Büttenabend: Importschlager lassen das Narrenvolk toben
In einer gut gefüllten Narrhalla des SKW ist am vergangenen Freitag der Büttenabend des 61. Windhoeker Karnevals (WIKA) gefeiert worden. Dabei haben vor allem die Importschlager auf der Bühne mit Witz und Reimen die Lachmuskeln strapaziert.
Den Auftakt machte Jockel von Marees, Chef vom Protokoll und Präsident des Osten-Karnevals (OSKA) in Witvlei. Getreu dem 61. WIKA-Motto „Es läuft alles wie geschmiert“ führte er vor Augen, dass landesweit die Hand aufgehalten wird – und außerdem, wie schnell die Zeit bzw. ein Jahr vergeht, denn viele seiner Beispiele hatte man längst schon vergessen oder abgehakt.
Von Marees erzählte von Rugby-Präsident Dirk Conradie und dem dubiosen Werbevertrag („Im Schmieren liegt wohl seine besondere Stärke.“) und von TransNamib-Lokomotiven, die ständig in den Sand fahren oder – wenn sie chinesischer Herkunft sind – nur im Schatten funktionstüchtig sind. Er berichtete von geklauten Strommasten in der Kavango-Region, aus denen Bettgestelle gemacht werden, von der Passknappheit im Innenministerium zur Hauptreisezeit im Dezember, von der Auftragsvergabe zum Neckartal-Staudamm und von der Kabinettsumbildung inklusie Geingobs Aufstieg zum Premier und Kazenambos Rausschmiss. Damit nicht genug: Auch zur Stadterweiterung von Windhoek, zur neuen Bodensteuer – inklusive Rückzieher des Ministeriums – und zum Verbot der Miniröcke durch den Polizeichef fand der Chef vom Protokoll bissige Worte.
Dauerbrenner in diesem Land sind die Bereiche Erziehung und Gesundheit; diese „stehen vor dem Bankrott – wer saniert endlich mal diesen Schrott?“, fragte von Marees. Seit langer Zeit in aller Munde, durfte sie auch in der Bütt nicht fehlen: die Fluggesellschaft Air Namibia. Unbezahle Spritrechnungen, Zwischenstopp in Luanda, jetzt Rettung durch Finanzspritze von 1,1 Milliarden N$ – das und noch mehr haben wir in den vergangenen Monaten erlebt. Marees dazu: „Der Steuerzahler muss mal wieder rotzen, dieser Sauhaufen ist langsam zum Kotzen.“ Später noch ein Seitenhieb auf die jüngste Architektur in Windhoek: „Auch die Kaffeemaschine da oben, bewacht vom deutschen Reiter, rostet inzwischen weiter und weiter.“ Alle Pointen des Protokollchefs waren Punktlandungen – gepaart mit dem Bezug zu namibischen Themen blieb der OSKA-Präsident an diesem Abend in der Bütt unerreicht.
Indes hatte „Der Professor“ Dr. Jürgen Althans nicht nur etwas für die Ohren, sondern auch fürs Auge. Er berichtete von seiner Reise nach Namibia, wo er die Farmtorverschlüsse eingehend untersucht hat. Mehrere Fotos und Montagen zeigten indes Schildbürgerstreiche und Humorvolles in Nah und Fern – was der in Hamburg lebende „Professor“ wie folgt kommentierte: „In Afrika, liebe Leute, gibt´s schildertechnisch fette Beute.“ Einige Witze – meist mit bewusstem Hang zur Frauenfeindlichkeit – ergänzten sein Programm. Doch die Frauen im Saal nahmen´s ihm nicht krumm – warum auch? Ist doch Karneval!
Viel mehr zu Herzen ging dem weiblichen Publikum die Bütt von Jutta Harten. In ihrer Büttenabend-Premiere klagte sie über den Versuch, dem Single-Dasein per Internet-Kontaktbörse ein Ende zu bereiten. „Wo ist denn mal ein vernünftiger Mann?“, rief sie mitten im Online-Dating-Stress, der viele Lügen entlarvte (Er: „Zum romantischen Candlelight-Dinner lade ich Dich ein.“ Sie: „Kenne ich schon – am Schluss muss ich wieder braaien.“). Am Ende bzw. nach 538 männlichen Profilen ist sie immer noch Single – und seufzt: „Bitte keine Sterne mehr, auch Rosen gibt es viel zu viele.“ Statt Rosenkavalier suchte sie einen „alltagstauglichen Mann“, doch auch damit war Fehlanzeige. „Ich hab gestrichen von die Nas´ von dem ganzen Internetspaß.“
Vom Computer in den ländlichen Alltag entführte „Der Ochsenfarmer“ Kalli von Kühne – ebenfalls vom OSKA – die Gäste. Seine Schilderung von der (ungewollten) Ersteigerung eines Bullens, des Abladens auf der Farm, des Ausreißens und Einfangens („Wir Farmer sind mos geil und mutig.“) und schließlich des erneuten Ausreißens (auf nimmerwiedersehen) brachte ihm begeisterten Applaus.
Ein Höhepunkt gab´s dann zu später Stunde: Andi Ost, in Deutschland bei der Mainzer Fastnacht bekannt, erzählte und sang sich mit musikalischer Comedy in die Herzen der Gäste. Eine ganz neue und ausgefallene Darbietung, die die Lachmuskeln am Schluss noch mal kräftig strapazierte und die auch bei den Internationalen Abenden diese Woche nochmal zu erleben sein wird.
Insgesamt war es ein unterhaltsamer Abend, allerdings mit einem etwas zu langen Programm (bis nach Mitternacht), das ruhig mehr Bütt und weniger Show vertragen hätte. Denn mit vier Beiträgen gab es nicht mehr Büttenreden als beispielsweise beim Damenabend – eine stärkere Abgrenzung von anderen Veranstaltungen ist deshalb wünschenswert.
Stefan Fischer
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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