Auf Elefantenjagd im Buschmannland
Tsumkwe/Windhoek - Für die Ju/"hoansi im Nordosten des Buschmannlandes war am Sonntag vorvergangener Woche ein seltener Festschmaus angesagt: Der Konzessionsinhaber des Nyae-Nyae-Hegegebietes hatte einen Elefanten erlegt. Die AZ war dabei, als die Ju/"hoan-Gemeinde das Tier zerlegte.
Der Gestank von Eingeweiden und Exkrementen liegt in der flirrenden Mittagshitze. Kleine Männer hocken rittlings auf dem toten Koloss und säbeln handgerechte Fleischstücke aus der blutigen Masse. Kinder versuchen auf dem enormen Pansen des abgehäuteten Tieres zu balancieren. Unter den Bäumen sitzen Frauen und alte Männer an Lagerfeuern und bereiten auf den offenen Kohlen oder in Töpfen Elefantenfleisch zu. In den Ästen ringsum hängt Biltong zum Trocknen.
Die Dorfgemeinde lässt sich durch die Ankunft der beiden Wagen mit Naturschutzbeamten, Journalisten und Raleigh-International-Mitarbeitern nicht lange von der Arbeit ablenken. Seit dem frühen Morgen sind Buschleute aus den umliegenden Dörfern nördlich von Tsumkwe dabei, den alten Elefantenbullen abzuschlachten. Geschossen hatte ihn ein Jäger aus der bundesdeutschen Stadt Essen.
Dr. Jürgen Hassel, von Beruf plastischer Chirurg, ist zum ersten Mal auf Trophäenjagd in Afrika. "Das war mit Abstand mein bestes Jagderlebnis. Nächstes Jahr komme ich wieder", sagt Hassel mit verklärtem Gesicht.
36 Tausend US-Dollar musste der Hobbyjäger für sein Abenteuer locker machen. US$ 25000 davon gehen an das Nyae-Nyae-Hegegebiet. Das 1998 gegründete und heute etwa 770 Mitglieder umfassende Hegegebiet darf vier Elefanten im Jahr zum Abschuss freigeben.
Die Jagdkonzession, die außerdem fünf Streifengnus, je acht Kudus, Kuh- und Oryxantilopen, drei Leoparden, zwei Hyänen, drei Eland- und eine Pferdeantilope sowie diverse kleinere Tiere umfasst, hat momentan der namibische Berufsjäger Kai-Uwe Denker inne. Er gilt als einer der besten Elefantenjäger des Landes - "wenn nicht sogar weltweit", sagt Dries Alberts, leitender Naturschutzbeamter im benachbarten Khaudum-Wildpark, und mit den verantwortlichen Buschleuten des Hegegebietes gut befreundet. "Wer mit Denker jagen will, muss vorher ein dreimonatiges Fitnessprogramm absolvieren. Und danach hat er trotzdem eine verdammt harte Zeit. Denker schont seine Jäger nicht", so Alberts.
Der Berufsjäger und sein Gast aus Deutschland hatten acht Tage gebraucht, um den richtigen Elefanten zu erlegen. Die Auflage ist, dass mindestens zwei der vier jährlich zum Abschuss freigegebenen Elefanten einen abgebrochen Stoßzahn haben müssen. So trifft es in erster Linie alte Bullen und so genannte "Troublemaker".
"Wir haben drei Tage mit der Spurensuche an Wasserlöchern verbracht, bevor wir einen geeigneten Kandidaten identifiziert hatten", erzählt Kai-Uwe Denker. "Die Spur eines alten Elefanten erkennt man daran, dass die Risse auf der Fußsohle sehr viel tiefer sind als bei einem jungen Tier. Diese Risse sind wie ganz individuelle Fingerabdrücke. Außerdem wölbt sich bei einem alten Elefanten die Fußsohle an den Seiten wie bei einem ausgelatschten Schuh auf. Der Grund dafür ist, dass sich bei einem bejahrten Tier das Fettgewebe im Bein zurückbildet."
Ist erst einmal eine Spur eines geeigneten Elefanten identifiziert, gilt es, ihr durch den Busch zu folgen. Fünf Tage war Denker mit seinem Jagdgast und lokalen Spurenlesern unterwegs. Als sie den Bullen schließlich sichteten, war er nicht allein. Das, so Denker, ist der kritische Moment: "Viele machen hier den Fehler, das falsche Tier zu schießen, also nicht dasjenige, dessen Spuren sie gefolgt sind."
Hassel will sein Trophäentier mit zwei Schuss erlegt haben: Der erste traf den Kopf, als der Bulle zum Stürmen ansetzte. Erst mit dem zweiten konnte er seitlich auf Schulter und Herz zielen. Der jüngere Begleiter des alten Riesen suchte das Weite.
