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Botes: Wir befinden uns in einer gefährlichen Konstellation

Quinton Steele Botes, Sportlicher Berater des Namibischen Leichtathletikverbandes, hat ein turbulentes Jahr 2003 erlebt. Attacken gegen seine Person, Rassenkonflikte und sportliche Misserfolge standen an der Tagesordnung. Dieses Jahr soll es wesentlich besser werden. Andreas Shiyoo sprach für die AZ über das turbulente Jahr, die bestehenden Probleme und die sportlichen Ziele für die Zukunft.

AZ: Der namibische Leichtathletikverband hat sich im vergangenen Jahr wegen interner Querelen negativ in den Schlagzeilen gebracht. Was ist eigentlich vorgefallen?





Q. Botes: Es waren Leute im Exekutivkomitee, die nicht im Interesse des Namibischen Leichtathletikverbandes gearbeiten haben, sondern eigene Interessen verfolgen. Sie wollten sich selbst ins Rampenlicht bringen. Weil diese Leute nicht das gewisse "Know-how" hatten, sind sie plötzlich in Panik geraten. Außerdem haben sie sich nichts sagen lassen. Wenn einer es gemacht hat, wurde dann alles auf die rassistische Schiene geschoben. Mit politischen Mitteln haben sie versucht, uns aus dem Büro zu kriegen, was sie aber nicht geschafft haben. Im Nachhinein haben sich diese Leute persönlich bei mir entschuldigt und ich habe diese Entschuldigung auch akzeptiert. Ich kann jetzt sagen, dass uns dieses Problem zusammengeschweißt hat und wir wieder als Kollektiv arbeiten. Das größte Problem aber ist, dass wir wenige qualifizierte Trainer haben und uns deshalb in einer gefährlichen Konstellation befinden.





AZ: Einige Funktionären werfen Ihnen eine "One Man Show" vor. Außerdem sollen Sie nur diese Arbeit machen, um persönlich davon zu profitieren. Was sagen Sie zu diesen Vorwürfen?





Q. Botes: Das stimmt überhaupt nicht. Als Sportberater gehe ich voll und ganz meinen Pflchten nach, sonst hätte ich meinen Beruf verfehlt. Ich kann mit ruhigem Gewissen sagen, dass ich die einzige Person mit vier Sponsoren (Air Namibia, MTC, adidas und Avis) bin. Von diesen Sponsoren bekomme ich kein Geld, sondern nur materielle Unterstützung. Das heißt, ich fliege zum Beispiel kostenlos zu Trainerlehrgängen oder anderen sportlichen Aktivitäten, die landesweit in Namibia angeboten werden. Am Ende profitieren eigentlich Andere, weil sie meine Flüge und diverses Trainigsmaterial nicht bezahlen müssen. Ich habe da einen ganz interessanten Spruch: Lasse etwas passieren und warte nicht auf etwas damit was passiert.


Ich habe leider so eine Persönlichkeit, dass ich für den Sport etwas schaffen möchte. Aber überall im Leben gibt es Neider und Neid muss man sich wahrlich erkämpfen.





AZ: Namibias Medaillenhoffnung für die Olympischen Spielen in Athen, Frankie Fredericks, hat sich ebenfalls zu diesen Querelen geäußert und meinte, dass sich alle Beteiligten an die eigene Nase fassen müssen, um in Zukunft Erfolg zu haben. Stimmen Sie dem zu?





Q. Botes: Ja. In dieser Hinsicht hat Fredericks vollkommen recht. Frankie ist hier ein Idol und er weiß was er sagt. Wir müssen in Zukunft als Einheit fungieren, um Erfolg zu haben. Jeder der sich qualifiziert, sollte sich richtig reinhängen und das Beste daraus machen.





AZ: Könnten Sie sich Frankie Fredericks als Präsident des namibischen Leichtathletikverbandes vorstellen?





Q. Botes: Ja, auf jeden Fall. Er ist der richtige Botschafter für unser Land und natürlich für die Jugend. Der Tag an dem er das Ruder übernimmt, wäre in meinem Leben der schönste. Fredericks ist ein echter Fachmann, der sich in seinem Gebiet auskennt und den richtigen Fühler für alles hat. So einen brauchen wir.





AZ: Fredericks ist mit 36 Jahren die Nummer 1-Medaillen-Hoffnung für die Olympischen Spielen 2004 in Athen. Ist es nicht ein Armutszeugnis, dass die einizigen Hoffnungen auf einen 36-Jährigen ruhen?





Q. Botes: Das ist sehr bitter und natürlich ein Armutszeugnis. Die Gründe dafür sind Mangel an System und Geldern, um die Talente bis zum Spitzensport zu förden. Wir brauchen eine "School of Excellence" um so etwas durchzuziehen, aber dafür ist leider kein Geld da.





