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Briefe 1893 - 1904
Briefe 1893 - 1904

Briefe 1893 - 1904

Von Hans Warncke alias „Hans Waffenschmied“ aus Windhoek und Hamakari (64. Brief)
Wiebke Schmidt
Hamakari, den 25. Oktober 1903

Liebe Eltern!

Vaters Brief vom 28.7. kam vor etwa 8 Tagen in meine Hände, als ich von Karibib zurückkam. Ich hatte in Karibib viel um die Ohren und bin schnell wieder raus gefahren, da der Weg sehr schlecht war, ohne Gras und die Ochsen mager. Eine Karte mochte ich von Karibib aus nicht schreiben, da das keinen Wert hat und man doch nichts drauf mitteilen kann. Ich war diesmal in Karibib nicht im Stande, einen Schilling Kontant-Geld [Bargeld] zu bekommen; so konnte ich nichts an dich schicken. Die Stores unten haben selber kein Geld, Absatz ist schlecht für Vieh, doch hoffe ich auf die Bahn. Mein Kompagnon Leinhos will wegen Krankheit nach Deutschland und ich muß ihn jetzt auszahlen. Daher, weil er aus dem Geschäft austritt, kann ich dir augenblicklich leider kein Geld senden. Also lieber Vater, mußt du dich wieder mal noch gedulden, es geht wirklich nicht anders. Leinhos wird dich auf jeden Fall auch besuchen. Das Haus ist jetzt ganz fertig, von außen und innen verputzt. Mit Leinöl von außen zum Schutz gegen den Regen angestrichen, Waren-Regal, Toonbank [Verkaufstresen], Tische, alles habe ich selbst gemacht. Leider ist noch kein Regen gefallen, es ist sehr trocken überall. Ich mußte jetzt nach Karibib den Weg über Omaruru fahren, der ohne Gras ist, viele Klippen hat, sehr schwer ist und schlechte, scharfe Drehungen hat. Denn der andere Weg über Otjimukoka und Okarumatero war gesperrt und zwar wegen angeblicher Rinderpest. Jeder, der auf dem Weg getroffen wurde, mußte 21 Tage Quarantäne stehen.

Nun höre folgende Geschichte: Schluckwerder aus Karibib reitet nach seinem Posten bei Ovihakondua. Da kommen 20 Ochsen eines Hereros an, die im Felde bei altem Regenwasser lange gestanden haben und 2 verrecken an Darmkrankheit (infolge schlechten Wassers). Da sagt der Affe, das wäre Rinderpest, (obwohl sein Postenhalter, ein alter Engländer, ganz richtig sagt, es wäre Quellenseuche) schreibt nach Okahandja: Rinderpest, Hallo! Sofort kommt ein Tierarzt und Polizei. Die Ochsen des Hereros werden separiert und man wartet, daß wieder ein Ochse krank werden soll, um zu impfen. Aber keiner wird krank und es vergehen 2 Monate und die angeblich Rinderpest habenden Ochsen leben alle noch. Aber das ging doch nicht! Es war von der Polizei aus Pest angesagt, der ganze Weg gesperrt worden, also wenn nicht gutwillig, dann mit Gewalt! Von Seeis, einer Impf-Versuchsstation bei Windhoek, wird Galle holen lassen und damit wird jeder, der es nicht hindern kann, geimpft (nämlich seine Ochsen). 48 junge Ochsen eines Händlers „perfekte” wurden geimpft und 24 Stunden darauf sind sie alle tot bis auf 2 Stück. Die Galle war nämlich auf dem Transport von Seeis total verdorben, also direkt giftig. Jetzt ruft der Tierarzt einen zweiten, einen noch größeren Viehdoktor und alle beide konstatieren mit Hilfe der Polizei, daß die 46 Ochsen an Rinderpest tot gegangen wären, dabei waren sie direkt vergiftet, waren vor dem Impfen alle noch ganz gesund gewesen. Diese Geschichte wirft doch wohl ein famoses Licht auf die Impfmethode unserer Regierung.