Der erlegte Elefant ist etwa 57 Jahre alt, schätzt Denker, nachdem er die Backenzähne des Tieres begutachtet hat. Mit den rund 70 Pfund schweren Stoßzähnen nimmt Hassel eine Trophäe mit nach Hause, die sich sehen lassen kann. Kennern zufolge soll das Elfenbein aus der Buschmannlandregion das schwerste weltweit sein; der Grund dafür ist angeblich die Diät, mit der Elefanten in der Vegetation dieses Gebietes aufwachsen.
Das tatsächliche Gewicht von Hassels Trophäe kann jedoch erst in zwei Monaten festgestellt werden: So lange soll der Schädel des grauen Riesen in der Erde vergraben liegen, bis die Stoßzähne sich aus dem verfaulenden Fleisch lösen lassen. Dann wird das Elfenbein für Hassel nach Deutschland geschickt. Nach dem Washingtoner Artenschutzübereinkommen darf er mit seiner Trophäe weder Handel treiben, noch sie öffentlich ausstellen.
An den rund 40 Buschleuten, die den Elefantenkadaver inzwischen mit Hilfe einer Seilwinde und Auto auf die andere Seite gehievt haben, geht die Bewunderung angesichts der Trophäe vorbei. Ihr Interesse gilt dem Fleisch. Innerhalb von zwei Wochen wird es aufgeteilt und vertilgt sein, sagt einer der Naturschutzbeamten.
Das Bankkonto des Hegegebietes ist in der Zwischenzeit um einige Tausender dicker geworden. US$ 100000 nimmt Nyae-Nyae jährlich durch die Jagdkonzession ein. Das Geld fließt dem Managementkomitee zufolge zu einem Großteil wieder zurück in das Hegegebiet: in die Wartung von Wasserstellen, eventuell in die Anschaffung eines weiteren Autos, in die Gehälter von Wildhütern und Grundschullehrern, in den Ankauf von Wild.
So erhält das Hegegebiet diese Woche 60 Gemsböcke und 200 Springböcke aus Südafrika. Oryxantilopen, Kudus und Springböcke dürfen von den in Nyae-Nyae Ansässigen in traditioneller Jagd, das heißt mit Pfeil und Bogen, erlegt werden. Der Ankauf ist also sowohl eine indirekte Aufstockung der eigenen Speisekammer, als auch eine Investition in die zukünftige Jagd und die touristische Attraktivität der Region. Mit Tourismus nämlich versucht das Hegegebiet ein weiteres Standbein in einer kommerzialisierten Welt zu gewinnen, in der die Ju/"hoansi schon lange nicht mehr ihr traditionelles Nomadendasein leben können.
Der Gestank von Eingeweiden und Exkrementen liegt in der flirrenden Mittagshitze. Kleine Männer hocken rittlings auf dem toten Koloss und säbeln handgerechte Fleischstücke aus der blutigen Masse. Kinder versuchen auf dem enormen Pansen des abgehäuteten Tieres zu balancieren. Unter den Bäumen sitzen Frauen und alte Männer an Lagerfeuern und bereiten auf den offenen Kohlen oder in Töpfen Elefantenfleisch zu. In den Ästen ringsum hängt Biltong zum Trocknen.
Die Dorfgemeinde lässt sich durch die Ankunft der beiden Wagen mit Naturschutzbeamten, Journalisten und Raleigh-International-Mitarbeitern nicht lange von der Arbeit ablenken. Seit dem frühen Morgen sind Buschleute aus den umliegenden Dörfern nördlich von Tsumkwe dabei, den alten Elefantenbullen abzuschlachten. Geschossen hatte ihn ein Jäger aus der bundesdeutschen Stadt Essen.
Dr. Jürgen Hassel, von Beruf plastischer Chirurg, ist zum ersten Mal auf Trophäenjagd in Afrika. "Das war mit Abstand mein bestes Jagderlebnis. Nächstes Jahr komme ich wieder", sagt Hassel mit verklärtem Gesicht.
36 Tausend US-Dollar musste der Hobbyjäger für sein Abenteuer locker machen. US$ 25000 davon gehen an das Nyae-Nyae-Hegegebiet. Das 1998 gegründete und heute etwa 770 Mitglieder umfassende Hegegebiet darf vier Elefanten im Jahr zum Abschuss freigeben.
Die Jagdkonzession, die außerdem fünf Streifengnus, je acht Kudus, Kuh- und Oryxantilopen, drei Leoparden, zwei Hyänen, drei Eland- und eine Pferdeantilope sowie diverse kleinere Tiere umfasst, hat momentan der namibische Berufsjäger Kai-Uwe Denker inne. Er gilt als einer der besten Elefantenjäger des Landes - "wenn nicht sogar weltweit", sagt Dries Alberts, leitender Naturschutzbeamter im benachbarten Khaudum-Wildpark, und mit den verantwortlichen Buschleuten des Hegegebietes gut befreundet. "Wer mit Denker jagen will, muss vorher ein dreimonatiges Fitnessprogramm absolvieren. Und danach hat er trotzdem eine verdammt harte Zeit. Denker schont seine Jäger nicht", so Alberts.
