Briefe 1893 - 1904 (XVII Brief, Teil 2/2)
Von Hans Warncke alias „Hans Waffenschmied“ aus Windhoek und Hamakari
In der letzten Zeit habe ich übrigens sonntags immer gejagt und habe viel Hasen und Hühner geschossen, auch einen Klippbock. Dieser ist etwa von der Größe unseres deutschen Rehs mit kleinen Spießen, von äußerst zarter Form und Gestalt. Hier in Windhoek in der dichten Buschebene kommen sie gerade ziemlich häufig vor. Ich freute mich sehr, als ich endlich einen erjagte, denn es ist hier in dem dichten Busch sehr schwierig zu jagen und man muß ungeheuer aufpassen, wenn man ein Wild zu Gesicht bekommen will. Und hier ist auch alles so scheu. Natürlich weiter in der Wüste da soll das Wild auch viel zutraulicher und leichter zu erlegen sein.
Was indes andere Leute sind z.B. Oberamtmann Nitze, die schreiben großartig in der Zeitung, was sie alles für Wild erlegen und dabei hat zum Beispiel dieser alte Nitze gar nichts geschossen, er kann überhaupt nicht schießen.
Weiss ist nur nach Kapstadt gewesen, nicht nach Deutschland und ist jetzt wieder hier.
Übrigens was du da in der Kreuzzeitung [Krzztg, vielleicht ein Kirchenblatt?] geschrieben hast von dem Aufruf an alle jungen Leute, hier herauszukommen, das ist nicht richtig. Ich habe geschrieben, ein Schuster und ein Schneider würde hier Stellung finden und einige Stellmacher, aber im Allgemeinen kann man keinem raten, hierher zu kommen. Die Handwerker, die jetzt hier sind, genügen fürs erste vollständig, eine Farm und Viehzucht kann nur der betreiben, welcher viel Geld hat, Ackerbau geht überhaupt fürs erste nicht, wenigstens in diesen Distrikten nicht (wenn erst die Gegenden, die weiter nördlichen liegen, erschlossen werden, da geht auch Landbau).
Ein Architekt aus Kapstadt, der kürzlich gekommen ist, lungert hier umher, ein gewisser Warnicke, Hegenwald, Riechheimer und andere (aus Deutschland gekommen) fristen auch nur so ohne reelle Beschäftigung ihr Leben. Und was Nitze, Kürsten (Kirsten), Mittelstedt (Mittelstädt), Hegenwald und andere sind, wenn man sie alle hört, wie gern wären sie in Deutschland geblieben, was haben sie hier für Aussichten!
Ja, kommt erst eine Bahn, werden Minen entdeckt, dann hebt sich der Verkehr jedenfalls und kommt mehr Leben hierher. Aber so lange steht es noch schlecht!
Also von Schrot habe ich geschrieben voriges Mal, doch dürft ihr nicht auf die Kiste schreiben, daß Schrot darin ist! Auch 1 Kneifer und 2 Brillen Nr. 16 schickt ja. Doch nun will ich schließen. Bleibt alle gesund und munter, nächstes Mal schreibe ich auch an die Geschwister alle. Nächstes halbe Jahr da werde ich noch mehr berichten können.
Mit herzlichem Gruß an euch und alle Hausgenossen
Euer Sohn Hans
[Mein Urgroßvater hat im Januar des Jahres 1895 in der Neustrelitzer Zeitung unter dem Titel: Hans Waffenschmied in Windhoek, in acht Fortsetzungen Briefe von Hans veröffentlicht und dafür 50 Mark bekommen. Ich hatte schon gleich den Verdacht, daß das nicht die originalen Briefe waren, sondern stark überarbeitete von ihm, dem Pastor Warncke aus Grünow.
