Applaus für Farmbesetzung
Swartbooi propagiert in Deutschland Landraub nach Simbabwe-Vorbild
Von Stefan Fischer, Windhoek/Berlin
Erst jetzt ist die AZ auf die Veranstaltung aufmerksam geworden, die am 27. Januar in der Akademie der Künste in Berlin stattgefunden hat und Teil der Veranstaltungsreihe „Koloniales Erbe / Colonial Repercussions“ war. Ein Video auf youtube zeigt den Mitschnitt eines Symposiums unter dem Titel „(Post-)Koloniales Unrecht und juristische Interventionen“. Auf dem Podium saßen auch zwei Namibier: Ester Muinjangue (Vorsitzende vom Ovaherero-Genozid-Komitee) und Bernadus Swartbooi (ehemaliger Vize-Landreformminister).
Wir „nehmen das Land“
Bei der Frage nach dem Land(-eigentum) hat Swartbooi mehrfach eine illegale Besetzung von Farmen ins Spiel gebracht, aber seine Aussagen dann teilweise wieder relativiert. „Wir durchtrennen einfach den Zaun, nehmen die Rinder und Schafe und nehmen das Land. Wir können das ganz einfach lösen“, sagte er zunächst.
Mit Verweis auf den Kolonialkrieg 1904-08 räumte Swartbooi ein, dass man die Menschenleben nicht zurückbringen könne. „Aber Land und Rinder und Schafe und Ziegen sind dort in Namibia“, sagte er. Der von Präsident Geingob wegen interner Querelen geschasste Vizeminister räumte zwar ein: „Wir versuchen, soweit wie möglich das Gesetz zu befolgen.“ Dann fuhr er jedoch fort, dass den Herero und Nama fast 60 Millionen Hektar Land gestohlen worden seien - „das ist das Land, das wir zurückhaben wollen“, so Swartbooi.
Später wurde er konkreter und sprach von Farmen, deren Eigentümer im Ausland, genauer in Deutschland leben. „Es gibt Deutsche, die einmal im Jahr zum Jagen auf ihre Farm kommen“, sagte er und führte aus: „Das sind die Farmen, von denen wir denken, dass wir sie wahrscheinlich überfallen sollten - im Simbabwe-Stil, also fast.“ Dafür gab es zaghaften Applaus aus dem Publikum, worauf Swartbooi ausführte, dass man dem Simbabwe-Vorbild nicht zu 100% folgen wolle: „kein Blutbad“, sagte er. Und weiter: „Weil der Eigentümer nicht da ist, werden wir die Zäune durchtrennen, unsere Rinder dahintreiben und das Land besetzen. Wenn der Boss aus Deutschland kommt, wird er neue Nachbarn vorfinden, die sich auf seiner Farm angesiedelt haben; wir können koexistieren.“
Keine Gegenwehr erwartet
Swartbooi führte aus: „Warum sollte ein abwesender Landbesitzer Unruhe stiften? Wir teilen nur die Ressourcen des Landes aufgrund der besonderen Beziehungen“ (zwischen Namibia und Deutschland, die Red.).
Etwas später sagte der Ex-Politiker: „Unsere jungen Menschen sind müde, sie könnten das Gesetz nicht anwenden wollen. Sie könnten praktisch hingehen und das Land enteignen, dabei ihre eigenen Schusswaffen und handgemachten Waffen nutzen, um das Land zu nehmen.“ Nach Ende seiner Rede bekam Swartbooi lang anhaltenden Applaus vom Publikum.
