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Briefe 1893 - 1904
Briefe 1893 - 1904

Briefe 1893 - 1904

Von Hans Warncke alias „Hans Waffenschmied“ aus Windhoek und Hamaka (Teil 2/2)
Wiebke Schmidt
Angekommen 16. Januar 1902 Hamakari, den 2. Dezember 1901



Es hat jetzt schon mit dem Regen hier begonnen. Dies Jahr können wir das Haus noch nicht hoch bauen, wir müssen bis nächstes Jahr nach der Regenzeit warten. Aber ich habe jetzt Wellblech gebracht, sodaß wir wenigstens gut trocken sind. Ich hatte in Ka­ribib diesmal viel zu tun und war doch in 2 Tagen fertig und konnte wieder wegfahren. Das Gras ist unten auch zu schlecht. Unsere Ochsen sind diesmal mager geworden. Wenn es dies Jahr nur mehr regnet! Es hat etwas hier oben geregnet. Es ist eine fürchterliche Schwüle jetzt. Der Schweiß bricht einem aus allen Poren. Ich habe diesmal nach Karibib unterwegs 9 Steinböcke, 1 Springbock und 1 große Trappe geschossen. Mein Kompagnon will jetzt wieder ins Handelsfeld gehen. Und in 6 Wochen etwa werde ich wohl wieder nach Karibib fahren, um Reis und Mehl zu holen. Alle anderen Sachen haben wir jetzt genug im Voraus. Von Karibib bis hierher auf dem Wege handle ich im­mer, ich habe diesmal für etwa 750 Mark Vieh gehandelt beim Raufkommen. Soeben bringt ein Kaffer einen kleinen Strauß, doch wird er wohl tot gehen. Ich bin jetzt, Gott sei Dank, wieder ganz gesund. Ich bin ohne Chinin gesund geworden, es hilft mir nicht. Ich habe dir damals doch geschrieben, als ich mich verirrt hatte. Jetzt hat sich ein Händler, ein Mann, der erst kürzlich gekommen war, verirrt und ist verdurstet. Man hat zu spät gesucht, da man es nicht eher zu erfahren kriegte. Am 7ten Tag haben die ausgeschickten Soldaten ihn gefunden, tot, sitzend an einem Baum, die Leiche noch warm. Den Soldaten will man auf Festung schicken, da er den 6ten Tag mittags umgedreht ist, weil er Durst gekriegt hat. Hätte er bis zum Abend mit den Kaffern die Spur verfolgt, hätten sie ihn noch denselben Tag lebend gefunden. Der Arme ist schon so verwirrt gewesen, daß er 6-7x schon über den großen Weg gelaufen ist, ohne ihn zu sehen und ist gar nicht weit vom Wasser gewesen. Krämer heißt er.

Die Regierung hat jetzt auf Karibib keinen Store, der Medizinen verkaufen darf. Ich glaube, sie befolgt das Prinzip, die Ansiedler sterben zu lassen ohne Hilfe. Wenn hier draußen einer krank wird, der hat keine Hilfe. Und dabei das Verbot: Ein Händler darf keine Medizinen an die Kaffern verkaufen. In Karibib ist zwar ein Arzt, aber was nutzt das hier oben, 2 Wochen zu fahren entfernt von Karibib. Und die Handelssteuer ist erhöht auf 80 Mark für einen 3 Monate langen Handelszug! Und Kühe sollen nicht mehr verkauft werden. Da kümmert sich aber keiner drum. Ich habe hier oben keine Medizin, ich kann keine bekommen in Karibib. Überlege dir mal die Sache, 14 Tage von einem bewohnten Platz entfernt und stößt dir etwas zu, sitzt du da, hilflos wie ein Kind. Und das durch die Schuld der deutschen Regierung in einer deutschen Kolonie. Ansiedler bestrafen und schröpfen kann sie, aber helfen tut sie keinem. Nur einem, der mit dem Geld stark rasseln kann.

Ich glaube, im Auswärtigen Amt wissen sie ganz genau Bescheid über die Zustände hier. Aber sie stecken alle unter einer Decke. Es ist hier schlimmer als in Rußland. Über Prinz Ahrenberg (von Arenberg), der einen Eingeborenen getötet hat, da wird geschimpft. Die hohen Herrn, die hier die Ansiedler indirekt töten und moralisch [kaputt­machen?], sind aber angesehen.

Patronen, Pulver und Schrot werden einem in so geringen Mengen zugeteilt, daß man kaum sich das Raubzeug vom Halse schaffen kann. Und oben bei Owamboland wird Munition und alles eingeführt, Sklavenhandel getrieben usw. Wozu ist die Schutztrup­pe hier? Um die paar Ansiedler zu kontrollieren. Wozu ist das Heer der Beamten und Schreiber hier? Um die paar Ansiedler zu schikanieren. Wozu ist die elende Eisenbahn da? Damit die Herrn Beamten und Offiziere schnell nach Mund fahren können. Die Bahn ist keinen Groschen wert. Du sollst sehen, später wird sie ganz auf die Seite ge­worfen werden. Das ganze Material ist nichts wert. Ein kleiner Regen hat jetzt wieder alles zerstört, Brücke mit Zementpfeilern usw.

Doch jetzt lebe wohl. Gruß an Muttichen und alle Geschwister. Ist Onkel Martin wirklich so schwer krank? Wie traurig!

Nun noch mal vielen Dank für alles

Dein Sohn Hans

P.S. Diesmal schreibe ich bestimmt bald wieder. Wie lieb, daß du die Bücher und Brillen schicken willst. Besten Gruß von meinem Kompagnon K. Leinhos, unbekannterweise.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-17

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