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Briefe 1893 - 1904 (XVI Brief, Teil 1/2)
Briefe 1893 - 1904 (XVI Brief, Teil 1/2)

Briefe 1893 - 1904 (XVI Brief, Teil 1/2)

Von Hans Warncke alias „Hans Waffenschmied“ aus Windhoek und Hamakari
Wiebke Schmidt
Windhoek, den 26. Februar 1895

Liebe Eltern!

Schon wieder geht eine Post ab und da will ich doch auch wieder wenigstens einige Worte schreiben, die euch zeigen sollen, daß es mir gut geht und noch alles beim Alten ist. Jetzt ist Februar bald zu Ende und die große Hitze, die in den Monaten Dezember, Januar, Februar herrschte, wird bald einer angenehmeren Temperatur Platz machen. Jetzt ist es etwa von morgens ½ 7 bis abends ½ 7 Tag. Geregnet hat es hier bei Windhoek einigermaßen. Indes die Farmen in der Nähe von Brackwater, wo Kürsten (Kirsten) und Mittelstedt (Mittelstädt) wohnen, haben gar keinen Regen gehabt, sodaß es höchst mittelmäßig mit der Weide aussieht. Der Regen kommt eben stets strichweise. Von meinem sonstigen Ergehen kann ich auch nicht viel berichten. Die einzige Abwechslung in der Arbeit ist, daß wir sonntags auf Jagd gehen. Vorigen Sonntag vor 8 Tagen waren wir alle, Wilke, die 3 Maurer und ich auf Jagd, indes bekam nur ich 2 Perlhühner. Letzten Sonntagmorgen ging ich alleine los mit meiner Doppelflinte. Es war noch dunkel, als ich erwachte. Ich machte mir ein kleines Feuer an und kochte einen Topf mit Kakao. Diesen nahm ich mit nach Tünschel & Wilke, wo noch alles schlief. Ich aß und trank erst ordentlich und dann ging ich los, als eben der Tag schimmerte. Ich war kaum 300 Schritt fort, da flog ein Schwarm kleiner Wachteln vor mir auf und ich schoß 2 davon. Dann sprang ein Hase vor mir auf und ich kam gut ab auf ihn und hatte die Freude, ihn purzeln zu sehen. Die Beute band ich an einen Riemen an, den ich um die Schultern gehängt hatte. Es wurde jetzt heller und heller. Plötzlich huschte etwas Graues vor mir durch die Büsche, ich hinterher. Als ich aus dem dichtesten Dornbusch heraus war und umherschaute, da stand es etwa 120 Schritten vor mir auf dem Hügel und drehte mir gerade das Blatt zu - eine große gefleckte Hyäne. Ich hatte schon eine Schrotpatrone herausgezogen, doch als ich eben die Kugelpatrone hineingesteckt hatte und das Gewehr hob, da flüchtete sie wieder in die Büsche. Ich ging weiter, sorgfältig nach Hühnern spähend, die Sonne kam jetzt heraus, da gurrte vor mir ein großer Schwarm der großen Perlhühner auf. Ich schoß schnell auf das letzte, was etwa 60 Schritt ab war und es flatterte getroffen zur Erde. Was indes diese Vögel anbetrifft, so glaubt ihr nicht, was für ein zähes Leben sie haben. Wenn man sie auch in die Brust oder Kopf trifft, so flattern sie immer noch. Man muß sie in der Regel erst mit einem Stein tot werfen, aber selbst wenn man ihnen den Kopf zermalmt, so flattern sie noch ein bißchen. Jetzt hatte ich doch wenigstens schon etwas getroffen und ging voll froher Hoffnung weiter. Es währte nicht lange, da sah ich vor mir wieder eine Kette Hühner und erlegte eins im Laufen. Dann stand plötzlich etwa 150 Meter entfernt vor mir ein halbwüchsiger weiblicher Kudu. Ich hatte schnell eine Kugelpatrone in den rechten Lauf, aber da war es auch schon wieder verschwunden. Dann sah ich in der Ferne flüchtig einen Steinbock. Dann schoß ich noch 2 große Hühner und beschloß jetzt, nach Hause zu gehen. Ich war um und um behangen und bepackt wie ein Weihnachtsmann. Mein Erscheinen erregte natürlich großen Jubel und wir aßen 2 Mittage von dem Fleisch.

