China in Afrika, neuer globaler Spieler: Vom Osten was Neues?
In der beschleunigten globalen Konkurrenz um Ressourcen, in der China nicht der einzige neue Akteur ist, rückt der Kontinent in eine strategische Position. Er wird sozusagen zur "letzten Front". Immer mehr Analysen befassen sich mit dieser Entwicklung.
Die Beziehungen zwischen China und Afrika reproduzieren dabei Merkmale des klassisch verzerrten Handelsmusters: Afrika tauscht Rohstoffe gegen Fertigprodukte. Die neuen Akteure haben die globalen Handels- und Austauschstrukturen nicht wesentlich verändert. Chinas Wirtschaftsbeziehungen mit und Investitionen in afrikanischen Ländern unterscheiden sich kaum von anderen. Sie transformieren weder die Produktionsstrukturen noch verändern sie wesentlich die internationale Arbeitsteilung. Im Jahr 2006 waren Öl und Gas 62 Prozent der Exporte Afrikas nach China. Andere Mineralien und Metalle folgten mit 13 Prozent. Im Gegensatz dazu bestehen die Importe Afrikas aus China zu 45 Prozent aus Fertigwaren sowie zu 31 Prozent aus Maschinen und Transportausrüstungen inklusive Waffenlieferungen. China gehört zu Afrikas größten Waffenlieferanten - berüchtigt wurde Mitte 2008 das "Schiff der Schande", mit dem Militärausrüstung an das simbabwische Regime geliefert werden sollte.
Chinas Rolle: alter Wein in neuen Schläuchen?
Afrikanische Regierungen begrüßen immer wieder den neuen Geschäftspartner; doch in der Bevölkerung wachsen die Vorbehalte gegen Chinas constructive engagement - ein Wortspiel, das sich auf die Rolle im Baugewerbe bezieht. Diese schlägt sich auf einem breiten Feld von Infrastrukturprojekten gigantischen Ausmaßes nieder. Sie reichen von öffentlichen Gebäuden über Straßen, Eisenbahnlinien und Häfen bis zu Staudämmen. Chinesische Firmen bringen ihre Arbeiter häufig mit und kasernieren diese abseits in isolierten Wohnheimen. Von den Arbeiterinnen und Arbeitern in den afrikanischen Ländern werden sie als unwillkommene Konkurrenz und Bedrohung gesehen. Chinesische Anbieter konkurrieren erfolgreich mit dem lokalen Baugewerbe, indem sie die nationalen Arbeits- und Sicherheitsgesetze umgehen. Auch die Bauindustrie in Namibia kann ein Lied davon singen, und die Melodie ist keinesfalls sanft.
Vorwürfe rabiater Konkurrenz und ungehemmter Ausbeutung werden auch immer wieder gegen chinesische Bergbauunternehmen im sambischen Kupfergürtel laut. Die chinesische Präsenz wirkt sich aber auch nachteilig auf die Überlebensstrategien der ansässigen Bevölkerung ohne Lohnarbeit aus. Dazu gehört der bisher kaum beachtete Konkurrenzdruck im Straßenhandel, der unter den Billigwaren in Chinaläden zu leiden hat, mit deren Niedrigpreisen der lokale Kleinhandel nicht mithalten kann. Auch in Namibia gibt es durch die Ausbreitung von China Shops in selbst weit entlegene Gebiete (von deren Präsenz in den städtischen Zentren ganz zu schweigen) hinreichend Beispiele für die Expansion im Handelsgewerbe. Längst sind sie zur modernen Variante der früheren "Eingeborenen-Store" geworden.
Importierte Krisen
Auch die heimische Textilindustrie z.B. in Ländern Westafrikas wird durch chinesische Produzenten in eine existenzielle Krise gestürzt. In Togo ist mittlerweile z.B. die Rede von den "chinesischen Teufeln". China versucht dieses negative Image durch Sympathiewerbung zu korrigieren. Das gelingt nicht immer: Auf dem Weltsozialforum im Januar 2007 in Nairobi (das in einem von Chinesen erbauten Sportstadion statt fand) stellte eine Delegation vorgeblicher Nichtregierungsorganisationen aus China (die dort allesamt verlängerter Arm der Partei und Regierung sind) in einer Veranstaltung die lange und andauernde Solidarität mit afrikanischen Partnern in den Vordergrund. Doch das rief den Unmut von Aktivisten der sozialen Bewegungen aus ganz verschiedenen Ländern hervor. Sie warfen der chinesischen Politik vor, despotischen und autoritären Regimes durch ihre opportunistischen, von Eigeninteressen geleiteten Wirtschaftsbeziehungen den Rücken zu decken. China sei nicht besser als die alten Kolonialmächte und deren Imperialismus.
Dieser Reinfall dokumentierte anschaulich, dass es der chinesischen Regierung und ihren Organisationen an Erfahrung im Umgang mit solchen Konfrontationen mangelt. Sie zeigten sich unfähig mit autonomen zivilgesellschaftlichen Akteuren umzugehen, die offen staatliche Handlungsweisen angreifen und Alternativen formulieren. Das ist ein entscheidender Unterschied zu den Konkurrenten aus Europa und Nordamerika. Deren politische Systeme lassen Protest zu und bieten sozialen und politischen Kräften Raum, die Antiregierungsbündnisse mit Partnern des Südens eingehen.