Nachfolgend der Schluss der 8. Fortsetzung, weil Hans darauf Bezug nimmt und seinen Vater tadelt:
„Darum preise ich den Augenblick, wo ich, dem inneren Triebe folgend, den Entschluß faßte, nach Südwestafrika zu gehen. Ihr meine deutschen Brüder daheim, namentlich Ihr jungen Landleute, die Ihr zu wenige Mittel habt, um dort etwas zu werden, wo zu wenig Kleingrundbesitz, und Ihr jungen Handwerker, namentlich Stellmacher, Schuster, auch Ziegler und Maurer, wollt Ihr es zu Wohlstand bringen, was Ihr zu Hause nicht könnt, kommt mir nach! Lasst euch durch die Abenteuer, die ich erlebt habe, nicht abschrecken. Die erleben nicht alle und namentlich nicht, sobald nach Beendigung des Kriegszustandes wieder normale Verhältnisse herrschen. Aber ich sage euch: Schön ist es hier und ein Land der Freiheit. Noch ist das Leben hier nicht auf Schritt und Tritt durch Gesetze eingeengt, wie sie das enge Zusammenleben von Tausenden mit sich bringt. Hier ist jeder sein Herr, und zwar sein eigener Herr, auch im schmutzigen Arbeitsrock. Seht es an den ehemaligen Mitgliedern der Schutztruppe, die im Land geblieben sind! Viele sind in Deutschland Knechte gewesen und jetzt tragen sie stolz ihr Haupt, sind geachtete, wohlsituierte Leute, die mit keinem deutschen Bauern tauschen würden. Und die Handwerker? Sie haben zum Teil fast mittellos angefangen, aber sie hatten Kredit, weil sie so lange im Land bekannt waren. Wie bald haben sie ihre Schulden abgetragen! Und nun machen sie Geld, denn jede Arbeit wird teuer bezahlt, und zwar in bar, denn geborgt wird nicht. Sind aber erst mehr Arbeitskräfte hier, dann finden auch noch andere Berufsarten Beschäftigung. Kurz unsere junge Kolonie wird zum unberechenbaren Segen werden für das Mutterland.
Darum hoch Deutsch-Süd-West-Afrika!”
Ich glaube, mein Urgroßvater hatte dafür gesorgt, daß sein Sohn Hans, der auf die schiefe Bahn abzurutschen drohte, aus Deutschland wegkam, so wie es auch der Wunsch von Hans war. Aber der Traum von Hans war Amerika. Sein Vater als Nationalist wollte, daß er eine deutsche Kolonie mit aufbauen sollte, etwas zum Ruhme des deutschen Reiches machen.
In einem der Briefe schrieb Hans dem Sinne nach:
„Hier ist kein Fortkommen. Ich würde ja gern nach Transvaal gehen, wenn ich nicht wüßte, wie wichtig es für dich ist, daß ich hierbleibe in Deutsch-Südwest.”
Später bittet Hans seinen Vater mehrmals, nichts mehr aus seinen Briefen zu veröffentlichen, da er in Windhoek dadurch Schwierigkeiten bekommen hatte. Die wahren Verhältnisse, die in Deutsch-Südwestafrika herrschten, sollten in Deutschland nicht bekannt werden.
Was indes andere Leute sind z.B. Oberamtmann Nitze, die schreiben großartig in der Zeitung, was sie alles für Wild erlegen und dabei hat zum Beispiel dieser alte Nitze gar nichts geschossen, er kann überhaupt nicht schießen.
Weiss ist nur nach Kapstadt gewesen, nicht nach Deutschland und ist jetzt wieder hier.
Übrigens was du da in der Kreuzzeitung [Krzztg, vielleicht ein Kirchenblatt?] geschrieben hast von dem Aufruf an alle jungen Leute, hier herauszukommen, das ist nicht richtig. Ich habe geschrieben, ein Schuster und ein Schneider würde hier Stellung finden und einige Stellmacher, aber im Allgemeinen kann man keinem raten, hierher zu kommen. Die Handwerker, die jetzt hier sind, genügen fürs erste vollständig, eine Farm und Viehzucht kann nur der betreiben, welcher viel Geld hat, Ackerbau geht überhaupt fürs erste nicht, wenigstens in diesen Distrikten nicht (wenn erst die Gegenden, die weiter nördlichen liegen, erschlossen werden, da geht auch Landbau).
Ein Architekt aus Kapstadt, der kürzlich gekommen ist, lungert hier umher, ein gewisser Warnicke, Hegenwald, Riechheimer und andere (aus Deutschland gekommen) fristen auch nur so ohne reelle Beschäftigung ihr Leben. Und was Nitze, Kürsten (Kirsten), Mittelstedt (Mittelstädt), Hegenwald und andere sind, wenn man sie alle hört, wie gern wären sie in Deutschland geblieben, was haben sie hier für Aussichten!
