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Charles Taylor: Urteil ist Testfall für afrikanische Rechtsprechung

Als Charles Taylor, damals noch Präsident von Liberia, im Juni 2003 für eine ganze Reihe von Kriegsverbrechen angeklagt wurde, glaubten nur Wenige an seine Festnahme - und noch viel weniger, dass er dafür jemals vor Gericht gestellt würde. Zu viele afrikanische Diktatoren vor ihm hatten ihr Volk bereits ins Elend gestürzt - und waren am Ende dennoch davongekommen. Doch an dem heute 64-jährigen Taylor wurde ein Exempel statuiert: Nachdem er im August 2003 ins Exil nach Nigeria gegangen war, wurde er dort 2006 festgenommen und postwendend nach Den Haag überstellt. Dort wird heute nach einem rund fünfjährigen Prozess das Urteil gegen ihn gesprochen.

Noch vor ein paar Jahren wäre all dies undenkbar gewesen. Egal wie brutal und korrupt sie auch waren: Afrikas Führer zeigten sich solidarisch - getrieben von der Sorge, eines Tages selbst aus dem Amt gedrängt und international zur Rechenschaft gezogen zu werden. In vieler Hinsicht ist Taylor somit zu einem Testfall für die afrikanische aber auch die internationale Rechtsprechung geworden. Sollte die Anklage gegen ihn mit einem Schuldspruch zu Ende gehen, würde erstmals ein früherer Staatschef für Kriegsverbrechen verurteilt. Bei Slobadan Milosevic misslang dies, weil der frühere serbische Präsident 2006 noch vor dem Ende seines Verfahrens in der Haft an Herzversagen starb.

Allerdings ist Taylor nicht etwa wegen der ihm ebenfalls unterstellten Verbrechen in seiner liberianischen Heimat angeklagt, wo er in den späten 80er Jahren einen Bürgerkrieg anzettelte und 1997 nach massiven Gewaltandrohungen zum Präsidenten gewählt worden war. Angeklagt ist er vielmehr für Verbrechen im benachbarten Sierra Leone. Auch behauptet niemand, dass Taylor die ihm zur Last gelegten Massenmorde, Vergewaltigungen und Verstümmelungen selbst verübt habe. Vielmehr soll er die extrem brutalen Rebellen der RUF (Revolutionary United Front) bewaffnet und logistisch unterstützt haben. Tausenden wurden damals von eben der RUF die Arme abgehackt, die Beine oder alle Gliedmaßen zusammen. Weit mehr als 100000 Menschen starben als Folge des Bürgerkriegs in Sierra Leone.

Viele der Verstümmelten fristen heute ein elendes Leben in den Slums von Freetown, der Hauptstadt von Sierra Leone, wo das Sondertribunal, vor dem Taylor nun steht, auch seinen Hauptsitz hat - und bereits acht Angeklagte als direkte Rädelsführer der Verbrechen erfolgreich verurteilt hat. Taylors Prozess wurde aus Sicherheitsgründen nach Den Haag verlegt, weil befürchtet wurde, dass seine Präsenz vor Ort den Versöhnungsprozess in dem Land gefährden könnte.

Die Anklage musste weit mehr als nur eine lose Verbindung Taylors zu den Rebellen beweisen, wie sie hinlänglich bekannt ist. Vielmehr musste sie zeigen, dass Taylor eine direkte Verantwortung für das blutige Treiben einer dritten Partei trägt und dass er die Rebellen wissentlich als Drahtzieher mit Waffen versorgte, um damit die Bevölkerung in Sierra Leone zu terrorisieren und Kontrolle über die dort gelegenen Diamantenfelder zu erlangen.

Mehr als 90 Zeugen haben in den letzten Jahren gegen Taylor ausgesagt, aber sicher ist seine Verurteilung schon deshalb nicht, weil ihn nur sehr wenige direkt belastet haben, darunter ein eher unglaubwürdiger RUF-Rebellenführer, der seine eigene Haut retten wollte. Auch gelang es dem stets makellos gekleideten Taylor und seinem britischen Anwalt in dem langen und kostspieligen Verfahren immer wieder, die Anklage zu erschüttern - und sich, wie viele Beobachter notierten, bisweilen sogar als Friedensstifter zu stilisieren.

Obwohl sein Vermögen zeitweise auf bis zu drei Milliarden US-Dollar geschätzt wurde, gab sich Taylor zu Prozessbeginn als ein unverschuldet in Armut Geratener, dem prompt Hilfe für seine Anwaltskosten gewährt wurde. Dabei ist Taylor vor allem für seine große Gier beginnt: Sie erklärt auch, warum es dem Abkömmling amerikanischer Sklaven, die im 19. Jahrhundert nach Liberia zurückgekehrt waren, nicht reichte, nach der Machtübernahme die reichen liberianischen Edelholzvorkommen zu plündern - und er auch noch nach den Diamantenfelder in Sierre Leone griff.

Die Internetübertragungen aus Den Haag sind in den letzten Jahren in Sierra Leone mit viel Hoffen aber auch Bangen verfolgt worden. Es bleibt nun abzuwarten, ob das Verfahren mit einem Schuldspruch zu Ende geht, den Chefankläger Stephan Rapp einst bei der Vorlage seiner Beweise versprach. In Sierra Leone, sagt der dort ansässige Journalist Musa Mewa, wird nicht völlig ausgeschlossen, dass sich in Den Haag womöglich doch eine große Enttäuschung anbahnt: Doch wenn Taylor für das von ihm angerichtete Leid nicht büßen müsse, wäre dies "das Ende jeglicher Gerechtigkeit".

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-25

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