Bescheidenheit ist eine Zier
Das Nationaltheater hatte, wie versprochen, den roten Teppich ausgerollt. Und am Ende des Gatters, das den Teppich zu beiden Seiten flankierte, hatten sich tatsächlich ein paar Kameraleute und Fotografen positioniert, um die eintreffenden Gäste und die nominierten Theaterleute in ihrer Abendgarderobe abzulichten. Hin und wieder flackerte ein Blitzlicht auf, und schon herrschte ein klitzekleiner Anflug von Oscar-Stimmung. Nicht, dass Hollywood irgendetwas mit der Verleihung der namibischen Theaterpreise zu tun hätte, aber die Oscars sind nun mal der internationale Maßstab für Glanz und Glamour, und beides sollte es an diesem Abend geben.
Im Garten des Nationaltheater wurde Sekt serviert, die Musiker von Ongoma machten Stimmung, die Damen beäugten die Abendkleider der anderen weiblichen Gäste, das Fernsehen war da, und dann ging es endlich los, mit einer Tanzeinlage der Equipped Dancing Academy. Als nächstes - wurde die Bühne gefegt. Was den Auftakt zur unterhaltsamsten Einlage des Abends darstellte. Da trifft ein Putzmann (gespielt von Dramaturg Lucky Pieters) auf den Pionier des namibischen Theaters, Lazarus Jacobs, und versucht den erfolgreichen Komödianten und Geschäftsmann festzunageln: Er habe ein Theaterstück geschrieben, sagt der Mann mit dem Besen, ob Lazarus nicht die Inszenierung finanzieren wolle? "Ich hab's eilig", versucht sich Jacobs herauszureden, aber der Besenmann lässt nicht locker, und so diskutieren die beiden bald über Details der Ausführung.
Er wolle Freddy Philander als Regisseur gewinnen, sagt der Bühnenkehrer. "Nee, der ist nicht gut", winkt Lazarus ab. "Was ist mit Kubbe Rispel?", versucht der Putzmann. "Der wird doch nie zu den Proben auftauchen!", so Lazarus. "Dann vielleicht Tanya Terblanche?" "Aber sie ist eine Frau!", entrüstet sich der potentielle Geldgeber.
Das Duo einigt sich schließlich: Lazarus Jacobs höchstpersönlich soll die Regie übernehmen. Und wer wird die Hauptrolle spielen? Mangels geeigneter Kandidaten kommt auch dafür nur Mr. Jacobs in Frage. Als der aber auch noch verlangt, selbst die Nebenrollen zu besetzen, reicht es dem Besen schwingenden Amateurautoren: "Du willst Regie führen, die Hauptrolle spielen und dann auch noch die Nebenrollen übernehmen?", fragt er entgeistert. "Ja, und? Schließlich ist es mein Geld!", kontert Lazarus Jacobs unbekümmert.
Mit diesem Sketch hat Komiker L. Jacobs mal wieder den Nagel auf den Kopf getroffen. So ähnlich funktioniert die kleine Theaterszene Namibias. Mehr noch, der Sketch schien - ob gewollt oder nicht - das Fazit des Abends vorwegzunehmen: Bescheidenheit ist eine Zier, doch weiter kommt man ohne ihr.
Dieses deutsche Sprichwort scheint sich besonders der Hauptgewinner des Abends zum Lebensmotto gemacht zu haben: Autor und Regisseur Freddy Philander, bekannt für seinen lauten Bulldozer-Charme. Die Stücke des freiberuflichen Kulturreporters der Zeitung "New Era" waren für jede einzelne der acht Kategorien der Namibia Theatre Awards 2007 nominiert. "Me!", "Das bin ich!", "Schon wieder ich!", brüllte der Zwei-Meter-große Leiter der Theatergruppe "Comitted Artists of Namibia" (CAN) jedes Mal, wenn sein Name fiel. Und der fiel oft bei der Verleihung der namibischen Theaterpreise. Philanders Politsatire "Katutura '59", 1986 uraufgeführt, wurde zum besten Theaterstück der zehn bewerteten gekürt. In vier von sieben weiteren Kategorien gewannen seine Schauspieler, und zum Schluss wurde er auch noch mit dem "Recognition Award" für sein Lebenswerk ausgezeichnet.
"Es ist ironisch", poltert Philander, als er aufgefordert wird, eine Stehgreifrede zu halten, "dass unsere Arbeit nun endlich auch hier zu Hause in Namibia anerkannt wird, nachdem die ganze Welt uns schon kennt und bewundert!" Er meint es durchaus ernst, das mit dem Weltruhm - und zieht zur Bestätigung seine größte Trumpfkarte: "Zwei Weltstars", und hier beginnt Frederick Philander aufgeregt mit den Armen zu rudern, als würde er ein Orchester dirigieren, "nämlich Angelina Jolie und Brad Pitt, haben den Wert unserer Arbeit erkannt und uns unterstützt!" Tatsächlich soll der Theaterautor und -regisseur Sponsoring von der Jolie-Pitt-Foundation für seine teils mehr als 20 Jahre alten Theaterstücke erhalten haben, von denen im Rahmen der Namibia Theatre Awards 2007 insgesamt drei von der Jury begutachtet wurden ("Katutura'59" - 1986, "The Mole People" - 1988, "The Bigamist" - 2006).