Rund 180 Besucher seien bei diesem Symposium anwesend gewesen, erklärte Sabine Kolb, Sprecherin der Akademie der Künste, auf AZ-Nachfrage und bezeichnete die Veranstaltung als „erfolgreich“. Wie die Podiumsgäste ausgewählt wurden, beantwortete Karina Theurer, die mit Wolfgang Kaleck vom European Center for Constitutional and Human Rights e.V. (ECCHR) das erste Symposium kuratiert hat: „Beim Panel ging es um die Forderungen der Ovaherero und Nama um Beteiligung an den Verhandlungen mit der deutschen Bundesregierung und um Reparationen. Dies vor dem Hintergrund grundlegender postkolonialer Kritik am Völkerrecht - etwa an der Kontinuität kolonialer Eigentumsrechte.“
Zur Frage, wie die Akademie der Künste und das Thema „Koloniales Erbe“ zusammenpassen, verwies Kolb auf den Programmbeauftragten der Akademie der Künste, Johannes Odenthal, der dazu schrieb: „Wie viel Empathie haben wir als Vertreter europäischer Kulturinstitute mit den Menschen, die bis heute die Folgen des Kolonialismus tragen müssen? Wie gehen wir mit den Zerstörungen von Kulturen und Gesellschaften durch unsere Kolonialvergangenheit um? Die Frage des Völkerrechts ist in dieser Auseinandersetzung nicht nur eine rechtliche Frage, sondern eine der Kultur. Es ist unsere Aufgabe, uns dem kolonialen Erbe zu widmen und die Verbrechen der Vergangenheit anzuerkennen.“
Den Anlass missbraucht
Auf AZ-Nachfrage äußerte sich Christian Schlaga, deutscher Botschafter in Namibia, wie folgt: „Auch wir haben von der jüngsten Rede von Herrn Swartbooi in Berlin gehört. Wir bedauern zutiefst, dass Herr Swartbooi die Einladung einer deutschen Institution zur Teilnahme an einer Konferenz in Berlin missbraucht hat, um sich für eine rechtswidrige und gewaltsame Besetzung - auch mit Einsatz von Waffen - von Farmen in Namibia auszusprechen. Seine Aussagen in Berlin stehen in völligem Widerspruch zu dem ernsthaften Interesse Deutschlands an einer friedlichen und stabilen Entwicklung Namibias.“ Der Diplomat stellte abschließend klar: „Das Auswärtige Amt war weder an der Planung der Konferenz beteiligt, noch hat es zur Finanzierung der Veranstaltung beigetragen.“
Erst jetzt ist die AZ auf die Veranstaltung aufmerksam geworden, die am 27. Januar in der Akademie der Künste in Berlin stattgefunden hat und Teil der Veranstaltungsreihe „Koloniales Erbe / Colonial Repercussions“ war. Ein Video auf youtube zeigt den Mitschnitt eines Symposiums unter dem Titel „(Post-)Koloniales Unrecht und juristische Interventionen“. Auf dem Podium saßen auch zwei Namibier: Ester Muinjangue (Vorsitzende vom Ovaherero-Genozid-Komitee) und Bernadus Swartbooi (ehemaliger Vize-Landreformminister).
Wir „nehmen das Land“
Bei der Frage nach dem Land(-eigentum) hat Swartbooi mehrfach eine illegale Besetzung von Farmen ins Spiel gebracht, aber seine Aussagen dann teilweise wieder relativiert. „Wir durchtrennen einfach den Zaun, nehmen die Rinder und Schafe und nehmen das Land. Wir können das ganz einfach lösen“, sagte er zunächst.
Mit Verweis auf den Kolonialkrieg 1904-08 räumte Swartbooi ein, dass man die Menschenleben nicht zurückbringen könne. „Aber Land und Rinder und Schafe und Ziegen sind dort in Namibia“, sagte er. Der von Präsident Geingob wegen interner Querelen geschasste Vizeminister räumte zwar ein: „Wir versuchen, soweit wie möglich das Gesetz zu befolgen.“ Dann fuhr er jedoch fort, dass den Herero und Nama fast 60 Millionen Hektar Land gestohlen worden seien - „das ist das Land, das wir zurückhaben wollen“, so Swartbooi.