Du frägst mich, wo unsere Werft ist. Werft heißt hier so viel als Wohnplatz, wo Vieh und alles Eigentum eines Ansiedlers steht. Wir haben unsere Werft direkt hier auf unserem Bauplatz. Das Vieh trinkt hier am Wasser und geht auf die Weide, was beim Kauf des Platzes mit den Hereros ausgemacht ist. - Jetzt haben die Owambos an dem Okavango den alten Pasch (Paasch) mit Familie abgemurkst. Auch einen gewissen Ahrund, der hier mit viel Geld durchgebrannt war, haben sie ermordet. Daß der alte Pasch (Paasch) tot ist, hat ja hier bei den Herrn Beamten und Offizieren große Billigung und Freude gefunden. Ich weiß, wie sich verschiedene Herrn öffentlich ausgelassen haben.

Du schreibst, daß hier aus dem Land Klagen an den Reichskanzler gegangen sind. Das ist richtig. Warum klagen die Leute? Weil die Verhältnisse hier so schlecht sind. Warum sind sie so schlecht? Weil die Verwaltung von Deutschland und von der hiesigen Regierung aus mit Gewalt darauf hinarbeitet, daß der Ansiedler schwer vorwärts kommt. Alle gewöhnlichen Lebensbedürfnisse sind schwer besteuert. Wo gibt es das in so hohem Maß in einer anderen Kolonie? Jede Art von Erwerb ist besteuert. Für Viehumsatz, für Geld, um es unter die Leute zu bringen, sorgt die Regierung nicht. Mit einer Darlehnskasse würde meiner Ansicht nach den Leuten auch nicht geholfen, oder die Kasse müsste Vieh als Zahlung für Geld nehmen. Eine Privatgesellschaft, die eine Kasse einrichtet, würde - glaube ich - große Verluste haben und müsste schließlich den Schuldnern noch viel mehr zu Leibe gehen, als die hiesigen Stores. Diese sind überhaupt nicht so schlimm, als sie immer gemacht werden. Wenn es irgend geht, warten sie zehnmal lieber auf ihre Außenstände, als daß sie die Leute von Haus und Hof jagen und womöglich bloß die Hälfte ihrer Forderung kriegen, während sie, wenn sie die Leute weiter arbeiten lassen, Aussicht haben, ihre ganze Forderung später zu bekommen. Für solche Leute aber, die der Store schon von Haus und Hof jagen läßt, hat eine Darlehnskasse auch keinen Zweck, denn sie buttern sich trotz des geliehenen Geldes immer tiefer rein und das Geld geht für die Kasse auch noch verloren. Eine Gesellschaft, die für Geld Vieh kaufen würde und es nachher nach Südafrika exportieren täte, die wäre allerdings sehr angebracht.

Was dieser Rust v. M. Lhisto schreibt von den Deutschen und Buren, ist Blödsinn. Von den ganzen Buren, die hier sind, sind 2/3 bankrott. Und faul sind sie, auf keinen Fall besser als die Deutschen! Anspruchslos sind die Buren allerdings; sie leben eben wie ein Kaffer, stehen aber auch in moralischer und gesellschaftlicher Hinsicht genau so da, wie ein solcher. Ich spreche selbstverständlich von den hiesigen Buren. Sie sind im Großen und Ganzen viel schlechter als ein Eingeborener; ein sittlicher Maßstab für ihre Handlungen geht ihnen absolut ab. Trotz ihrer Knauserei und ihrer Gaunereien bringen sie es aber auch zu nichts. Sie haben wieder Schaden durch ihre Faulheit und Dummheit. Diese meine Ansicht teilen fast alle Leute, die mit Buren lange gearbeitet haben (hier zu Lande). Es sind eben auch immer die schlechten hierher gekommen. Jetzt sollen ja einige sehr intelligente Buren gekommen sein. Die Buren haben das Schicksal, das sie in Südafrika den Engländern gegenüber getroffen hat, auch in einer Art verdient, da die Meisten sich als Feiglinge, Lumpen, Verräter und Elende gezeigt haben. Die Engländer natürlich noch mehr. Ich habe Schiel, Dr. Wet und Ben... gelesen. Was diese schreiben, wird doch wohl wahr sein. Aber jetzt will ich schließen. Hoffentlich seid ihr, liebe Eltern in guter Gesundheit.

Mit Gruß an die Geschwister in aller Liebe

Euer Sohn Hans

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-23

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