Aufschlussreich: Die Tagebücher des Schutztruppenoffiziers Victor Franke
Mit der Herausgabe des ersten Bandes der "Tagebücher des Schutztruppenoffiziers Victor Franke" erhält der historisch interessierte Leser eine weitere wichtige Quelle über die Kolonialzeit von Deutsch-Südwestafrika. Der erste Band umfasst die Aufzeichnungen Frankes vom 26. Mai 1896 bis zum 27. Mai 1904 nach dem Ausbruch des Hereroaufstands. Mit der Veröffentlichung drei weiterer Bände - noch in Vorbereitung - erhält der Leser Einblick in Frankes Leben bis zum 10. Juni 1920.
Franke traf im Juni 1896 im Rang eines Obertleutnants in Swakopmund ein und begann seine Militärlaufbahn als Distriktchef von Otjimbingwe. Nach der Kapitulation der Schutztruppe, deren Befehlshaber er war, im Juni 1915 bei Khorab an der Otavi-Bahn, verbringt er die übrigen Jahre des Ersten Weltkriegs als Internierter auf der Farm Okawajo bei Karibib, bis er 1919 mit anderen deutschen Soldaten und Beamten von den Südafrikanern ausgewiesen wird. Bei seiner Heimkehr verleiht Reichspräsident Friedrich Ebert Franke den Rang des Generalmajors. Er war der einzige Offizier des damaligen Südwestafrika, der für seinen Dienst die höchste preußische Tapferkeitsauszeichnung erhielt, den Orden "Pour le M"rite", den Kaiser Wilhelm II ihm am 2. November 1905 persönlich im Schloss zu Berlin verlieh.
1921 heiratete er im Alter von 55 Jahren Maria Dieckmann. Die Ehe blieb kinderlos. Er verließ Deutschland noch einmal und betrieb bei Blumenau in Brasilien eine Selterswasserfabrik. Schwache Gesundheit bewegte ihn zur Rückkehr in seine Heimat. Franke ist am 7. September 1936 verstorben.
Die maschinenschriftliche Transkription der handschriftlichen Aufzeichnungen Frankes, die oft schwer zu entziffern waren, stammt von Dr. Karl-Heinz Minuth, der im Mai 1999 gestorben ist.
Franke hat als militärischer Befehlshaber in seiner Dienstzeit in DSWA nahezu alle Gefechte gegen Nama und Herero sowie gegen die südafrikanische Invasion mitgemacht und bestimmt, bis er mit dem letzten deutschen Gouverneur, Dr. Seitz, bei Khorab vor den Südafrikanern die Kapitulation unterzeichnete. "Der Löwe von Sandfontein und das Erdmännchen von Khorab", nannten Franke einige seiner Zeitgenossen, womit sie auf das einzige siegreiche Gefecht der Schutztruppe bei Warmbad und die Kapitulation von Khorab vor der überwältigenden Übermacht der Südafrikaner anspielten.
Tagebuchaufzeichnungen bestechen oft durch ihre Frische und unmittelbare Gegenwart, wodurch historische Augenblicke durch die Augen und die subjektive Sprache des Autors zu sehen sind. Streckenweise wirken sie fragmentarisch, da die Faktoren wie verfügbare Zeit, Stimmung und Gesundheitszustand des Autors stets eine Rolle spielen. Wie viele seiner Zeitgenossen hatte Franke häufig mit Fieber zu kämpfen. Seine Aufzeichnungen sind knapp, oft im Telegrammstil, manchmal burschikos und zynisch, auch selbstkritisch.
"Die Langeweile ist entsetzlich", schreibt er im Juni 1896 während seiner Ausreise auf dem Dampfer. Lange Wartezeiten und ereignislose Tage tut Franke mit Bemerkungen wie "Vergeht ohne jede Thatsache" oder einem einzigen Wort wie "Stumpfsinn" ab. Über seinen ersten Aufenthalt in Swakopmund notiert er sein Missfallen: "Diese Sandöde mit den gräulichen Store-Kneipen. In der Station fressen die Fliegen mein Essen und mich selbst. Das Hotel ,Fürst Bismarck" ist meiner Seele zuwider." Windhoek kommt kaum besser weg: "Äußerlich hübsch, der Aufenthalt dagegen gräßlich. Klatschereien ohne Ende ..." Es gibt 1898 in der Stadt mitunter kein Fleisch, daher "trübe Stimmung".
Viele Eintragungen behandeln den Alltag mit häufiger Krankheit und Tod bei Mensch und Tier. Bemerkenswert findet Franke die Begegnung mit einer Frau Schröder auf Uitdraai bei Otjimbingwe: "eine Pariserin in der afrikanischen Wüste, ein prachtvolles Weib in ,grande toilette" ". Franke fällt rasch Urteile über Mitmenschen, ist aber auch zynisch mit sich selbst und zeichnet frei auf, dass er gern bis spät feiert.
Anderswo tritt harter kolonialer Alltag in den Vordergrund - zum Beispiel mit Aufzeichnungen über "18 zu fünf Jahren Kettenhaft verurteilte Kriegsgefangene - Hereros, Kambataleute". Die Gefangenen waren am 23. Mai 1898 "in Swakopmund vom Bahnbau ausgerissen".
Der erste Band der Tagebücher endet mit einer Tagesnotiz Ende Mai 1904 mitten im Herero-Krieg. Die Eintragungen sind in der Kriegszeit viel ausführlicher und erreichen pro Tag zwei maschinengeschriebene Seiten.