Als Philander endlich wieder die Bühne verlässt, herrscht betretene Stille im Auditorium des Nationaltheaters. Nur in den vordersten Reihen, wo die Finalisten und Preisgewinner sitzen, sind einzelne Bravo-Rufe für "Freddy" zu hören.
Bescheidenheit steht Künstlern gar nicht so schlecht, wissen dagegen die meisten anderen Preisgewinner: Für Tanya Terblanche, die zuvor für ihr Stück "Leah B" als beste Regisseurin ausgezeichnet wurde, schwoll tosender Applaus an. Ebenso für ihre Darstellerin in "Leah B", die attraktive Lize Kubersky, die mit dem Preis für die beste weibliche Hauptrolle geehrt wurde, oder für den introvertierten Tontechniker Basil de Waldt. Der nahm mit verdatterter Miene sowohl den "Best Actor Award" als auch den "Best Supporting Role Award" entgegen (beide für Philander-Inszenierungen).
Dies waren Stars, mit denen das Publikum sympathisieren konnte. Aber so was wird ein Freddy Philander wohl niemals begreifen. Bescheidenheit ist eine Zier, doch weiter kommt man ohne ihr.
Die Preisträger der Namibia Theatre Awards 2007
Best Director Award: Tanya Terblanche für "Leah B" (N$ 10.000, gesponsert von der finnischen Botschaft)
Best Actor Award: Basil de Waldt für "The Bigamist" von Freddy Philander (N$ 10.000, gesponsert von First National Bank Foundation)
Best Actress Award: Lize Kubersky für "Leah B" von Tanya Terblanche (N$ 10.000, gesponsert von Kobi Alexander Enterprises)
Ombili Katangolo Newcomer Award: Intila Katambo für "The Bigamist" von Freddy Philander (N$ 3.000, gesponsert von Paragon Investment Holding)
Best Supporting Role Award: Basil de Waldt für "The Mole People" von Freddy Philander (N$ 3.000, gesponsert von der Stadt Windhoek)
Best Costume, Stage Set and Technical Presentation Award: "Katutura '59" von Freddy Philander (N$ 3000, gesponsert von NamPower)
Best Overall Play Award: "Katutura '59" von Freddy Philander (Einladung zu einem Kulturfestival der Wahl in der SADC-Region, gesponsert von Bank Windhoek)
Public Choice Award: Morris Kalunduka für "Ubu Roi" von Queran Kannemeyer (N$ 3000, gesponsert von National Arts Council of Namibia)
Recognition Awards: für Aldo Behrens und Freddy Philander für ihre Beiträge zur Entwicklung der namibischen Theaterszene, gesponsert von der indonesischen Botschaft.
Im Garten des Nationaltheater wurde Sekt serviert, die Musiker von Ongoma machten Stimmung, die Damen beäugten die Abendkleider der anderen weiblichen Gäste, das Fernsehen war da, und dann ging es endlich los, mit einer Tanzeinlage der Equipped Dancing Academy. Als nächstes - wurde die Bühne gefegt. Was den Auftakt zur unterhaltsamsten Einlage des Abends darstellte. Da trifft ein Putzmann (gespielt von Dramaturg Lucky Pieters) auf den Pionier des namibischen Theaters, Lazarus Jacobs, und versucht den erfolgreichen Komödianten und Geschäftsmann festzunageln: Er habe ein Theaterstück geschrieben, sagt der Mann mit dem Besen, ob Lazarus nicht die Inszenierung finanzieren wolle? "Ich hab's eilig", versucht sich Jacobs herauszureden, aber der Besenmann lässt nicht locker, und so diskutieren die beiden bald über Details der Ausführung.
Er wolle Freddy Philander als Regisseur gewinnen, sagt der Bühnenkehrer. "Nee, der ist nicht gut", winkt Lazarus ab. "Was ist mit Kubbe Rispel?", versucht der Putzmann. "Der wird doch nie zu den Proben auftauchen!", so Lazarus. "Dann vielleicht Tanya Terblanche?" "Aber sie ist eine Frau!", entrüstet sich der potentielle Geldgeber.
Das Duo einigt sich schließlich: Lazarus Jacobs höchstpersönlich soll die Regie übernehmen. Und wer wird die Hauptrolle spielen? Mangels geeigneter Kandidaten kommt auch dafür nur Mr. Jacobs in Frage. Als der aber auch noch verlangt, selbst die Nebenrollen zu besetzen, reicht es dem Besen schwingenden Amateurautoren: "Du willst Regie führen, die Hauptrolle spielen und dann auch noch die Nebenrollen übernehmen?", fragt er entgeistert. "Ja, und? Schließlich ist es mein Geld!", kontert Lazarus Jacobs unbekümmert.
