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Biltong von Hirsch und Oryx-Antilope

Der Namibier Bernd Rust stellt im Allgäu Biltong her, das er weltweit exportiert – auch nach Namibia
Praktikant WAZon
Von Jessica Bürger, Windhoek

Sie tragen den Namen „Mandel-Mix“, „Hot Chutney“ oder „Chakalaka Fat and Juicy“ – Bernd Rusts Biltong-Produktionen. Allerdings verkauft er diese nicht etwa in Namibia, sondern im deutschen Kempten im Allgäu. „Wie in Namibia auch stellen wir unser Biltong für unterwegs und zum Genießen her“, erklärt Rust. Es gäbe natürlich auch diejenigen, die nur im Sommer seine Spezialangebote für Braais und Grillabende kaufen, oder die Sportler und Bodybuilder, die „Biltong Sliced“ bestellen, die gesündere und billigere Form vom amerikanischen BeefJerky. Die richtigen Biltong-Liebhaber jedoch kaufen große Stücke mit einem leichten Fettrand und der Original-Würzmischung. Doch wie kommt es, dass ein Namibier in Deutschland Biltong verkauft und dieses mittlerweile auch weltweit verkauft?

Bernd Rusts Urgroßvater war 1904 mit der Woermann-Linie nach Südwestafrika gekommen und hatte sich in der Nähe von Windhoek eine Farm gekauft. Auf dieser wuchsen der heute 55-Jährige und seine drei Geschwister auf und bekamen die Geheimnisse der familieninternen Biltong-Herstellung quasi mit in die Wiege gelegt. „Es wurde überwiegend im Winter hergestellt“, erinnert sich Rust. Dann war Jagdsaison und die Hitze war nicht mehr so unerträglich. „Trotzdem haben wir das Fleisch mit Essig eingerieben, um die Fliegen fernzuhalten.“ Getrocknet wurde unter dem Dach, wo Temperatur und Luftfeuchtigkeit optimal waren.

Der Kaufhauscop und sein Biltong

Ähnlich geht Rust auch in Deutschland vor. Zur Verarbeitung wird die Unterschale des Fleisches genutzt, die so genannte „silverside“, die weniger Fett hat und zudem sehnenfrei ist. Sie wird in Streifen geschnitten, mariniert und getrocknet. Allerdings bei einer ganz anderen Temperatur als in Namibia; in Deutschland ist die Luftfeuchtigkeit viel höher und das Fleisch wird schneller faul. Daher ist Rusts Biltong auch nicht so lange haltbar, maximal fünf Monate. Der Umbau der Produktionsräume dauerte damals gefühlte Ewigkeiten, dafür kann Rust seitdem die gesamte Produktion unter einem Dach abschließen, angefangen bei der Verarbeitung über die Trocknung bis hin zum Versand. So stellt der Namibier in Deutschland monatlich bis zu einer Tonne Fleisch her, was mindestens zwei Tonnen Rohfleisch bedeutet, da Biltong in der Trocknungsphase die Hälfte seines Gewichts einbüßt.

Dabei hatte Rust gar nicht geplant, in Deutschland Biltong herzustellen. Er wanderte 1980 von Namibia aus, um in Deutschland eine Kochlehre zu machen, die rückblickend einige Überraschungen für ihn bereithielt. Dort lernte er nämlich nicht nur seine Frau kennen, sondern schlug später einen vollkommen anderen Weg ein. „Eine Zeit lang arbeitete ich als Kaufhausdetektiv“, erzählt Rust, „bis die Bezahlung zu schlecht wurde. Ich wechselte in die örtliche Käserei in Kempten und war zwölf Jahre für die Schmelzkäseproduktion tätig“. Da begann er, nebenbei die hauseigene Biltong-Produktion aufzubauen. Anfangs waren es bloß kleine Mengen gewesen, gedacht für Familie und Freunde. Relativ schnell verbreitete sich jedoch die Nachricht, dass dort jemand im Allgäu namibisches Biltong herstellte und die Produktion wuchs stetig. Seit 2014 ist die Herstellung nun Rusts einziges Standbein und sein Angebot enthält nicht mehr nur Biltong, sondern auch Droèwors, deutsche Fleischspezialitäten und Souvenirs aus Namibia.