Die Tagebücher des Schutztruppenoffiziers Victor Franke, Band I, 26- 5- 1896 - 27. 5. 1904. SWALIT, Verlag für Literatur über die Kolonial- und Mandatszeit Südwestafrikas. Druck: SDL Berlin 2002. ISBN 3-936858-00 -4. Unverbindlicher Richtpreis: N$ 335,00.
Franke traf im Juni 1896 im Rang eines Obertleutnants in Swakopmund ein und begann seine Militärlaufbahn als Distriktchef von Otjimbingwe. Nach der Kapitulation der Schutztruppe, deren Befehlshaber er war, im Juni 1915 bei Khorab an der Otavi-Bahn, verbringt er die übrigen Jahre des Ersten Weltkriegs als Internierter auf der Farm Okawajo bei Karibib, bis er 1919 mit anderen deutschen Soldaten und Beamten von den Südafrikanern ausgewiesen wird. Bei seiner Heimkehr verleiht Reichspräsident Friedrich Ebert Franke den Rang des Generalmajors. Er war der einzige Offizier des damaligen Südwestafrika, der für seinen Dienst die höchste preußische Tapferkeitsauszeichnung erhielt, den Orden "Pour le M"rite", den Kaiser Wilhelm II ihm am 2. November 1905 persönlich im Schloss zu Berlin verlieh.
1921 heiratete er im Alter von 55 Jahren Maria Dieckmann. Die Ehe blieb kinderlos. Er verließ Deutschland noch einmal und betrieb bei Blumenau in Brasilien eine Selterswasserfabrik. Schwache Gesundheit bewegte ihn zur Rückkehr in seine Heimat. Franke ist am 7. September 1936 verstorben.
Die maschinenschriftliche Transkription der handschriftlichen Aufzeichnungen Frankes, die oft schwer zu entziffern waren, stammt von Dr. Karl-Heinz Minuth, der im Mai 1999 gestorben ist.
Franke hat als militärischer Befehlshaber in seiner Dienstzeit in DSWA nahezu alle Gefechte gegen Nama und Herero sowie gegen die südafrikanische Invasion mitgemacht und bestimmt, bis er mit dem letzten deutschen Gouverneur, Dr. Seitz, bei Khorab vor den Südafrikanern die Kapitulation unterzeichnete. "Der Löwe von Sandfontein und das Erdmännchen von Khorab", nannten Franke einige seiner Zeitgenossen, womit sie auf das einzige siegreiche Gefecht der Schutztruppe bei Warmbad und die Kapitulation von Khorab vor der überwältigenden Übermacht der Südafrikaner anspielten.
Tagebuchaufzeichnungen bestechen oft durch ihre Frische und unmittelbare Gegenwart, wodurch historische Augenblicke durch die Augen und die subjektive Sprache des Autors zu sehen sind. Streckenweise wirken sie fragmentarisch, da die Faktoren wie verfügbare Zeit, Stimmung und Gesundheitszustand des Autors stets eine Rolle spielen. Wie viele seiner Zeitgenossen hatte Franke häufig mit Fieber zu kämpfen. Seine Aufzeichnungen sind knapp, oft im Telegrammstil, manchmal burschikos und zynisch, auch selbstkritisch.
"Die Langeweile ist entsetzlich", schreibt er im Juni 1896 während seiner Ausreise auf dem Dampfer. Lange Wartezeiten und ereignislose Tage tut Franke mit Bemerkungen wie "Vergeht ohne jede Thatsache" oder einem einzigen Wort wie "Stumpfsinn" ab. Über seinen ersten Aufenthalt in Swakopmund notiert er sein Missfallen: "Diese Sandöde mit den gräulichen Store-Kneipen. In der Station fressen die Fliegen mein Essen und mich selbst. Das Hotel ,Fürst Bismarck" ist meiner Seele zuwider." Windhoek kommt kaum besser weg: "Äußerlich hübsch, der Aufenthalt dagegen gräßlich. Klatschereien ohne Ende ..." Es gibt 1898 in der Stadt mitunter kein Fleisch, daher "trübe Stimmung".
Viele Eintragungen behandeln den Alltag mit häufiger Krankheit und Tod bei Mensch und Tier. Bemerkenswert findet Franke die Begegnung mit einer Frau Schröder auf Uitdraai bei Otjimbingwe: "eine Pariserin in der afrikanischen Wüste, ein prachtvolles Weib in ,grande toilette" ". Franke fällt rasch Urteile über Mitmenschen, ist aber auch zynisch mit sich selbst und zeichnet frei auf, dass er gern bis spät feiert.
Anderswo tritt harter kolonialer Alltag in den Vordergrund - zum Beispiel mit Aufzeichnungen über "18 zu fünf Jahren Kettenhaft verurteilte Kriegsgefangene - Hereros, Kambataleute". Die Gefangenen waren am 23. Mai 1898 "in Swakopmund vom Bahnbau ausgerissen".
Der erste Band der Tagebücher endet mit einer Tagesnotiz Ende Mai 1904 mitten im Herero-Krieg. Die Eintragungen sind in der Kriegszeit viel ausführlicher und erreichen pro Tag zwei maschinengeschriebene Seiten.
Die Tagebücher des Schutztruppenoffiziers Victor Franke, Band I, 26- 5- 1896 - 27. 5. 1904. SWALIT, Verlag für Literatur über die Kolonial- und Mandatszeit Südwestafrikas. Druck: SDL Berlin 2002. ISBN 3-936858-00 -4. Unverbindlicher Richtpreis: N$ 335,00.
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Allgemeine Zeitung
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