Aussprache, nicht nur Totenzählung
Von Eberhard Hofmann, Windhoek
Die Erklärung ist von der langjährigen Vertreterin der BWS-Organisation, Pauline Dempers, eine Überlebende der Straflager, verfasst worden. BWS wurde nach 1996 gegründet, als das Buch „Namibische Passion“ von Pastor Siegried Groth über Gefolterte und Diffamierte erschienen war, die in ausländischen SWAPO-Straflagern in Angola, Sambia und Tansania eingesperrt waren. Die englische Fassung des Buches steht unter dem Titel „Breaking the Walls of Silence“.
Obwohl Dempers die Untersuchung unterstützt, übt sie gleichzeitig scharfe Kritik, dass es lediglich mit einer „Kopfzählung“ (head count) derjenigen, die den Unabhängigkeitskampf überlebt und heimgekehrt sind, und derjenigen, die aus diversen Gründen nicht ins Vaterland zurückgekehrt sind, getan sein könne. „Rechenschaft bedeutet mehr. Die Auswirkung verübter Gräuel muss mit den Betroffenen im Dialog besprochen werden, und es muss Heilung stattfinden.“
Der neue Chef der staatlichen Sicherheits- und Nachrichtendienste, Philemon Malima, früher Verteidigungsminister, leitet die Kommission. „Hoffentlich ist das eine Richtungsänderung vom Nujoma-Kurs“, erklärt Menschenrechtsdirektor Phil ya Nagoloh gegenüber der AZ. Als der Namibische Kirchenrat (CCN) nach Herausgabe des Groth-Buches eine öffentliche Plattform für Dissidenten und Überlebende der Straflager schaffen wollte, nach dem Vorbild der Wahrheits- und Versöhnungskommission in Südafrika, hat die Regierung Nujoma diese Initiative abgewürgt. Der CCN, der vor der Unabhängigkeit regimekritisch und der SWAPO-Bewegung gut gesinnt war, hat die Knebelung durch die Regierung ohne öffentlichen Widerspruch hingenommen.
Dempers fordert eine klare Unterscheidung zwischen Namibiern, die im Exil verstorben und gefallen sind, und Namibiern, die infolge Folterung sterben mussten, oder die einfach in der Haft getötet wurden, derweil sie in der Obhut der SWAPO waren. „SWAPO hat auch über diejenigen Rechenschaft abzulegen, die während der Haft verschwunden sind, wenn sie zu den Toten gezählt werden sollen. Die Menschen, die in den Kerkern festgehalten wurden, waren Namibier. Es waren Menschen, die für den Freiheitskampf um Namibia ins Exil gegangen sind. Daher müssen sie geehrt werden. SWAPO darf nicht auf unseren Herzen herumtrampeln. Die Partei hat (uns) genug Leid zugefügt.“
Der Vorsitzende der präsidialen Kommission, Philemon Malima, hat laut der BWS-Organisation das Mandat wie folgt genannt: die Namensliste in dem Buch „Their Blood waters our Freedom“ zu ergänzen, so erklärt Dempers. Malima sei sich offensichtlich nicht bewusst, was aus der Erhebung hervorgehen könne. Frans Teister zum Beispiel sei ein Gefangener der Lager, der nicht heimgekehrt sei. Die SWAPO-Regierung habe bisher weder seine Inhaftierung noch Datum und Ort seines Todes dokumentiert. „Die Befehle zur Inhaftierung sind von den SWAPO-Führern gekommen. Daher hat die SWAPO-Führung die Verantwortung zu akzeptieren und hat offen und ehrlich Rechenschaft abzulegen.“
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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