Den anderen Teil des Sonntags verlebten wir still, saßen, rauchten und erzählten etwas. Ich lebe jetzt sehr einfach, habe seit meiner Mundreise nur ausgegeben an den Store: 1 Flasche Bier und ½ Flasche Wein. Dafür habe ich Ende dieses Monats auch 1000 Mark bar. Ich bin gespannt, wann ein Brief von euch kommt, in welchem steht, wenn der Wagen kommt und das Schmiedegerät, dann muß ich Ochsen kaufen. Übrigens könnt ihr mir auch noch etwa 20 Pfund Schrot mitschicken, 5 Pfund M o (grob) 8 Pfund Nr. 1 und 8 Pfund Nr. 3. Dasselbe müsst ihr unten in eine Kiste packen zwischen das andere Zeug. Vergesst es ja nicht, denn ich habe nur noch wenig und wenn ich Fracht fahre, dann denke ich doch hauptsächlich Fleisch für mich und meine Leute selber auf der Reise zu schießen.

Jetzt ist der Befehl gekommen, daß diejenigen Mannschaften, welche nicht zur kaiserlichen Truppe übergetreten waren, (etwa 70 Mann) nach Deutschland entlassen werden sollten, wer aber hier im Lande bleiben wolle, könne hier bleiben. Indes nur 3 Mann bleiben hier. Ein Tischler Albrecht (mein erster Bekannter aus Kanakondis), der erst bei anderen arbeitet und dann selber anfangen will, dann 2 Mann, welche Fracht fahren wollen. Unten im Süden, im Hottentotten-Gebiet sind noch immer fortwährende Unruhen. Jetzt erst kam das Gerücht hierher, es sollen 14 Mann von den Feldschuhträgern (Hottentotten-Stamm) überfallen und niedergemacht sein. Doch hat dies Gerücht noch keine bestimmte Form und wird stark bezweifelt. Was sagt ihr dazu, daß sie in Deutschland den Leutnant von François freigesprochen haben! Ist es nicht eine Schande! Leist, der allgemein geschmähte, ist gegen den ein wahrer Waisenknabe. Was der [Gouverneur Heinrich Leist] in Kamerun gemacht hat, (hat Sklaven gehabt, Soldatenfrauen vergewaltigt und ausgepeitscht) das ist hier unzählige Mal vorgekommen und dann die anderen Unterschlagungen und Betrügereien. Aber es ist ein alter Satz, der auch in Deutschland noch immer seine Gültigkeit bewahren wird: Die kleinen Diebe fängt man und die Großen läßt man laufen. Ruhe wird hier im Lande übrigens, wie ich glaube, noch lange nicht herrschen, mit den Hereros geht es auch noch mal los. Durch die vielen Soldaten, die herausgeschickt werden, wird das Mißtrauen der Eingeborenen immer stärker und sie bangen immer mehr für ihr Land und ihre Rechte.

Die 2 Soldaten übrigens, die mit dem nachher verdursteten Leutnant Erkert (von Erckert) ausgezogen waren, sind noch nicht gefunden worden, man weiß nicht, leben sie oder sind sie tot. Wo man den Leutnant gefunden hat und die toten Pferde, da haben auch die Röcke der beiden gelegen, womit sie den Toten zugedeckt hatten, aber die 2 Sättel ihrer Pferde sind auch mitgenommen gewesen, woraus die Vermutung entstanden ist, daß die beiden andere Pferde gefunden haben, da verschiedene Pferde sich in die Gegend hinein verlaufen haben.
Jetzt soll die Post durch einen Karren mit Ochsen besorgt werden, welche 10-mal im Jahr hinunter geht; so wie es bisher durch Eingeborene zu Fuß besorgt wurde. Das war sehr bummellich und es kamen oft Unregelmäßigkeiten vor.

Doch jetzt will ich schließen und verbleibe mit herzlichen Grüßen und Küssen

Euer Hans

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-23

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