Später wurde er konkreter und sprach von Farmen, deren Eigentümer im Ausland, genauer in Deutschland leben. „Es gibt Deutsche, die einmal im Jahr zum Jagen auf ihre Farm kommen“, sagte er und führte aus: „Das sind die Farmen, von denen wir denken, dass wir sie wahrscheinlich überfallen sollten - im Simbabwe-Stil, also fast.“ Dafür gab es zaghaften Applaus aus dem Publikum, worauf Swartbooi ausführte, dass man dem Simbabwe-Vorbild nicht zu 100% folgen wolle: „kein Blutbad“, sagte er. Und weiter: „Weil der Eigentümer nicht da ist, werden wir die Zäune durchtrennen, unsere Rinder dahintreiben und das Land besetzen. Wenn der Boss aus Deutschland kommt, wird er neue Nachbarn vorfinden, die sich auf seiner Farm angesiedelt haben; wir können koexistieren.“
Keine Gegenwehr erwartet
Swartbooi führte aus: „Warum sollte ein abwesender Landbesitzer Unruhe stiften? Wir teilen nur die Ressourcen des Landes aufgrund der besonderen Beziehungen“ (zwischen Namibia und Deutschland, die Red.).
Etwas später sagte der Ex-Politiker: „Unsere jungen Menschen sind müde, sie könnten das Gesetz nicht anwenden wollen. Sie könnten praktisch hingehen und das Land enteignen, dabei ihre eigenen Schusswaffen und handgemachten Waffen nutzen, um das Land zu nehmen.“ Nach Ende seiner Rede bekam Swartbooi lang anhaltenden Applaus vom Publikum.
Rund 180 Besucher seien bei diesem Symposium anwesend gewesen, erklärte Sabine Kolb, Sprecherin der Akademie der Künste, auf AZ-Nachfrage und bezeichnete die Veranstaltung als „erfolgreich“. Wie die Podiumsgäste ausgewählt wurden, beantwortete Karina Theurer, die mit Wolfgang Kaleck vom European Center for Constitutional and Human Rights e.V. (ECCHR) das erste Symposium kuratiert hat: „Beim Panel ging es um die Forderungen der Ovaherero und Nama um Beteiligung an den Verhandlungen mit der deutschen Bundesregierung und um Reparationen. Dies vor dem Hintergrund grundlegender postkolonialer Kritik am Völkerrecht - etwa an der Kontinuität kolonialer Eigentumsrechte.“
Zur Frage, wie die Akademie der Künste und das Thema „Koloniales Erbe“ zusammenpassen, verwies Kolb auf den Programmbeauftragten der Akademie der Künste, Johannes Odenthal, der dazu schrieb: „Wie viel Empathie haben wir als Vertreter europäischer Kulturinstitute mit den Menschen, die bis heute die Folgen des Kolonialismus tragen müssen? Wie gehen wir mit den Zerstörungen von Kulturen und Gesellschaften durch unsere Kolonialvergangenheit um? Die Frage des Völkerrechts ist in dieser Auseinandersetzung nicht nur eine rechtliche Frage, sondern eine der Kultur. Es ist unsere Aufgabe, uns dem kolonialen Erbe zu widmen und die Verbrechen der Vergangenheit anzuerkennen.“
Den Anlass missbraucht
Auf AZ-Nachfrage äußerte sich Christian Schlaga, deutscher Botschafter in Namibia, wie folgt: „Auch wir haben von der jüngsten Rede von Herrn Swartbooi in Berlin gehört. Wir bedauern zutiefst, dass Herr Swartbooi die Einladung einer deutschen Institution zur Teilnahme an einer Konferenz in Berlin missbraucht hat, um sich für eine rechtswidrige und gewaltsame Besetzung - auch mit Einsatz von Waffen - von Farmen in Namibia auszusprechen. Seine Aussagen in Berlin stehen in völligem Widerspruch zu dem ernsthaften Interesse Deutschlands an einer friedlichen und stabilen Entwicklung Namibias.“ Der Diplomat stellte abschließend klar: „Das Auswärtige Amt war weder an der Planung der Konferenz beteiligt, noch hat es zur Finanzierung der Veranstaltung beigetragen.“
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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