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Briefe 1893 - 1904 (62. Brief)
Briefe 1893 - 1904 (62. Brief)

Briefe 1893 - 1904 (62. Brief)

Von Hans Warncke alias „Hans Waffenschmied“ aus Windhoek und Hamakari
Wiebke Schmidt
Hamakari, den 24. Juli 1903

Lieber Vater!

Ich hätte eher geschrieben, aber ich war krank, Erkältung, Fieber, Rheumatismus. Es geht jetzt etwas besser. Ich habe mit einem anderen Weißen, den ich angestellt habe, das neue Haus hochgebaut. Jetzt will ich verputzen. Das Haus ist 16 Meter lang und 7 Meter tief mit 4 Stuben, nämlich einem Store (das größte Zimmer), ein Wohnzimmer und 2 Schlafzimmer. Mit 4 Fenstern und 2 Türen nach außen.

Deinen Brief vom 14.5. habe ich vor etwa 3 Wochen erhalten. Mein Kompagnon ist wieder ins Handelsfeld. Wenn er (Ende August) zurückkommt, werden wir etwa 14 Tage - 3 Wochen noch Schulden einziehen und dann fahre ich wieder nach Karibib. Die Großvieh-Preise sind einigermaßen hoch, doch die Kleinvieh-Preise sehr schlecht. Es ist wieder etwas Rinderpest da, und zwischen Okahandja und Karibib ist gesperrt. Ich hoffe nächstes Mal wieder einen ziemlichen Schwung Großvieh mitnehmen zu können. Dann bezahle ich 1000 Mark oder wenn möglich 1200 nach Deutschland.

Wir sind jetzt wieder ziemlich auf 8000 Mark Außenstände, obwohl wir (bevor ich voriges Mal nach Karibib ging) ungefähr für 4000 Mark Außenstände bei den Hereros eingezogen hatten (im Verkauf gegen 7000 Mark).

Die Schuhe von dir sind sehr gutes Material. Aber mit den Cordhosen hat dich der betreffende Fabrikant seinerzeit verkohlt. Die wenigen besseren Hosen (die ½ Dutzend Weiße und ½ Dutzend Schwarze) waren allerdings gut. Aber die ganzen anderen sind Schund. Ich habe 2 selber getragen. In 6-8 Wochen rissen sie überall. Der Fabrikant hat nur ganz gemein vernäht. Die Probehose (die ich seinerzeit schickte) kostete 10 Mark in Karibib, war aber eine Hose, die man 6 Monate tragen konnte in den Dornsträuchern. Also wie gesagt, die Schuhsendung war ausgezeichnet.

Es ist jetzt sehr kalt; wir schlafen im alten Haus, wo aber jetzt kein Blech drauf ist, weil wir das neue Haus nun damit gedeckt haben. Das neue Haus hat ziemlich viel gekostet. Die Klippen zum Fundament habe ich von Waterberg holen müssen. Bauholz von Karibib, wo es sehr teuer ist. Ich habe Türrahmen und Dachbalken, da wo sie an die Mauer stoßen, alle mit Blech beschlagen, wegen der Termiten. Die Fenster sind von Gußeisen. Ich will das Haus nachher von außen auch verputzen und mit Öl anstreichen, weil die Steine von weichem Lehm sind und leicht abregnen.

Es ist dies Jahr im Land ziemlich trocken. Wasser überall sehr tief.

Es wird ja jetzt ganz bestimmt von allen Seiten behauptet, daß die Südwest-Kompagnie kommt und oben bei Otavi mit dem Bahnbau beginnt. Das wäre ein großer Segen, denn die Regierung und die Stores drücken schon wieder die Fleischpreise kolossal und die kurze Zeitepoche, wo die Buren mit Bargeld hier Vieh aufkauften, ist jetzt vorüber.

Wenn ich im September wieder Geld schicke und es dir recht ist und du wieder Sachen schicken willst, bestelle ich wieder eine Sendung, so wie die erste Sendung. Diese war einfach tadellos! Nur die Pfeifen dürfen keine imitierte Bernsteinspitze haben, sondern Gummi wie gewöhnlich. Auch können mehr mit echter grauer Hornspitze dabei sein. Diese kaufen die Hereros kolossal gern. Die bunten, beinahe weiß-gelben, Tücher waren auch sehr gut.

Die Gebrüder Beyer habe ich in Karibib getroffen und sie wollten erst mit mir fahren, um sich das Land anzusehen. Doch haben sie dies auf meinen Rat aufgegeben und haben Ochsen und Wagen gekauft bei einer guten Quelle, die ich ihnen verschaffte. Ich habe jetzt gehört, sie hätten sich beim Omatako auf Herero-Grund angekauft.

