Beziehung afrikanischer Staaten zu alten Kolonialmächten im Wandel
Nicht nur China genießt den Rollenwechsel vom Bittsteller zum Geber in seinem Verhältnis zu Europa und den USA. Auch viele Staaten in Afrika glauben mittlerweile, in den Beziehungen zu den alten Kolonialmächten im Norden zunehmend am längeren Hebel zu sitzen. Während zum Beispiel Spanien oder Großbritannien mit einer schweren Schuldenkrise und sozialen Unruhen kämpfen, rühmen sich eine Reihe afrikanischer Staaten wie etwa Angola oder Ghana höherer Wachstumsraten und vermehrter Kapitalzuflüsse. In mancher Hinsicht erinnert die Lage frappant an die frühen 1990er Jahre, als Afrika unter dem Diktat der Weltbank stand und mit harten Strukturanpassungsmaßnahmen zur Gesundung seiner (desolaten) Finanzlage gedrängt wurde.
Ein besonders eindrückliches Beispiel für die neue Dynamik liefert das Verhältnis Angolas zu seiner früheren Kolonialmacht Portugal. Angesichts der schweren Finanzkrise im eigenen Land ziehen immer mehr Fachkräfte aus Portugal in die 1975 unabhängig gewordene Kolonie. Waren die Portugiesen damals noch Hals über Kopf vor dem Bürgerkrieg nach Norden geflohen, ziehen heute viele in die andere Richtung: Nach Angaben des portugiesischen Außenministeriums waren 2009 rund 100000 Portugiesen als angolanische Staatsbürger registriert - fast doppelt so viele wie noch im Jahr zuvor.
Dank seines Ölreichtums zählt Angola derzeit zu den wenigen wirtschaftlichen Erfolgsgeschichten in Afrika. Inzwischen ist das Land gleich hinter Nigeria zum zweitgrößten Ölförderer in Schwarzafrika aufgestiegen - und mit einem Anteil von 25% zum größten ausländischen Öllieferanten Chinas geworden. Im Gegenzug hat Peking den Angolanern Kredite in Höhe von fast 15 Milliarden US$ gewährt. Kein Wunder, dass Angolas Wirtschaft in diesem Jahr um fast 8% wachsen soll, allerdings von einer niedrigen Basis. Immer mehr portugiesische Baufirmen legen ihr Augenmerk inzwischen auf die frühere Kolonie. Zudem dominiert Portugal den angolanischen Finanzsektor.
Doch auch hier scheint sich das Blatt zu wenden: Bei seinem jüngste Besuch in Lissabon erklärte Angolas Außenminister Paulo Portas jedenfalls, sein Land werde das von der EU verordnete Privatisierungsprogramm für Portugal genau studieren. Als Speerspitze der Angolaner fungiert dabei nach Angaben des britischen "Economist" Angolas hochprofitable staatliche Ölfirma Sonangol, der bereits jetzt ein Anteil von 12% an der Millenium BCP gehört, der größten börsennotierten Bank in Portugal. Daneben strebt Sonangol offenbar eine Beteiligung an Portugals staatlicher Energiefirma GALP an.
Bereits seit längerem besitzt zudem Isabel dos Santos, die älteste Tochter des seit über 30 Jahre herrschenden angolanischen Präsidenten Eduardo dos Santos, mit ihrer angolanischen Banco BIC einen Anteil von fast 10% an Portugals Banco Portugues de Investimento. Daneben hat die Bank der Präsidententochter gerade für 58 Mio. US$ die portugiesische BNP-Bank erworben, deren Verkauf der Internationale Währungsfonds (IWF) zuvor zur Auflage für ein neues Hilfspaket an Lissabon gemacht hatte.