AZ: Fredericks wird nach den Olympischen Spielen seine Karriere definitiv beenden. Hat Namibia schon einige adäquaten Nachfolger für ihn gefunden?





Q. Botes: Wir haben mit Frank Pureza (400 m), Wilmarie de Bruin (Weitsprung), Hans von Lieres (Hochsprung) und Beate Naigambo (Marathon) ein namibisches Quartett, das das Potenzial hat, ganz groß rauszukommen. Um diese Sportler zu fördern haben wir einen deutschen Trainer verpflichtet, der sie gezielt aufbauen soll. Diesen Trainer müssen wir auch aus unserer eigenen Tasche bezahlen.





AZ: Wie sieht der Terminkalender für das Jahr 2004 aus?





Q. Botes: Wir blicken einem interessanten Jahr mit vielen sportlichen Ereignissen entgegen. In Namibia findet am 24. April das Bank Windhoek Grand-Prix-Leichtathletikmeeting statt. An dieser Veranstaltung werden Spitzensportler aus Südafrika, Botswana, Deutschland, Kenia und Nigeria teilnehmen. Vom 20. bis 22. September wird das nationale Bank Windhoek-Trainerseminar wieder angeboten und zwischen den 1. und 14. November bieten wir den Trainerkursus des Leichtathletiverbandes an. International werden wir uns am 15. und 16. Mai in Mauritius bei den "Southern Regional"-Jugendmeisterschaften (U-17) mit 15 Ländern messen. Am 29. und 30. Mai sind die Jugendmeisterschaften (U-19) in Botswana und vom 12. bis zum 16. Juli finden die Juniorenmeisterschaften (U-19) in Italien statt. Die Afrikameisterschaften werden vom 12. bis zum 18. Juli in Brazaville/Kongo ausgetragen. Hier werden auch unsere Spitzensportler wie Fredericks teilnehmen. Die Olympischen Spiele (13. bis 29. August) in Athen sind natürlich das Highlight für alle Sportler in diesem Jahr.





AZ: Wie soll der Standard hier verbessert werden, damit wir wieder konkurrenzfähig sind und nicht immer als "Underdogs" antreten müssen?





Q. Botes: Einige Trainer, Administratoren und auch die Politiker sollten drastisch einiges überdenken und spätestens jetzt eine professionelle Haltung vertreten. Mit der gewissen professionellen und sportwissenschaftlichen Einstellung sollte auch das nötige Geld vorhanden sein, um in Zukunft wieder konkurrenzfähig zu sein. Wir sind nicht mal in Afrika ein ernstzunehmendes Land. Nach 14 Jahren Unabhängigkeit haben wir es in allen Sportarten versäumt, diesen wichtigen Schritt zu vollziehen. Den semiprofessionellen Status haben wir immer noch nicht geschafft. Da stimmt doch was nicht.





AZ: Über welche sportlichen Ereignisse haben Sie sich im vergangenen Jahr gefreut?





Q. Botes: Erstens habe ich mich über das Frankie Fredericks-Invitational-Meeting sehr gefreut. Zweitens die Afrikaspiele in Abuja/Nigeria, bei den Fredericks eine Silbermedaille gewinnen konnte. Persönlich habe ich mich aber über die Auszeichung für meinen Beitrag in der Entwicklung des namibischen Sportes, die ich vom Internationalen Olympischen Komittee (IOC) bekommen haben, sehr gefreut. Das war schon ein Highlight für mich.





AZ: Sie waren hinsichtlich der Rugbyweltmeisterschaft sehr zuversichtlich, dass Namibia mindestens zwei Siege einfahren kann. Die WM war für uns alle eine totale Katastrophe. Was ist Ihrer Meinung nach falsch gelaufen?





Q. Botes: Es ist einiges falsch gelaufen und das fing schon bei der Trainerfrage an. Wenn man eine Mannschaft für die WM vorbereitet, muss das gesamte Trainergespann vor Ort sein. Man kann keine Mannschaft der Welt über E-Mail oder Telefon vorbereiten. Das zweite Problem war das Management. Dieses hat alleine fürs Nichtstun N$ 33000 Taschengeld vom Verband bekommen und die Spieler als Haupakteure für die gesamte WM nur N$ 15000. Das verstehe ich nicht. Drittens sind wir noch Amateure und sollten aus diesem Grund bei unseren Zielvorvorstellungen immer realistisch bleiben. Jetzt hat der Namibische Rugbyverband vier Jahre Zeit, seine Hausaufgaben zu machen.





AZ: Welche Schlagzeilen würden Sie dieses Jahr gerne über den Namibischen Leichtathletikverband lesen?





Q. Botes: Ich würde gerne die folgenden Schlagzeilen lesen: Gute Organisation beim Leichtathletikverband / Fredericks gewinnt Goldmedaille bei den Olympischen Spielen / Neue und junge Talente werden gefördert.





AZ: Vielen Dank für das Gespräch.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-22

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