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Aufrechnung und Mythos
Aufrechnung und Mythos

Aufrechnung und Mythos

Betr.: Der Mytos ist dehnbar (AZ, 7.4.20)
Wiebke Schmidt
Es ist längst überfällig und sehr zu begrüßen, dass Teile der deutschstämmigen und -sprachigen Menschen Namibias sich aktiv um eine Verständigung mit Teilen der Nachfahren der hauptsächlichen Opfergruppen des deutschen Kolonialismus bemühen. Immerhin geht es um die Erarbeitung einer gemeinsamen Zukunft aller, die dieses Land als ihre Heimat haben, und damit auch um existenzielle Fragen. Umso unverständlicher ist es, dass solch konstruktive Initiative zur Rechenschaft und Rechtfertigung aus Deutschland genötigt wird. Schließlich geht es nicht um eine Berliner Befindlichkeit, sondern um Versuche des Miteinander in Namibia. Aber letztlich belegt dies eigentlich nur einmal mehr die typische „dscherrie“-Besserwisserei, auch wenn sie dieses Mal einer Perspektive das Wort redet, die von vielen „Südwestern“ insgeheim oder offen unterstützt wird. Mehr Bereitschaft zur Nachdenklichkeit und des Verstehens wesentlicher Belange könnte da nicht schaden. Gleiches gilt für die selbstgerechte und -verliebte, nachgerade pubertäre Form des Pseudo-Diskurses über Geschichte und „Mythen“, dessen Duktus doch nur das Ego der beiden Haupt-Beteiligten in den Mittelpunkt stellt. Dies wird der eigentlichen Aufgabe und Herausforderung, der sich die neugegründete Initiative stellt, ebenso wenig gerecht wie die unbotmäßige Einmischung von außen. Zeit und Energie der im Lande lebenden Deutschstämmigen wäre sicherlich besser darauf verwendet, wie diese Initiative es tut die Suche nach den Gemeinsamkeiten bei Respekt vor und Anerkennung von Unterschieden - auch was die Deutung von Geschichte und deren Konsequenzen betrifft - konstruktiv voran zu treiben. Es ist ein längst überfälliges Bemühen, das Anerkennung und Unterstützung verdient.

Henning Melber, Uppsala/Schweden

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-27

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