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Briefe 1893 - 1904  (56. Brief, Teil 1/2)
Briefe 1893 - 1904 (56. Brief, Teil 1/2)

Briefe 1893 - 1904 (56. Brief, Teil 1/2)

Von Hans Warncke alias „Hans Waffenschmied“ aus Windhoek und Hamakari
Wiebke Schmidt
Hamakari, den 9. September 1902

Liebe Eltern!

Ich bin lange nicht zum Schreiben gekommen, da ich ein neues Haus angefangen habe. Ich habe Steine vom Waterberg geholt zum Fundament, habe Backsteine ge­macht und bin jetzt mit dem Fundament halbfertig. Ich habe vor etwa 5 Wochen meine Photographien und Wildphotographien an euch geschickt. Es kam nämlich der Photo­graph Lange auf Waterberg durch, der bei einer Expedition war, die ein gewisser Dr. Gerber leitete, die nach dem Sambesi wollte, da bin ich rübergegangen und habe mich abnehmen lassen.

Geld habe ich noch nicht geschickt und ich weiß auch nicht, ob ich, wenn ich jetzt nach Karibib fahre, was schicken kann. Ich bin fast verzweifelt, nirgends 1 Schilling ba­res Geld zu kriegen. Kaum daß man die Handelssteuer und Wagenabgabe entrichten kann. Diese fordert die Regierung natürlich in barem Geld, aber Gelegenheit, um Geld zu bekommen, gibt sie dem Händler nicht. Es ist eine Wirtschaft jetzt hier im Lande, das ist doll! Jeder hofft, daß jetzt, wo in Südafrika Frieden ist, Absatz fürs Vieh geschaffen wird. Aber bei der Hoffnung ist es bisher geblieben. Die Stores haben alle ihre Viehpo­sten voll Vieh stehen, wissen nicht, wohin damit und sind bange, da das Risiko, soviel Vieh auf Posten zu haben, groß ist im Fall, wenn eine Seuche ausbricht. Die Stores wei­gern sich momentan direkt, Vieh als Zahlung anzunehmen, sagen, man soll lieber seine Schulden noch stehen lassen, man solle erst warten, bis der Absatz besser würde.

Wenn ich von Karibib aus Geld schicke, depeschiere ich gleich. Ich fahre in 10-14 Ta­gen, wenn Leinhos zurück ist, runter nach Karibib. Ich muß sehen, noch einen Wagen zu mieten zu bekommen. Denn ich muß Holz, Wellblech, Fenster und Holz für die Türen und auch Zement zum Fußboden suchen.

Was die Photographien anbetrifft, so sind es 7 von mir, 8 Wild-Bilder, 3 Kaffern-Bilder, 1 Bild des Hauses von Rösemann & Kronewitter aus Karibib, wo ich immer am meisten einkaufe. Ein Bild von Konrad (Conradt) bei seinem Wagen, dem bekannten Werfema­cher aus Südwest aus Rehoboth, ein Bild von einem Bekannten von mir mit seinem Wagen, der auch Händler ist. Es ist schlecht, daß man nie eine Gelegenheit hat; nach Windhoek oder Swakopmund komme ich nicht. Ich möchte mich gerne mal mit Wagen und Vieh photografieren lassen und euch schicken.

Was das Geschäft mit den Hereros betrifft, so geht es zwar gerade nicht besonders, aber doch so, daß man zufrieden sein kann. Ich habe nach Karibib geschrieben und angefragt, ob ich mein Vieh runterbringen soll; warte jeden Tag auf Antwort. Meine nächsten Nachbarn hier sind Reinecke (Reinicke) und Dewald (Debald), zwei jüngere Leute, welche das Geschäft von Wecke & Voigts auf Waterberg gepachtet haben. Die­selben haben auch die Post. Hermann Reinecke (Reinicke) ist ein Lübecker, der in der Charlottenstraße wohnte, dessen Vater (Buchhalter) tot ist. Er hat seinerzeit, als Friedel noch auf der Schule in Lübeck war, mit ihm und den Ostermanns viel verkehrt. Er läßt Friedel grüßen. Paul hat mir noch nicht geantwortet. Ich werde nächstens an Friedel auch schreiben.

Vor 8 Tagen habe ich deinen Brief vom 28. Juni erhalten. Geld schicke ich auf jeden Fall, sowie die Viehpreise wieder im Gange sind und Vieh gesucht wird und ich hoffe doch, im März, April nächsten Jahres wird die Regierung und die Grootstoren Viehtransporte nach Südafrika in Gang bringen. Vielleicht kann ich es auch schon schicken, wenn ich jetzt Anfang Oktober runter komme. Ich werde alles versuchen, um Geld zu kriegen. Wenn du etwas Mißtrauen hegst, ob es mit dem Viehabsatz hier wirklich so schlecht ist, wie ich schreibe, erkundige dich nur bei ande­ren. Aber was ist sonst hier zu machen? Buren und Farmen mit kleinem Kapital ist ein aussichtsloses Beginnen. Mir hat der Distriktschef von Okahandja neulich gesagt, du habest in einem Brief an die Regierung geschrieben, der beste Handelsartikel bei den Hereros seien Patronen. Und nun wollte er die Sache beinahe so drehen, als ob ich Pa­tronen verkaufen täte. Ich kann das aber gar nicht glauben, denn so wie du dich mit den hiesigen Verhältnissen beschäftigst, mußt du doch wissen, daß Patronenhandel hier sehr streng bestraft wird, unter Umständen mit 10, 20, 30 Jahren Gefängnis. Jedenfalls, das weiß ich, sind die Herren in Windhoek ärgerlich, daß du dich wegen der Patronen­verteilung an die Ansiedler beschwert hast. Da hast du in ein Wespennest gestochen. Du glaubst nicht, was das hier für eine Rasselbande ist.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-26

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