Überraschend überrascht
Verschrien war er schon, bevor er überhaupt selber den Mund aufmachen konnte: Ewiggestriger, Panzer-Kardinal, Rottweiler - so urteilten die Medien über Papst Benedikt XVI., Experten - vorrangig aus Deutschland - sahen sogleich die ewige Spaltung der Kirche und den Rückfall ins dunkle Mittelalter bevorstehen, Feministinnen und linke Kirchengruppen schrieen auf, als bekannt wurde, dass der frühere Kardinal Joseph Ratzinger neuer Oberhirte der Katholiken geworden war. Doch er überraschte sie alle: In seiner ersten Predigt im neuen Amt betonte er, alle Christen einen zu wollen und kündigte Taten für diesen Prozess an. Für seine scharfen Kritiker genauso überraschend stellte er den Dialog mit anderen Religionen, aber auch Einsatz für den Frieden in der Welt in Aussicht. Auch die Menschen auf dem Petersplatz ließen sich von der Vorab-Schelte nicht beeinflussen. Bei seiner Vorstellung jubelten sie ihm uneingeschränkt zu, als er bescheidene Worte fand und an seinen leuchtenden Vorgänger Johannes Paul II. erinnert. Als Benedikt am Mittwochnachmittag dann seine bisherige Wohnung in Rom verließ,
stürzten hunderte begeisterte Menschen auf ihn zu, nur mit Mühe konnte die Polizei die Gläubigen im Zaum halten. Mit diesem Bad in der Menge gelang dem neuen Papst eine weitere, überraschende Geste: Er durchbrach die eisernen Regeln des päpstlichen Protokolls, stellte sich auf eine Stufe mit den Menschen, die in ihm nun den neuen Hirten sehen. Das ist wahrhaft ein Rekord: Noch nie hat in der jüngeren Geschichte ein Papst schon nach einem Tag die Mauern des Vatikans hinter sich und die Gläubigen so nah zu sich gelassen.
Jetzt müssen natürlich Taten folgen. Die kommenden Tage und Wochen werden zeigen, was für ein Papst Benedikt XVI. wirklich ist. Vielleicht müssen deutsche Wortführer erkennen, dass die Welt, vor allem die katholische Welt, andere Maßstäbe an den Papst setzt und nicht automatisch die deutsche Kritik als global gültige Standardmeinung ansieht. Vielleicht braucht und will die katholische Welt diesen konservativen Werteverfechter. Aber vielleicht zeigt Benedikt XVI. ein ganz anderes Gesicht, als alle erwartet hatten. Ganz überraschend wäre es nach seinen ersten Stunden im Amt nicht, wenn er noch viele überraschen würde.
stürzten hunderte begeisterte Menschen auf ihn zu, nur mit Mühe konnte die Polizei die Gläubigen im Zaum halten. Mit diesem Bad in der Menge gelang dem neuen Papst eine weitere, überraschende Geste: Er durchbrach die eisernen Regeln des päpstlichen Protokolls, stellte sich auf eine Stufe mit den Menschen, die in ihm nun den neuen Hirten sehen. Das ist wahrhaft ein Rekord: Noch nie hat in der jüngeren Geschichte ein Papst schon nach einem Tag die Mauern des Vatikans hinter sich und die Gläubigen so nah zu sich gelassen.
Jetzt müssen natürlich Taten folgen. Die kommenden Tage und Wochen werden zeigen, was für ein Papst Benedikt XVI. wirklich ist. Vielleicht müssen deutsche Wortführer erkennen, dass die Welt, vor allem die katholische Welt, andere Maßstäbe an den Papst setzt und nicht automatisch die deutsche Kritik als global gültige Standardmeinung ansieht. Vielleicht braucht und will die katholische Welt diesen konservativen Werteverfechter. Aber vielleicht zeigt Benedikt XVI. ein ganz anderes Gesicht, als alle erwartet hatten. Ganz überraschend wäre es nach seinen ersten Stunden im Amt nicht, wenn er noch viele überraschen würde.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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