„Big Five“ im Visier: Kritik an Trophäenjägern
Im Dickicht bewegt sich etwas. Stan Burger und sein Fährtensucher pirschen sich langsam und lautlos heran, setzen das Gewehr auf ein Stativ, um ihm besseren Halt zu geben, und zielen. Dann fällt ein Schuss. Sekunden später taucht der südafrikanische Jäger wieder aus dem Gebüsch auf und schleppt zusammen mit seinem Helfer ein totes Buschschwein heran, das aus einer Wunde am Hals blutet. „Ein sauberer Schuss“, sagt er. „Das Tier aß gerade Gras und war auf der Stelle tot, als die Kugel es traf.“
Ähnliche Szenen wie hier in der nördlichen Provinz Limpopo spielen sich sehr häufig in den rund 10000 privaten Wildreservaten Südafrikas ab, wo reiche Ausländer viel Geld auf den Tisch legen, um einige der berühmtesten Tiere des Kontinents zu erlegen. „Unsere Kunden kommen, um ein afrikanisches Abenteuer zu erleben, von dem sie lange geträumt haben“, sagt Burger, der selbst ein Reservat betreibt und im November die Präsidentschaft des südafrikanischen Berufsjägerverbandes PHASA übernehmen soll.
Die professionelle Trophäenjagd ist in dem Schwellenland ein millionenschweres Geschäft und bringt offiziellen Angaben zufolge jährlich eine Milliarde Rand (70 Millionen Euro) ein. Die überwiegende Mehrheit der Klienten kommt aus den USA, gefolgt von Europa. Auch aus Australien und Japan gibt es Anmeldungen. Die Preise beginnen bei 350 Euro für eine Impala-Antilope.
Wer allerdings die legendären „Big Five“ vor die Flinte bekommen möchte – also einen Löwen, einen Elefanten, einen Büffel, einen Leoparden und ein Nashorn –, der zahlt bis zu 175000 Euro für 21 Tage, inklusive Unterbringung im Luxuscamp und Pirschfahrten im Geländewagen. Wenn ein vom Jäger gewünschtes Tier nicht in einem bestimmten privaten Reservat zu finden ist, dann weichen die Veranstalter auch mal in regionale Schutzgebiete, in denen Jagen erlaubt ist, und in die Nachbarländer wie Simbabwe und Mosambik aus.
In aller Munde – und vor allem in der Kritik – ist die professionelle Jagd wieder geraten, seit ein amerikanischer Zahnarzt im Juli im Westen von Simbabwe den Löwen Cecil erschossen hatte. Das mächtige Tier war Teil eines Forschungsprojekts der Universität Oxford. Die Umstände seines Todes waren fragwürdig: Angeblich hatte der Jäger die mit einem GPS-Halsband ausgestattete Raubkatze verbotenerweise aus einem Nationalpark gelockt und mit einem Pfeil verwundet. Erst 40 Stunden später konnte er das blutende und leidende Tier wieder aufspüren und töten. Auch der Abschuss eines ungewöhnlich großen Elefanten mit 109 Kilo schweren Stoßzähnen durch einen ausländischen Jäger hatte zuletzt internationale Tierschützer auf den Plan gerufen.
Es sei „moralisch nicht vertretbar“, Trophäenjagd zu betreiben, sagt die Löwenschützerin Linda Park. „Das ist ein Überbleibsel aus der Kolonialzeit, als es noch die Großwildjagd der Weißen gab.“ Mehrere Fluglinien haben angekündigt, dass sie keine Trophäen wilder Tiere mehr transportieren werden, während Australien die Einfuhr von Körperteilen von Löwen gänzlich verboten hat. Auch die Europäische Union hat ihre Regelungen für derartige Importe verschärft.
Die südafrikanische Jagdindustrie versucht derweil, ihren schwer angeschlagenen Ruf wieder rein zu waschen. Sie argumentiert, dass mit den Geldern der ausländischen Jäger ganze Gebiete aufgeforstet worden seien, wodurch wiederum die Zahl der wilden Tiere in Südafrika wieder zunehme. Laut PHASA leben derzeit rund 16 Millionen Tiere auf den 20 Millionen Hektar, die zu privaten Reservaten gehören.
Zudem beschäftige der Sektor etwa 100000 Menschen, während das Fleisch der Beute an Angestellte und Menschen in den umliegenden Ortschaften verteilt werde. Auch beschäftigten die Wildreservate Ranger, wodurch illegale Wilderei eingedämmt werden könne. Die Regierung steht hinter den Jägern und lobt die wirtschaftlichen Vorzüge des Industriezweiges.
Dennoch: Tieraktivisten lassen sich von den Argumenten nicht überzeugen. „Die steigende Zahl von Tieren, die in kleinen, unnatürlichen Camps gehalten werden, ist kein echtes Zeichen dafür, dass die Artenvielfalt wieder zunimmt“, meint Ainsley Hay von der südafrikanischen Gesellschaft zur Verhinderung von Tierquälerei. Es stimme auch nicht, dass die Jäger hauptsächlich auf ältere Tiere abzielten. „Die Trophäenjagd ist unnötig und weder im Interesse des einzelnen Tieres noch der gesamten Art“, so Hay.
Burger erklärt hingegen, beim Jagen gehe es nicht nur um das Töten. Wichtig sei auch die Erfahrung, in der Natur zu sein. Er kritisiert Jäger, die mit einem Fuß auf der Beute für Fotos posieren. „Wir haben einem Tier das Leben genommen“, sagt er und schaut auf das reglose Buschschwein. „Da müssen wir etwas Respekt zeigen.“
Sinikka Tarvainen, dpa
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Allgemeine Zeitung
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