Mit diesem Sketch hat Komiker L. Jacobs mal wieder den Nagel auf den Kopf getroffen. So ähnlich funktioniert die kleine Theaterszene Namibias. Mehr noch, der Sketch schien - ob gewollt oder nicht - das Fazit des Abends vorwegzunehmen: Bescheidenheit ist eine Zier, doch weiter kommt man ohne ihr.
Dieses deutsche Sprichwort scheint sich besonders der Hauptgewinner des Abends zum Lebensmotto gemacht zu haben: Autor und Regisseur Freddy Philander, bekannt für seinen lauten Bulldozer-Charme. Die Stücke des freiberuflichen Kulturreporters der Zeitung "New Era" waren für jede einzelne der acht Kategorien der Namibia Theatre Awards 2007 nominiert. "Me!", "Das bin ich!", "Schon wieder ich!", brüllte der Zwei-Meter-große Leiter der Theatergruppe "Comitted Artists of Namibia" (CAN) jedes Mal, wenn sein Name fiel. Und der fiel oft bei der Verleihung der namibischen Theaterpreise. Philanders Politsatire "Katutura '59", 1986 uraufgeführt, wurde zum besten Theaterstück der zehn bewerteten gekürt. In vier von sieben weiteren Kategorien gewannen seine Schauspieler, und zum Schluss wurde er auch noch mit dem "Recognition Award" für sein Lebenswerk ausgezeichnet.
"Es ist ironisch", poltert Philander, als er aufgefordert wird, eine Stehgreifrede zu halten, "dass unsere Arbeit nun endlich auch hier zu Hause in Namibia anerkannt wird, nachdem die ganze Welt uns schon kennt und bewundert!" Er meint es durchaus ernst, das mit dem Weltruhm - und zieht zur Bestätigung seine größte Trumpfkarte: "Zwei Weltstars", und hier beginnt Frederick Philander aufgeregt mit den Armen zu rudern, als würde er ein Orchester dirigieren, "nämlich Angelina Jolie und Brad Pitt, haben den Wert unserer Arbeit erkannt und uns unterstützt!" Tatsächlich soll der Theaterautor und -regisseur Sponsoring von der Jolie-Pitt-Foundation für seine teils mehr als 20 Jahre alten Theaterstücke erhalten haben, von denen im Rahmen der Namibia Theatre Awards 2007 insgesamt drei von der Jury begutachtet wurden ("Katutura'59" - 1986, "The Mole People" - 1988, "The Bigamist" - 2006).
Als Philander endlich wieder die Bühne verlässt, herrscht betretene Stille im Auditorium des Nationaltheaters. Nur in den vordersten Reihen, wo die Finalisten und Preisgewinner sitzen, sind einzelne Bravo-Rufe für "Freddy" zu hören.
Bescheidenheit steht Künstlern gar nicht so schlecht, wissen dagegen die meisten anderen Preisgewinner: Für Tanya Terblanche, die zuvor für ihr Stück "Leah B" als beste Regisseurin ausgezeichnet wurde, schwoll tosender Applaus an. Ebenso für ihre Darstellerin in "Leah B", die attraktive Lize Kubersky, die mit dem Preis für die beste weibliche Hauptrolle geehrt wurde, oder für den introvertierten Tontechniker Basil de Waldt. Der nahm mit verdatterter Miene sowohl den "Best Actor Award" als auch den "Best Supporting Role Award" entgegen (beide für Philander-Inszenierungen).
Dies waren Stars, mit denen das Publikum sympathisieren konnte. Aber so was wird ein Freddy Philander wohl niemals begreifen. Bescheidenheit ist eine Zier, doch weiter kommt man ohne ihr.
Die Preisträger der Namibia Theatre Awards 2007
Best Director Award: Tanya Terblanche für "Leah B" (N$ 10.000, gesponsert von der finnischen Botschaft)
Best Actor Award: Basil de Waldt für "The Bigamist" von Freddy Philander (N$ 10.000, gesponsert von First National Bank Foundation)
Best Actress Award: Lize Kubersky für "Leah B" von Tanya Terblanche (N$ 10.000, gesponsert von Kobi Alexander Enterprises)
Ombili Katangolo Newcomer Award: Intila Katambo für "The Bigamist" von Freddy Philander (N$ 3.000, gesponsert von Paragon Investment Holding)
Best Supporting Role Award: Basil de Waldt für "The Mole People" von Freddy Philander (N$ 3.000, gesponsert von der Stadt Windhoek)
Best Costume, Stage Set and Technical Presentation Award: "Katutura '59" von Freddy Philander (N$ 3000, gesponsert von NamPower)
Best Overall Play Award: "Katutura '59" von Freddy Philander (Einladung zu einem Kulturfestival der Wahl in der SADC-Region, gesponsert von Bank Windhoek)
Public Choice Award: Morris Kalunduka für "Ubu Roi" von Queran Kannemeyer (N$ 3000, gesponsert von National Arts Council of Namibia)
Recognition Awards: für Aldo Behrens und Freddy Philander für ihre Beiträge zur Entwicklung der namibischen Theaterszene, gesponsert von der indonesischen Botschaft.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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