Der Berufsjäger und sein Gast aus Deutschland hatten acht Tage gebraucht, um den richtigen Elefanten zu erlegen. Die Auflage ist, dass mindestens zwei der vier jährlich zum Abschuss freigegebenen Elefanten einen abgebrochen Stoßzahn haben müssen. So trifft es in erster Linie alte Bullen und so genannte "Troublemaker".
"Wir haben drei Tage mit der Spurensuche an Wasserlöchern verbracht, bevor wir einen geeigneten Kandidaten identifiziert hatten", erzählt Kai-Uwe Denker. "Die Spur eines alten Elefanten erkennt man daran, dass die Risse auf der Fußsohle sehr viel tiefer sind als bei einem jungen Tier. Diese Risse sind wie ganz individuelle Fingerabdrücke. Außerdem wölbt sich bei einem alten Elefanten die Fußsohle an den Seiten wie bei einem ausgelatschten Schuh auf. Der Grund dafür ist, dass sich bei einem bejahrten Tier das Fettgewebe im Bein zurückbildet."
Ist erst einmal eine Spur eines geeigneten Elefanten identifiziert, gilt es, ihr durch den Busch zu folgen. Fünf Tage war Denker mit seinem Jagdgast und lokalen Spurenlesern unterwegs. Als sie den Bullen schließlich sichteten, war er nicht allein. Das, so Denker, ist der kritische Moment: "Viele machen hier den Fehler, das falsche Tier zu schießen, also nicht dasjenige, dessen Spuren sie gefolgt sind."
Hassel will sein Trophäentier mit zwei Schuss erlegt haben: Der erste traf den Kopf, als der Bulle zum Stürmen ansetzte. Erst mit dem zweiten konnte er seitlich auf Schulter und Herz zielen. Der jüngere Begleiter des alten Riesen suchte das Weite.
Der erlegte Elefant ist etwa 57 Jahre alt, schätzt Denker, nachdem er die Backenzähne des Tieres begutachtet hat. Mit den rund 70 Pfund schweren Stoßzähnen nimmt Hassel eine Trophäe mit nach Hause, die sich sehen lassen kann. Kennern zufolge soll das Elfenbein aus der Buschmannlandregion das schwerste weltweit sein; der Grund dafür ist angeblich die Diät, mit der Elefanten in der Vegetation dieses Gebietes aufwachsen.
Das tatsächliche Gewicht von Hassels Trophäe kann jedoch erst in zwei Monaten festgestellt werden: So lange soll der Schädel des grauen Riesen in der Erde vergraben liegen, bis die Stoßzähne sich aus dem verfaulenden Fleisch lösen lassen. Dann wird das Elfenbein für Hassel nach Deutschland geschickt. Nach dem Washingtoner Artenschutzübereinkommen darf er mit seiner Trophäe weder Handel treiben, noch sie öffentlich ausstellen.
An den rund 40 Buschleuten, die den Elefantenkadaver inzwischen mit Hilfe einer Seilwinde und Auto auf die andere Seite gehievt haben, geht die Bewunderung angesichts der Trophäe vorbei. Ihr Interesse gilt dem Fleisch. Innerhalb von zwei Wochen wird es aufgeteilt und vertilgt sein, sagt einer der Naturschutzbeamten.
Das Bankkonto des Hegegebietes ist in der Zwischenzeit um einige Tausender dicker geworden. US$ 100000 nimmt Nyae-Nyae jährlich durch die Jagdkonzession ein. Das Geld fließt dem Managementkomitee zufolge zu einem Großteil wieder zurück in das Hegegebiet: in die Wartung von Wasserstellen, eventuell in die Anschaffung eines weiteren Autos, in die Gehälter von Wildhütern und Grundschullehrern, in den Ankauf von Wild.
So erhält das Hegegebiet diese Woche 60 Gemsböcke und 200 Springböcke aus Südafrika. Oryxantilopen, Kudus und Springböcke dürfen von den in Nyae-Nyae Ansässigen in traditioneller Jagd, das heißt mit Pfeil und Bogen, erlegt werden. Der Ankauf ist also sowohl eine indirekte Aufstockung der eigenen Speisekammer, als auch eine Investition in die zukünftige Jagd und die touristische Attraktivität der Region. Mit Tourismus nämlich versucht das Hegegebiet ein weiteres Standbein in einer kommerzialisierten Welt zu gewinnen, in der die Ju/"hoansi schon lange nicht mehr ihr traditionelles Nomadendasein leben können.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
Zu diesem Artikel wurden keine Kommentare hinterlassen