Afrika scheint die neue Rolle zu genießen: Als London im letzten Monat von schweren Unruhen geschüttelt wurde, verbreitete das südafrikanische Außenministerium sogleich eine Reisewarnung für all seine Bürger, die nach Großbritannien reisen wollten. Nicht wenige Beobachter sahen in der Warnung indes wenig mehr als einen Racheakt für die vielen Breitseiten, die die britische Presse im Vorfeld der Fußball-WM 2010 gegen das Ausrichterland Südafrika und dessen Fähigkeit abgeschossen hatte, ein sicheres Turnier zu garantieren. Deutlich wurde dies auch daran, dass viele südafrikanische Zeitungen zuletzt unisono hinterfragten, ob London die Ausrichtung einer sicheren Olympiade im nächsten Jahr zuzutrauen sei.
Allerdings vergessen viele Afrikaner bei aller verständlichen Schadenfreude, das noch immer fast alle Staaten auf dem eigenen Kontinent in weit schlechterer Verfassung als selbst das besonders hart getroffene Griechenland sind - und wie Somalia oft nicht einmal mehr staatliche Strukturen haben. Allein der Blick auf die desolate Lage am Horn vom Afrika oder in den Kongo, das kranke Herz des Kontinents, verdeutlichen, dass das neue Verhältnis von Angola zu Portugal eine Ausnahme bleibt.
Symptomatisch für die Apathie der afrikanischen Regierungen gegenüber dem eigenen Kontinent ist die gegenwärtige Hungersnot am Horn von Afrika. Während man sich in Pretoria oder Nairobi gerne mit dem vermeintlich neuen Kräfteverhältnis gegenüber den einstigen Kolonialherren brüstet, versorgen Europa und Amerika die Notstandsgebiete im Nordosten Afrikas mit Geld und Nahrung. Dass in Afrika hehren Worten nur selten Taten folgen, bewies die Afrikanische Union (AU) erst Anfang August, als sie eine damals anberaumte Geberkonferenz für die Hungersnot ohne Angabe von Gründen um drei Wochen verschob. Doch selbst dann folgten nur vier Präsidenten der 53 AU-Mitgliedsstaaten dem Aufruf, darunter die Staatschefs der unmittelbar betroffenen Länder Äthiopien, Dschibuti und Somalia. Noch peinlicher war, dass statt konkreter Hilfszusagen nur lose Versprechungen für kaum 20 Mio. US$ gemacht wurden - weniger als allein die Schweiz für die Hungersnot spendete. Während in Kenia vier Millionen Menschen unter Hunger leiden, wehren sich seine Parlamentarier, ihre für Afrika absurd hohen Bezüge von rund 9000 US$ im Monat zu besteuern, wie es die neue Verfassung ihnen eigentlich vorschreibt.
Ein besonders eindrückliches Beispiel für die neue Dynamik liefert das Verhältnis Angolas zu seiner früheren Kolonialmacht Portugal. Angesichts der schweren Finanzkrise im eigenen Land ziehen immer mehr Fachkräfte aus Portugal in die 1975 unabhängig gewordene Kolonie. Waren die Portugiesen damals noch Hals über Kopf vor dem Bürgerkrieg nach Norden geflohen, ziehen heute viele in die andere Richtung: Nach Angaben des portugiesischen Außenministeriums waren 2009 rund 100000 Portugiesen als angolanische Staatsbürger registriert - fast doppelt so viele wie noch im Jahr zuvor.
Dank seines Ölreichtums zählt Angola derzeit zu den wenigen wirtschaftlichen Erfolgsgeschichten in Afrika. Inzwischen ist das Land gleich hinter Nigeria zum zweitgrößten Ölförderer in Schwarzafrika aufgestiegen - und mit einem Anteil von 25% zum größten ausländischen Öllieferanten Chinas geworden. Im Gegenzug hat Peking den Angolanern Kredite in Höhe von fast 15 Milliarden US$ gewährt. Kein Wunder, dass Angolas Wirtschaft in diesem Jahr um fast 8% wachsen soll, allerdings von einer niedrigen Basis. Immer mehr portugiesische Baufirmen legen ihr Augenmerk inzwischen auf die frühere Kolonie. Zudem dominiert Portugal den angolanischen Finanzsektor.