Ja, kommt erst eine Bahn, werden Minen entdeckt, dann hebt sich der Verkehr jedenfalls und kommt mehr Leben hierher. Aber so lange steht es noch schlecht!
Also von Schrot habe ich geschrieben voriges Mal, doch dürft ihr nicht auf die Kiste schreiben, daß Schrot darin ist! Auch 1 Kneifer und 2 Brillen Nr. 16 schickt ja. Doch nun will ich schließen. Bleibt alle gesund und munter, nächstes Mal schreibe ich auch an die Geschwister alle. Nächstes halbe Jahr da werde ich noch mehr berichten können.
Mit herzlichem Gruß an euch und alle Hausgenossen
Euer Sohn Hans
[Mein Urgroßvater hat im Januar des Jahres 1895 in der Neustrelitzer Zeitung unter dem Titel: Hans Waffenschmied in Windhoek, in acht Fortsetzungen Briefe von Hans veröffentlicht und dafür 50 Mark bekommen. Ich hatte schon gleich den Verdacht, daß das nicht die originalen Briefe waren, sondern stark überarbeitete von ihm, dem Pastor Warncke aus Grünow.
Nachfolgend der Schluss der 8. Fortsetzung, weil Hans darauf Bezug nimmt und seinen Vater tadelt:
„Darum preise ich den Augenblick, wo ich, dem inneren Triebe folgend, den Entschluß faßte, nach Südwestafrika zu gehen. Ihr meine deutschen Brüder daheim, namentlich Ihr jungen Landleute, die Ihr zu wenige Mittel habt, um dort etwas zu werden, wo zu wenig Kleingrundbesitz, und Ihr jungen Handwerker, namentlich Stellmacher, Schuster, auch Ziegler und Maurer, wollt Ihr es zu Wohlstand bringen, was Ihr zu Hause nicht könnt, kommt mir nach! Lasst euch durch die Abenteuer, die ich erlebt habe, nicht abschrecken. Die erleben nicht alle und namentlich nicht, sobald nach Beendigung des Kriegszustandes wieder normale Verhältnisse herrschen. Aber ich sage euch: Schön ist es hier und ein Land der Freiheit. Noch ist das Leben hier nicht auf Schritt und Tritt durch Gesetze eingeengt, wie sie das enge Zusammenleben von Tausenden mit sich bringt. Hier ist jeder sein Herr, und zwar sein eigener Herr, auch im schmutzigen Arbeitsrock. Seht es an den ehemaligen Mitgliedern der Schutztruppe, die im Land geblieben sind! Viele sind in Deutschland Knechte gewesen und jetzt tragen sie stolz ihr Haupt, sind geachtete, wohlsituierte Leute, die mit keinem deutschen Bauern tauschen würden. Und die Handwerker? Sie haben zum Teil fast mittellos angefangen, aber sie hatten Kredit, weil sie so lange im Land bekannt waren. Wie bald haben sie ihre Schulden abgetragen! Und nun machen sie Geld, denn jede Arbeit wird teuer bezahlt, und zwar in bar, denn geborgt wird nicht. Sind aber erst mehr Arbeitskräfte hier, dann finden auch noch andere Berufsarten Beschäftigung. Kurz unsere junge Kolonie wird zum unberechenbaren Segen werden für das Mutterland.
Darum hoch Deutsch-Süd-West-Afrika!”
Ich glaube, mein Urgroßvater hatte dafür gesorgt, daß sein Sohn Hans, der auf die schiefe Bahn abzurutschen drohte, aus Deutschland wegkam, so wie es auch der Wunsch von Hans war. Aber der Traum von Hans war Amerika. Sein Vater als Nationalist wollte, daß er eine deutsche Kolonie mit aufbauen sollte, etwas zum Ruhme des deutschen Reiches machen.
In einem der Briefe schrieb Hans dem Sinne nach:
„Hier ist kein Fortkommen. Ich würde ja gern nach Transvaal gehen, wenn ich nicht wüßte, wie wichtig es für dich ist, daß ich hierbleibe in Deutsch-Südwest.”
Später bittet Hans seinen Vater mehrmals, nichts mehr aus seinen Briefen zu veröffentlichen, da er in Windhoek dadurch Schwierigkeiten bekommen hatte. Die wahren Verhältnisse, die in Deutsch-Südwestafrika herrschten, sollten in Deutschland nicht bekannt werden.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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