Über Unrecht und Rassismus
Wie schlecht es um Versöhnung und Völkerverständigung in Namibia bestellt ist, wird immer dann deutlich, wenn Unrecht geschieht, wenn Ungeheuerliches für Empörung sorgt und der Einzelfall zu Verallgemeinerung führt.
Das macht die Debatte über ein abstoßendes Video deutlich, in dem ein Mann unter hämischem Gelächter einiger Beobachter einen Hund mit einem Seil erhängt. Es zeigt Menschen, die zu Tieren werden, dokumentiert eine sadistische Lust am Leiden anderer Lebewesen und stellt einen Fall für die Staatsanwaltschaft dar.
Aber es legt auch Zeugnis dafür ab, wie dünn vernarbt rassistische Vorurteile noch immer sind, wie schnell sich die Entrüstung über Entgleisungen einzelner in der kollektiven Verunglimpfung ganzer Volksgruppen entlädt. Diese Dynamik zeigen Kommentare zu dem Video auf sozialen Netzwerken. Da sind sich viele zunächst einig, dass der Hunde-Mörder gelyncht gehöre, seine Familie einem „langsamen Tod“ zugeführt werden müsse. Dann findet ein rhetorisches Wettrüsten statt, fallen Kraftausdrücke, wird auf die Hautfarbe des Täters hingewiesen.
Es entwickelt sich ein Konsens, dass seinesgleichen zur Barbarei neige. Dem erwidert jemand, dass es doch „nur einen Hund“ sei, ein anderer fragt, ob die Empörung mit dem „weißen Fell“ des Tieres zu tun habe. Einer erklärt, der Vierbeiner habe es verdient, weil er Hühner gefressen habe, ein anderer erinnert daran, was die über den Hund trauernden Weißen früher schwarzen Mitbürgern angetan hätten.
Bald wird die Gräueltat von widerseitigen Vorwürfen überlagert. Weiße könnten sich nicht vorstellen, was der Verlust eines Huhnes für verarmte Landsleute bedeute, Schwarzen seien von Natur aus grausam und gefühllos, heißt es.
Was also zeigt das Video außer menschliche Abgründe von Einzelnen? Es zeigt, wie sehr wir noch Vorurteilen verhaftet sind, es zeigt wie wenig es bedarf, dass sichtbar zu machen was wir sind: Eine Gesellschaft die ihre Vergangenheit noch immer nicht überwunden hat, in der Unrecht noch immer nicht farbenblind ist.
Marc Springer
Das macht die Debatte über ein abstoßendes Video deutlich, in dem ein Mann unter hämischem Gelächter einiger Beobachter einen Hund mit einem Seil erhängt. Es zeigt Menschen, die zu Tieren werden, dokumentiert eine sadistische Lust am Leiden anderer Lebewesen und stellt einen Fall für die Staatsanwaltschaft dar.
Aber es legt auch Zeugnis dafür ab, wie dünn vernarbt rassistische Vorurteile noch immer sind, wie schnell sich die Entrüstung über Entgleisungen einzelner in der kollektiven Verunglimpfung ganzer Volksgruppen entlädt. Diese Dynamik zeigen Kommentare zu dem Video auf sozialen Netzwerken. Da sind sich viele zunächst einig, dass der Hunde-Mörder gelyncht gehöre, seine Familie einem „langsamen Tod“ zugeführt werden müsse. Dann findet ein rhetorisches Wettrüsten statt, fallen Kraftausdrücke, wird auf die Hautfarbe des Täters hingewiesen.
Es entwickelt sich ein Konsens, dass seinesgleichen zur Barbarei neige. Dem erwidert jemand, dass es doch „nur einen Hund“ sei, ein anderer fragt, ob die Empörung mit dem „weißen Fell“ des Tieres zu tun habe. Einer erklärt, der Vierbeiner habe es verdient, weil er Hühner gefressen habe, ein anderer erinnert daran, was die über den Hund trauernden Weißen früher schwarzen Mitbürgern angetan hätten.
Bald wird die Gräueltat von widerseitigen Vorwürfen überlagert. Weiße könnten sich nicht vorstellen, was der Verlust eines Huhnes für verarmte Landsleute bedeute, Schwarzen seien von Natur aus grausam und gefühllos, heißt es.
Was also zeigt das Video außer menschliche Abgründe von Einzelnen? Es zeigt, wie sehr wir noch Vorurteilen verhaftet sind, es zeigt wie wenig es bedarf, dass sichtbar zu machen was wir sind: Eine Gesellschaft die ihre Vergangenheit noch immer nicht überwunden hat, in der Unrecht noch immer nicht farbenblind ist.
Marc Springer
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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