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Briefe 1893 - 1904 (VI. Brief, Teil 1/2 )
Briefe 1893 - 1904 (VI. Brief, Teil 1/2 )

Briefe 1893 - 1904 (VI. Brief, Teil 1/2 )

Von Hans Warncke alias „Hans Waffenschmied“ aus Windhoek und Hamakari
Wiebke Schmidt
Gross-Windhoek, den 20. Juni 1894
Lieber Paul!

Da komme ich jetzt, wo ich in Ruhe hier sitze und Zeit genug habe, endlich mal dazu, auch an dich zu denken und auch dir einiges von dem hiesigen Leben und Treiben zu erzählen. Gewiß hast du die zwei von mir bisher aus Afrika an die Eltern geschriebenen Briefe auch gelesen und weißt Bescheid mit meinen bisherigen Schicksalen. Deinen Brief habe ich damals Ende März bei Ankunft des Woermann-Schiffes erhalten und mich über alles, was dort passiert, recht ergötzt. Ja, es ist hier alles ganz schön und gefällt mir gut, aber doch denke ich manchmal nach Hause und an unseren schönen Buchenwald dort. Aber wenn ich diesen und so manches andere Liebe auch zuweilen recht entbehre, so brauche ich nur an den vielen Fanatismus und die Wüstereien dort zu denken, um doch gleich zu mir zu sagen, Gottlob, daß du hier bist und bist dein eigener Herr. Es ist doch ganz anders, als wenn man in solch abhängiger, knechtischer Stellung ist, wie in Deutschland. Hier läßt sich kein Mensch anrasen [verrückt machen] von anderen aufgeblasenen Fanatikern, wie in Deutschland, so was gibt es hier nicht, hier findet jeder sein Brot, ohne direkt auf einen anderen angewiesen zu sein. So wie ich jetzt bei Tünschel & Wilke mauere, so habe ich eben damit weiter keine Verpflichtung, zu müssen. Wenn ich eben nicht mal zur Arbeit komme, komme ich eben nicht, doch tue ich das natürlich in meinem eigenen Interesse nicht, da ich doch Geld verdienen will. Hier hat jeder dieselben Rechte, ob er in einem schmutzigen Maurerkittel herumrennt oder in einem Grafenrock. Ja, man kann hier viel mehr sagen, gerade die Adligen und solche, die den Großen markieren wollen, gehen hier alle kaputt und sind sehr mißachtet. So von Carnap, Stoss, Hagen, Boysen alles höhere Menschenklasse, werden alle schließlich mit ihrer Hochnäsigkeit von den anderen vernünftigen Bürgern bei Seite geschoben und verachtet. So auch mein Schiffsgefährte Hegenwald, der Wagen, Ochsen, Pferde gekauft und sehr anmaßend und eingebildet war, der hat jetzt schon wieder alles eingebüßt durch Dummheit, Faulheit und hauptsächlich durch den Suff und wird bald nichts mehr haben, wenn er es so weiter treibt. Dagegen, wer arbeitet und sich nicht geniert und sich nicht zimperlich und geziert hat, der hat hier gleich einen Stein im Brett und wird geachtet. Wenn ich erst meine Sachen hier habe, werde ich auch wohl einige Reparaturen zu machen kriegen. Daß du dich jetzt so wohl fühlst in deinem Beruf, freut mich sehr und es ist ja auch ein ganz anderer vielseitiger Kram als Theologie und ich kann mir wohl denken, daß es einen Menschen mit Eifer und Interesse erfüllt. Mich soll wundern, ob du auch in den Ferien zu Ostern wieder Hirschstangen gesucht hast. Ich habe diese Nacht geträumt, ich sähe auf einem Platz im Wald mehrere Schaufeln liegen, doch plötzlich kam der Wildhüter an.