Ich will meine 3 großen Schweine mit nach Karibib nehmen und dort verkaufen. Die 5 kleinen dagegen hier behalten, daß sie groß werden. Jetzt kommt eine Polizei-Station nach Waterberg. Der Distriktschef Zörn (Zürn) aus Okahandja wird höchstwahrscheinlich weggehen, er ist sehr unbeliebt. Die Leute haben schon Gedichte auf ihn gemacht. Leutwein wird immer verrückter. Jetzt wird wahrscheinlich ein Gesetz von ihm herauskommen, daß dem Händler im Schulden-Einziehen bei den Hereros keine Unterstützung mehr von Seiten der Regierung gegeben wird.

Jetzt ist wieder eine famose Geschichte mit einem Missionar (Omburo) passiert, die ich persönlich weiß. Der betreffende Missionar hat einen Klumpen Bakis [ein Mittel, das man nach übermäßigem Alkoholkonsum gegen den Kater nimmt] gehandelt, indem er mit einem Wagen und allerhand Sachen zum Handeln losgefahren ist (natürlich auch Liebesgaben). Ein Händler (ein Bekannter von mir) hat sich in Windhoek beschwert, da der Missionar keinen Handelsschein nötig zu haben glaubt. Auf diese Meldung hin wird dem betreffenden Händler vom Distriktamt Omaruru her die Antwort gegeben, der Missionar könne das. Nun will der die Sache an Bebel schreiben. Nach meiner Ansicht hat der Mann Recht. Weshalb darf ein Missionar ohne Schein handeln? Aber diese Herren sind ja nicht hier, um die Heiden zu bekehren und zu bessern, sondern um Geld zusammen zu scharren. Das glaube mir sicherlich, lieber Vater, und das ist feststehende Tatsache. Die Leute (die Missionare) dulden die größten Unsauberkeiten und Gemeinheiten bei ihren Gemeindegliedern. Nur wenn ein Weißer sich eine Eingeborene als Weib in sein Haus nimmt, ohne sie kirchlich zu trauen, da reißen sie ihre Schnauze auf und schimpfen. Aber einem armen eingeborenen Kaffern-Christen sein Kind taufen, (wenn derselbe nicht 5 Mark bar berappen kann) das tun sie nicht. Ein Bekannter von mir hat ein Kaffern-Weib. Das wurde schwanger. Da hat ein anderes, ein christliches Weib, eine hervorragende Stütze des Missionars, diesem anderen Weib das Kind im Leib mit Vitriol gegen deren Willen unter falschen Vorspiegelungen, abgetrieben. Jetzt liegt dies Weib schon seit Monaten krank. Und weshalb? Aus Fanatismus! Durch die Lehren des Missionars hervorgerufen, daß die Kinder vom Weißen (die kirchlich nicht getraut) verflucht seien. Der einzige, über den ich in der Sache von wegen Mitleidlosigkeit gegen arme Gemeindemitglieder nichts gehört habe, sind Bernsmann aus Omburo und Heidmann aus Rehoboth. Dabei besitzen diese Leute, obwohl sie so dumm sind, einen Pharisäer-Hochmut und Dünkel gegen andere, das ist doll! Ich sage noch das eine: Wenn manch einer und manch eine, die auf einem Missionarsfeste in Deutschland sind und Geld beisteuern, wüßten, wen sie mit ihrem Scherflein mästen und was ein sogenannter „armer Heide” eigentlich ist, (ein fauler, großschnauziger Geselle, welcher nur aus Berechnung zum Christentum übertritt) und was mit den sogenannten Liebesgaben mehrheitlich geschieht, ich glaube, die wenigsten würden wieder je zum Missionsfest gehen. Das alles, lieber Vater, sage ich nicht etwa, um gegen die Mission als solche aufzutreten, sondern deshalb, weil es mir in der Seele weh tut, sehen zu müssen, wie Bekehrung und die edle christliche Lehre vor allem hier mißbraucht werden, wie die Vertreter der christlichen Lehre hier sich nur um ihre äußerst fanatischen Satzungen halten und dagegen den Sinn der christlichen Liebe so gut wie gar nicht, weder durch Wort noch Tat, verkünden. Aber wie gesagt, Bernsmann und Heidmann sind Ausnahmen (letzterer soll nach Deutschland sein). Ersterer hat zwar die Sache mit dem Handeln gemacht, aber wenn ein Missionar nur sonst die Pflichten seines Amtes im christlichen Sinn versieht, dann kann man ihm schließlich das gönnen, sich Geld zusammen zu machen. Ich kenne Bernsmann persönlich, wie Heidmann.

Aber nun will ich schließen. Grüße Mutti vielmals. Die Geschwister desgleichen.

In herzlicher Liebe

Dein Sohn Hans

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-22

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