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Anklage schürt Streit um Cannabis

Festnahme von Naturheilkundigen entfacht Diskussion um Marihuana-Freigabe
Marc Springer
Von M. Springer, E. Leuschner

Die Beschuldigte Cheryl Antoinette Green (51) wird vorerst in Untersuchungshaft bleiben, nachdem ihr gestern von Magistratsrichterin Conchita Olivier eine Freilassung gegen Kaution verweigert wurde. Sie folgte damit einem Antrag von Staatsanwältin Beata Mwahi, wonach die 71 in der Wohnung der Angeklagten beschlagnahmten Cannabis-Pflanzen von ihrem Volumen und Wert „außergewöhnlich“ seien.

Polizisten hatten die Wohnung der Angeklagten in Kramersdorf durchsucht, nachdem sie bei ihrem Sohn zuvor acht Gramm Marihuana beschlagnahmt hatten und jener sie zum Haus der Mutter geführt hatte. Dort hatten Polizisten neben den 71 Pflanzen mit einem Gesamtgewicht von rund 3,5 Kilogramm, auch 26 Gramm Marihuana-Saat und –Öl mit einem Schätzwert von 22000 N$ konfisziert.

Nachdem Green ankündigte, keinen Anwalt verpflichten, sondern sich selbst verteidigen zu wollen, wurde das Verfahren auf den 20. März vertagt. Bis dahin steht es der Angeklagten frei, einen formalen Kautionsantrag zu stellen.

Nachdem das südafrikanische Verfassungsgericht den privaten Anbau und Konsum von Marihuana und anderen Cannabis-Produkten für legal erklärt hat, sind auch in Namibia die Forderungen nach einer Entkriminalisierung lauter geworden. Unter den Aktivisten befinden sich vor allem chronisch Kranke, die unter Multiple Sklerose, Krebs, Epilepsie, Depression, Alzheimer, Asthma, Migräne und anderen Beschwerden leiden und von der Wirkung der als Rauschmittel klassifizierten und in Marihuana enthaltenen Substanzen Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD) profitieren.

Eine davon ist die 49-jährige M., die 2012 an Morbus Sudeck (auch Komplexes regionales Schmerzsyndrom) erkrankt ist und nach eigener Aussage ohne die schmerzlindernde Wirkung von Cannabis-Öl „nicht mehr leben könnte“. Wie sie gegenüber der AZ mitteilte, habe sie sich die ersten vier Jahre nach der Erkrankung vor Schmerzen kaum bewegen und nur selten das Bett verlassen können. Während dieser Zeit sei sie bei alltäglichen Aktivitäten wie Essen und Anziehen komplett auf fremde Hilfe angewiesen gewesen, weil weder die ihr verschriebenen Medikamente noch einige an ihr vollzogene Operationen geholfen hätten und sie vor Schmerzen „fast den Verstand verloren“ habe.

Durch Zufall sei sie auf sozialen Netzwerken dann auf die schmerzhemmende Wirkung von Cannabis aufmerksam geworden und habe begonnen, aus der in Südafrika bezogenen Saat der Pflanze selbst das zähflüssige Öl zu extrahieren, das „sofort Wunder gewirkt“ habe. Die Erzeugung des Öls sei jedoch kompliziert und die Akquirierung der Hanf-Saat riskant, weil der Besitz derselben sowohl in Südafrika als auch in Namibia strafbar ist.

Ferner sei die illegale Beschaffung mit Kosten verbunden, weil der Import über den Postweg das Risiko einer Entdeckung der als Rauschgift klassifizierten Ware beinhalte und sie diese folglich in regelmäßigen Abständen mit dem Auto bei ihrem Lieferanten in Südafrika abholen müsse. Dort werde für einen Monatsbedarf von etwa vier Milliliter der oral eingenommenen Substanz rund 800 N$ fällig. Der finanzielle und zeitliche Aufwand sei jedoch unvermeidbar weil die das wenige national erhältliche Cannabis-Öl oft verdünnt und minderwertig sei und die Lieferanten nicht belangt werden könnten, „da das von ihnen angebotene Produkt verboten ist“.

„Ich konnte vier Jahre nicht arbeiten und kaum das Bett verlassen“, erinnert sich M. und ergänzt: „Ohne Cannabis würde ich noch heute vor mich hin vegetieren. Dass ich stattdessen ein neues, schmerzfreies Leben führe, verdanke ich einzig und allein dem mit Vorurteilen behafteten Marihuana, das völlig zu Unrecht als Rauschgift eingestuft wird und dringend für medizinische Zwecke legalisiert werden müsste“.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-23

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