917 von Ernest (Ernst) Oppenheimer auf den Goldfeldern von Johannesburg gegründete Bergbauhaus, an dem die Familie des Firmengründers heute nur noch mit knapp zwei Prozent beteiligt ist. Sollte die Übernahme alle regularischen Hürden nehmen, würde Anglo American seinen bisherigen Anteil an De Beers von 45 Prozent auf bis zu 85 Prozent aufstocken. Die verbleibenden 15 Prozent liegen bei der Regierung des diamantenreichen Steppenstaates Botswana, der über ein Vorkaufsrecht verfügt und seinen Anteil bei dessen Ausübung auf 25 Prozent ausbauen könnte, was als wahrscheinlich gilt. In diesem Fall stiege der Anteil von Anglo American an De Beers auf dann nur noch 75 Prozent. Auch der Kaufpreis würde sich dann anteilsmäßig verringern.
Selbst wenn Anglo American am Ende doch die ganzen 40 Prozent kaufen könnte, müsste der Konzern dafür kein zusätzliches Kapital aufnehmen. Neben 2,2 Mrd. US$ in Bargeld verfügt das Unternehmen über eine bislang ungenutzte Möglichkeit zur Aufnahme von Anleihen. Ein weiterer Pluspunkt für Anglo American besteht darin, dass sich der Zukauf sofort in seiner Bilanz niederschlagen würde.
Gegenwärtig wird der Diamantmarkt von den meisten Beobachtern ausgesprochen positiv bewertet. "De Beers ist ein einzigartiges Unternehmen mit einer dominanten Marktposition in einer lukrativen Branche", schreibt etwa die Bank of America Merrill Lynch in einer Studie. Daneben würden Diamanten im Rohstoffmarkt zu den Nachzüglern zählen, zumal die Nachfrage in China und Indien bislang gering war, aber stetig steigt.
Auch Anglo American ist von den günstigen Wachstumsaussichten bei Diamanten überzeugt und verweist darauf, dass die Nachfrage die Förderung immer mehr übersteigt. Steuerten Indien und China noch 2005 nur knapp acht Prozent zur Gesamtnachfrage bei, werden diese beiden Länder bis 2015 zusammen mit den Golfstaaten für rund 40 Prozent der Nachfrage sorgen. Gegenwärtig sind die USA mit einem Anteil von 40 Prozent noch immer der größte Diamantabnehmer.
Vermutlich steht Anglos massive Aufstockung an De Beers in einem direkten Zusammenhang mit der Entscheidung des chilenischen Kupferunternehmens Codelco, einen Anteil von 49 Prozent an Anglo American Sur zu erwerben - jenem Unternehmen, in dem Anglo seine Kupferbeteiligungen in Chile gebündelt hat. Die Gesamteinnahmen aus dem (erzwungenen) Verkauf seiner Kupferminen dürften sich für Anglo American auf rund fünf Milliarden US$ belaufen. "In gewisser Weise kommt es damit zu einem Austausch von Kupfer gegen Diamanten", kommentiert Nick Hatch von der Royal Bank of Scotland.
Allerdings ändert der Zukauf wenig an der noch immer starken Ausrichtung von Anglo American auf Südafrika, seiner früheren Heimat, aus der das Unternehmen 1999 nach London umzog. Dies wird angesichts der seit längerem am Kap geführten Verstaatlichungsdebatte von einigen Beobachtern als negativ empfunden. Dabei liefert das politisch stabilere Botswana heute fast 70 Prozent aller Diamanten für De Beers - und Südafrika nur noch wenig mehr als 20 Prozent. Erst kürzlich hatten Botswana und De Beers eine neue, zehnjährige Fördervereinbarung unterzeichnet.
Zusätzlich zu De Beers hält Anglo American einen Anteil von rund 80 Prozent an Anglo Platinum, dem weltgrößten Platinförderer, sowie rund 66 Prozent an Kumba, dem größten afrikanischen Eisenerzförderer. Beide Unternehmen sind in Johannesburg hauptnotiert. De Beers, das 1888 von dem Kolonialimperialisten Cecil Rhodes gegründet wurde, war vor zehn Jahren von den Oppenheimers von der Börse genommen worden. Seitdem stagniert der Konzern trotz des jüngsten Rohstoffbooms. Ein Grund dafür liegt darin, dass der damalige Auskauf das Unternehmen mit einem gewaltigen Schuldenberg belastete. Auch hat die Marktstellung von De Beers mit der Aufgabe der Kartellstrukturen vor zehn Jahren stark gelitten: Kontrollierte de Beers noch 2001 rund 65 Prozent des Rohdiamantmarktes, liegt sein Anteil heute bei nur noch 30 Prozent. Und vieles deutet darauf hin, dass der staatliche russische Diamantriese Alrosa die Förderung von De Beers schon bald übertreffen und deren Anteil weiter vermindern könnte.
Der schwindende Marktanteil, aber auch die starke Abhängigkeit der Oppenheimers vom volatilen Diamantgeschäft, dürften die Entscheidung der Familie zum Verkauf an Anglo nachhaltig beeinflusst haben. So waren die Oppenheimers im Zuge der Finanzkrise 2008/09, als der Diamantenmarkt total einbrach, durch eine längere finanzielle Durststrecke gegangen. Die Möglichkeit einer neuen Krise im Fall eines globalen "double dips" dürfte bei der Entscheidung jedenfalls eine wichtige Rolle gespielt haben. 2009 hatte De Beers seine Produktion um fast 90 Prozent reduzieren müssen, um einen Preiskollaps bei Diamanten zu verhindern. Daneben hatte das Unternehmen damals die Dividende gestrichen und rund 1,5 Mrd. US$ an frischem Kapital aufgenommen. Die Oppenheimers hatten wegen ihres 40-Prozent-Anteils an De Beers rund 600 Millionen US$ zuschießen müssen. Für die Familie ist dies offenbar eine heilsame Lehre gewesen.
Bereits 2010 kam es am Diamantmarkt jedoch zu einem massiven Aufschwung - und Vieles deutet darauf hin, dass der Boom auch in diesem Jahr noch anhalten wird. Dennoch bleibt der Markt schwankungsanfällig, wie der jüngste Preisrückgang (um bis zu 30%) im unteren Marktsegment offenbart. Die Preise für qualitativ hochwertige Edelsteine haben sich hingegen auf dem hohen Niveau gehalten. Gleichzeitig hat der jüngste Rückschlag bei den billigeren Steinen dafür gesorgt, dass die Aktienpreise einiger renommierter Förderer zuletzt stark nachgegeben haben: So sind Petra Diamonds seit Mai um fast 40 Prozent gefallen; Gem Diamonds hat seitdem ein Viertel an Wert verloren.
Gleichwohl gilt der Diamantmarkt wegen der hohen Nachfrage und des Mangels an neuen Minen mittelfristig als ausgesprochen attraktiv. Die meisten Experten sind überzeugt, dass der Markt sich trotz möglicher Rückschläge erholen wird. Gleichzeitig sind allerdings langfristig hohe Kapitalausgaben notwendig. So muss De Beers in den nächsten Jahren allein rund 15 Milliarden Rand (ca. 1,5 Mrd. Euro) in den Ausbau seiner lukrativen Venetia-Mine im Norden von Südafrika stecken, die bislang im Tagebau betrieben wurde, aber nun in den Untergrund geht. Dies ist für einen Großkonzern wie Anglo American natürlich weit leichter zu stemmen als für ein Familienunternehmen, selbst wenn dies so wohlhabend wie die Oppenheimers ist.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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