Exotik pur

Rusts Biltong ist ein besonderes Biltong, nicht nur, weil es im Allgäu hergestellt wird. Das Fleisch selbst ist schon eine Besonderheit. Natürlich verarbeitet der gelernte Koch deutsches Fleisch wie Hirsch und Rind, das er von einem regionalen Schlachthof in Kempten bezieht, aber er bezieht auch exotisches Fleisch von einem Direkt-Importeur. Dieser bietet nicht nur Strauß oder Kamel an, sondern auch Zebra, Krokodil, Känguru und Bison. Dafür kostet das Kilo Fleisch ein kleines Vermögen. Zebra ist mit seinen 150 Euro für vier Kilo noch vergleichsweise billig, vier Kilo Bisonfleisch hingegen kosten bereits 400 Euro. Gerade Antilopenfleisch ist sehr begehrt, seitdem in Namibia die Maul- und Klauenseuche ausgebrochen ist.

Das macht auch gleich die zweite Besonderheit des Biltongs aus, denn Rust exportiert auch nach Namibia. Verschiedene Restaurants geben mehrmals jährlich kleinere Bestellungen auf, die Rust dann in den südlichen Teil Afrikas verschickt – so paradox das auch klingen mag. Außerdem macht hier der Zoll weniger Schwierigkeiten. Exporte, die nach Südkorea, Brasilien oder Mexiko gehen, werden ab und zu vom Zoll abgefangen und vernichtet. Aus diesem Grund hat Rust Israel als Importeur verloren. 99% seines Verkaufs gehen über Online-Bestellungen. Vorort-Verkäufe direkt aus der Produktion kommen nur sehr selten vor.

Der eigentliche Renner des deutschen Biltongs sind jedoch die Gewürze. Als Grundstock verwendet Rust Salz, Pfeffer, Essig und Koreander und mischt je nach Bedarf etwas Chili und Paprika darunter. Er pocht auf seinen Grundsatz: „Wir wollen gesundes, natürliches Biltong herstellen. Kein Zucker, keine Glutamate, keine Konservierungsstoffe.“ Nach der Grundwürzung wird es abgefahren. Schokolade mit Chili, Ananas mit Kokos, Mango und Morenga oder, für die kühle Weihnachtszeit in Deutschland, Biltong mit Lebkuchen- oder Glühweingeschmack. Es gibt keinen Geschmack, den Bernd Rust nicht im Sortiment hat. Und für Kleinkinder, die gerade Zähne bekommen, gibt es Baby-Biltong.

Nächster Halt: Einzelhandel

Doch die Herstellung lief nicht immer so gut. In Deutschland gibt es mehrere Hersteller, die unter dem Namen „Biltong“ Fleisch verkaufen, allerdings mit chemischen Zusätzen. 2008 versuchte ein Mitbewerber aus Berlin auf das Wort „Biltong“ ein Patent anzumelden. Das Patentamt befand das Wort für Trockenfleisch so imposant, dass es ohne weiter nachzuforschen die Schutzrechte vergab. „Da durfte ich mein Fleisch nicht länger als „Biltong“ verkaufen und entschied kurzerhand das Wort „Bilton“ abzuleiten, um weiterhin mein Fleisch verkaufen zu können“, erzählt Rust. Trotzdem legte er Einspruch ein und nach sechs Monaten Rechtsstreit musste der Berliner, der gebürtiger Südafrikaner war, seine Markenrechte wieder abgeben.

Rust plant nun lieber für die Zukunft. Er will seinen Lebensmittelpunkt wieder nach Namibia verlegen, wenn in Deutschland der Winter einkehrt – er vermisst die namibische Hitze. Sein ältester Sohn Stephan, der bereits jetzt bei der Produktion hilft, soll das Geschäft in ein paar Jahren übernehmen und weiterführen. „Unser nächstes Ziel ist, unsere Ware in den Einzelhandel zu bringen. Dafür brauchen wir allerdings noch entsprechende Investoren.“ Sollte Rust den Absprung schaffen, schwebt ihm die Herstellung von drei bis vier Tonnen Fleisch monatlich vor, für deren Produktion er jedoch größere Räume anmieten müsste, bis der Umbau seiner eigenen Hallen fertig ist. Dann würde ihm auch keine Gefahr mehr von anderen Biltong-Herstellern drohen. Bernd Rust wäre dann der größte Anbieter seiner speziellen Biltong-Produktion mit Lebkuchen- und Chakalaka-Gewürzen auf dem europäischen Markt.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-22

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