Auf den zweiten Weg angewiesen

Windhoek - NAMCOL hat im vergangenen Jahr etliche Angriffe von Politikern, auch von der regierenden Partei, hinnehmen müssen. "Es ist abscheulich und unfair, wenn Eltern ihre Kinder sillschweigend bei uns einschreiben, aber andere entmutigen von unserem Bildungsweg Gebrauch zu machen", so Rektor Murangi. Im Gegensatz zur "schlechten Propaganda" über NAMCOL wachsen die Zahlen dieser Fernschule des zweiten Bildungsweges ständig. Im vergangenen Jahr 2009 waren bei NAMCOL mehr Zwölftklässler (18874: 52%) eingetragen, als was an den regulären Schulen an Vollzeitschülern (17255: 47%) gezählt wurde. Für die Klasse 10 waren im vergangenen Jahr 9434 Schüler eingetragen.
Murangi erinnerte jedoch daran, dass die Schüler für den Abschluss des Junior Certificate (JSC: Klasse 10) und des Namibia Senior Secondary Certificate (NSSC: Klasse 12) jeweils nur wenige Fächer belegen und sie für den Abschluss notfalls mehrere Jahre benötigen. Der Rektor konnte gestern keine Antwort auf Pressefragen bieten, wie viele seiner Abgänger denn nun einen vollständigen Abschluss, geschweige denn die Hochschulreife erzielt hätten. Er zitierte lediglich aus der Presseerklärung des Ministeriums, dass aus den über 17000 Vollzeitschülern, beziehungsweise Abgängern der Klasse 12, nur 3500 das Minimum der namibischen Hochschulreife erreicht hätten. Bei den strengeren Anforderungen südafrikanischer Hochschulen könnte die Zahl der Abgänger mit Universitätszulassung noch geringer ausfallen. Auf jeden Fall können sich die erfolgreichen Abgänger von NAMCOL zunächst um Beteiligung am PETE-Überbrückungsjahr zwischen dem Schulabgang und einer höheren Bildungsstätte bemühen (PETE: Pre-Entry to Tertiary Education). Das PETE-Programm gehört zur nunmehr mehrjährigen Anstrengung der Bildungs-Sanierung unter dem Kürzel ETSIP (Education and Training Sector Improvement Program), das auf den gesamten Bildungssektor gerichtet ist. Das PETE-Programm wird allerdings nur auf dem NAMCOL-Campus jeweils in Windhoek und Ongwediva angeboten.
Des Weiteren betreibt NAMCOL ein umfangreiches Stipendienprogramm, wodurch im vergangenen Jahr eine runde Hundertzahl an Schülern gefördert wurde. Was die Leistung der NSSC-Kandidaten angeht, ist Murangi nicht sonderlich beeindruckt. Er weist jedoch darauf hin, dass viele von ihnen aus schwachen sozialen oder ärmlichen und "extremen" Verhältnissen kommen, wie er sagt. Von den NAMCOL-Schülern wird erwartet, dass sie selbständiger als Vollzeitschüler arbeiten. Weil Projektarbeit in den Fächern der Klassen 11 und 12 nicht zum Prüfungsergebnis gerechnet wird, ignorieren viele Kandidaten diese Übung zu ihrem eigenen Nachteil, weil sie dadurch weniger mit ihrem Lehrstoff in Berührung kommen und ihre Leistung vor der Prüfung nicht gemessen wird.
Das Fach Englisch ist bei NAMCOL wie bei den regulären Schulen ebenso die Achilles-Ferse. Die überwiegende Mehrzahl erreicht das Minimum der fremden Amtssprache für die Hochschulreife nicht.