Das namibische Federvieh

Doch dadurch komme ich auf die hiesige Tierwelt zu sprechen und da diese dich gewiß interessiert, werde ich dir meine bisherigen darauf bezüglichen Erlebnisse erzählen. Geschossen habe ich bis jetzt hauptsächlich Hühner, sowohl im Auffliegen wie im Sitzen. Es gibt erstlich ganz kleine Perlhühner, die in großen Schwärmen auf den Steppen vorkommen, so groß wie eine große Taube in Deutschland. Sodann gibt es Hühner, so groß wie ein kleines deutsches Haushuhn, die einzeln und zu mehreren im Dickicht und Gehölz sind. Dann kommen die großen Perlhühner, die noch ein bißchen größer als ein großes Haushuhn sind, die in großen Schwärmen in den Buschebenen vorkommen. Zuletzt kommen die sogenannten Pauhühner, (so groß wie eine Trappe), von denen ich zwar schon eines auf 70-80 Schritt angeschossen habe, aber es nicht gekriegt habe. Die anderen Sorten habe ich schon alle geschossen. Und sie haben alle ein sehr zähes Leben. Die Tauben sind kleiner als die in Deutschland, doch gibt es eine größere Sorte, die paarweise und eine kleine Sorte, die in Schwärmen leben. Strauße habe ich schon wilde gesehen, circa 6-7 Stück in der Ferne auf der Steppe bei Ghawieb, sie kommen bis ans Meer heran. Einer von der alten Truppe, mit dessen Wagen ich und Mauer mal zusammen fuhren, hatte 4 zahme beim Wagen, die zu Schiff nach Deutschland kamen. Die Luder waren sehr böse und obwohl an den Beinen gefesselt, griffen sie einen, wenn man ihnen zu nahe kam, wütend an. Enten habe ich bisher nur in Swakopmund gesehen und auch geschossen. Eine fiel in das Wasser an der Ausmündung des Swakops, wo er sehr breit [war] und zog ich mich schnell aus und erreichte sie schwimmend.



Erfahrungen mit allerlei Getier

Als wir einmal auf der Reise waren, habe ich auch nachts, als wir alle beim Wagen schliefen, eine riesige, schneeweise Eule geschossen, die bei den Ochsen saß und schrie. Hasen, die auch kleiner als bei uns sind, habe ich auch schon erlegt im Laufen. Einmal sah ich ein Tier im Busch sitzen und da der Bastard schrie: „Skiet, Mister die Beest”, so schoß ich auch und da war es eine, wohl einen guten Meter lange Eidechse, ein kleines Krokodil [gemeint ist wahrscheinlich ein Waran]. Schakale und Hyänen hört man nachts fortwährend ums Lager und habe ich beide schon von Ferne gesehen. Paviane habe ich auch schon oft in Maßen auf den Felsen gesehen, sie bellen wie Hunde. Kürzlich hat ein Kaffer hier ein großes Erdferkel erlegt. Mit giftigen Schlangen bin ich bisher noch nicht in Berührung gekommen, doch schon mit Skorpionen. Wie ich mal in Salem in meiner Hütte saß und gerade Kaffee trank, kroch plötzlich ein großer schwarzer Skorpion (was die giftigsten sind) gerade auf mich zu, sodaß ich vor Schreck beinahe den Kaffeetopf fallenließ, alleine ich schleuderte ihn gleich mit dem Beil tot. Wilde Katzen hatten hier ein Ansiedler und gezähmte junge Katzen, ein anderer hat einen jungen Klippbock, der ganz zahm ist. Springböcke sah ich schon in großen Maßen, doch da mein Karabiner nicht schießt, so kann ich bisher auf größeres Wild nicht ausgehen. Ich habe Vater wegen einer guten, einfachen, leichten Büchse geschrieben. Kudus mit den gewundenen, langen Hörnern, Gemsböcke mit den langen Spießen, Hartebeest und andere gibt es hier und es sind hier genug Hörner überall. Auch denke ich, später noch manche zu schießen, wenn ich nur erst eine Büchse habe, doch wenn ihr diese schickt, muß ich es vorher wissen, um bei der Regierung hier einen Erlaubnisschein vorher auszuwirken, daß ich das Gewehr einführe. Es ist damit sehr strenge jetzt wegen des Kriegszustandes, damit die Eingeborenen keine Gewehre mehr bekommen können. Wenn Gewehre oder Munition eingeführt werden, muß der Führer des Wagens gleich einen Erlaubnisschein bei sich führen.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-22

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