Doch auch hier scheint sich das Blatt zu wenden: Bei seinem jüngste Besuch in Lissabon erklärte Angolas Außenminister Paulo Portas jedenfalls, sein Land werde das von der EU verordnete Privatisierungsprogramm für Portugal genau studieren. Als Speerspitze der Angolaner fungiert dabei nach Angaben des britischen "Economist" Angolas hochprofitable staatliche Ölfirma Sonangol, der bereits jetzt ein Anteil von 12% an der Millenium BCP gehört, der größten börsennotierten Bank in Portugal. Daneben strebt Sonangol offenbar eine Beteiligung an Portugals staatlicher Energiefirma GALP an.
Bereits seit längerem besitzt zudem Isabel dos Santos, die älteste Tochter des seit über 30 Jahre herrschenden angolanischen Präsidenten Eduardo dos Santos, mit ihrer angolanischen Banco BIC einen Anteil von fast 10% an Portugals Banco Portugues de Investimento. Daneben hat die Bank der Präsidententochter gerade für 58 Mio. US$ die portugiesische BNP-Bank erworben, deren Verkauf der Internationale Währungsfonds (IWF) zuvor zur Auflage für ein neues Hilfspaket an Lissabon gemacht hatte.
Afrika scheint die neue Rolle zu genießen: Als London im letzten Monat von schweren Unruhen geschüttelt wurde, verbreitete das südafrikanische Außenministerium sogleich eine Reisewarnung für all seine Bürger, die nach Großbritannien reisen wollten. Nicht wenige Beobachter sahen in der Warnung indes wenig mehr als einen Racheakt für die vielen Breitseiten, die die britische Presse im Vorfeld der Fußball-WM 2010 gegen das Ausrichterland Südafrika und dessen Fähigkeit abgeschossen hatte, ein sicheres Turnier zu garantieren. Deutlich wurde dies auch daran, dass viele südafrikanische Zeitungen zuletzt unisono hinterfragten, ob London die Ausrichtung einer sicheren Olympiade im nächsten Jahr zuzutrauen sei.
Allerdings vergessen viele Afrikaner bei aller verständlichen Schadenfreude, das noch immer fast alle Staaten auf dem eigenen Kontinent in weit schlechterer Verfassung als selbst das besonders hart getroffene Griechenland sind - und wie Somalia oft nicht einmal mehr staatliche Strukturen haben. Allein der Blick auf die desolate Lage am Horn vom Afrika oder in den Kongo, das kranke Herz des Kontinents, verdeutlichen, dass das neue Verhältnis von Angola zu Portugal eine Ausnahme bleibt.
Symptomatisch für die Apathie der afrikanischen Regierungen gegenüber dem eigenen Kontinent ist die gegenwärtige Hungersnot am Horn von Afrika. Während man sich in Pretoria oder Nairobi gerne mit dem vermeintlich neuen Kräfteverhältnis gegenüber den einstigen Kolonialherren brüstet, versorgen Europa und Amerika die Notstandsgebiete im Nordosten Afrikas mit Geld und Nahrung. Dass in Afrika hehren Worten nur selten Taten folgen, bewies die Afrikanische Union (AU) erst Anfang August, als sie eine damals anberaumte Geberkonferenz für die Hungersnot ohne Angabe von Gründen um drei Wochen verschob. Doch selbst dann folgten nur vier Präsidenten der 53 AU-Mitgliedsstaaten dem Aufruf, darunter die Staatschefs der unmittelbar betroffenen Länder Äthiopien, Dschibuti und Somalia. Noch peinlicher war, dass statt konkreter Hilfszusagen nur lose Versprechungen für kaum 20 Mio. US$ gemacht wurden - weniger als allein die Schweiz für die Hungersnot spendete. Während in Kenia vier Millionen Menschen unter Hunger leiden, wehren sich seine Parlamentarier, ihre für Afrika absurd hohen Bezüge von rund 9000 US$ im Monat zu besteuern, wie es die neue Verfassung ihnen eigentlich vorschreibt.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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