Keine Interaktion mit
ähnlich denkenden Chinesen
So organisieren Nichtregierungsorganisationen aus dem Norden mit Partnern aus dem Süden Protestkampagnen zu zentralen Themen wie Handelspolitik, Klimawandel und Auswirkungen der neoliberalen Privatisierungen öffentlicher Dienste. Diese Differenz zu einem autoritären Staat wie China, der eine totalitäre Kontrolle über die Bevölkerung ausübt und solche Kritik nicht erlaubt, führt gelegentlich zu einer differenzierteren Wahrnehmung aus dem Süden gegenüber Akteuren des Nordens. China bleibt demgegenüber ein weniger bekannter, unpersönlicher Faktor, da es keine Interaktion mit ähnlich denkenden Chinesen gibt. In vielen Ländern verbirgt sich vielmehr hinter anti-chinesischen Ressentiments ein mehr oder weniger aggressiver Rassismus.
Gleichwohl stärkt der Zuwachs an externen Mitspielern nicht nur die wirtschaftliche, sondern mehr noch die politische Verhandlungsposition afrikanischer Regierungen. Das ist für die Bevölkerung keinesfalls nachteilig. Doch es kommt ihr nur dann zugute, wenn die Eliten ihre eigenen Interessen hinter die öffentlichen stellen. Es setzt eine Regierungsbereitschaft zur Schaffung von Bedingungen voraus, die der Bevölkerungsmehrheit Vorteile bringen. Die Chancen dafür sind wohl eher gering.
Die von China und anderen Akteuren eröffneten Alternativen führen deshalb keinesfalls zu besserer Regierungsführung. Die chinesische Außenpolitik hat einen verführerischen Beigeschmack für Autokraten und Oligarchen. China vergibt Zuschüsse und Kredite an staatliche Kleptokratien und zeigt sich auch in Transaktionen erheblichen Volumens nicht kleinlich. Es überrascht nicht, dass Transparenz und Rechenschaftspflicht nicht zum Wertekanon der afrikanisch-chinesischen Beziehungen gehören. Pekings Reputation in punkto Menschenrechtsfragen kann man bestenfalls als dubios bezeichnen. Dabei sollte allerdings nicht vergessen werden, dass auch der Westen keinesfalls aus Überzeugung eine prinzipielle Vorreiterrolle bei der Ahndung und Ächtung von Menschenrechtsverletzungen spielt. Diese werden meist nur dann konsequent kritisiert, wenn die Verfolgung dieses ehrenwerten Zieles den eigenen Interessen dient.
Entwicklung in wessen Interesse?
Mit der chinesischen Präsenz in Afrika hat ein neuer globaler Spieler auch in der Rolle als bilaterales Geberland die Bühne betreten. China ist zwar darauf bedacht, das anders zu bezeichnen, doch seine bilaterale Zusammenarbeit mit afrikanischen Ländern und die Gestaltung der partnerschaftlichen Beziehungen ist westlicher Entwicklungshilfe vergleichbar. Abkommen haben häufig Kredite zur Umsetzung überwiegend infrastruktureller Projekte zum Gegenstand sowie gleichzeitig die Bereitstellung von know how, Ausrüstung und Arbeitskraft für die kreditierten Projekte. Es gibt Bedenken, dass Chinas Darlehen in eine weitere Schuldenfalle und neue Formen der Abhängigkeit führen. Einige Grundzüge der gegenwärtigen westlichen Entwicklungspolitik sind allerdings zu prüfen, wenn es um die vergleichende Betrachtung des chinesischen Engagements geht. Dazu zählen: die Rolle von multilateralen im Gegensatz zu bilateralen Beziehungen; die Balance zwischen kollektiver Verantwortung und nationaler Souveränität; der Vorrang von "harten" (infrastrukturellen) oder "weichen" Zielen (Regierungsführung und Aufbau institutioneller Kompetenzen und Kapazitäten).
Die Prioritätensetzung bei der Beantwortung dieser und ähnlicher Fragen führt bis in die 1970er Jahre zurück, als über das Konzept des Entwicklungsstaates debattiert wurde: Entwicklung zuerst, dann Menschenrechte und Demokratie, war eine vorherrschende Auffassung (zumal unter afrikanischen Regierungen). Gerechtfertigt wurde das mit dem Argument, Demokratie könne man nicht essen. Dem steht die Auffassung gegenüber, dass es keine nachhaltige Entwicklung ohne institutionalisierte demokratische Normen und die Verpflichtung auf Menschenrechte geben kann. Auch autoritäre Herrschaft macht schließlich nicht satt, und wie auch die demokratischen Bewegungen in afrikanischen Ländern seit Ende der 1980er Jahre gezeigt haben, wollen die Menschen wenigstens das Recht haben zu sagen, dass sie hungrig sind.
Neue Aspiranten
Es bleibt abzuwarten, ob die beiden Richtungen einen Weg finden, die jeweiligen Vorgaben in einen gemeinsamen Rahmen zu überführen, der die komplementären Faktoren (Demokratie und Entwicklung) hinreichend berücksichtigt. Die neuen Mitspieler auf dem Kontinent (zu denen neben China insbesondere auch Russland, Indien und Brasilien, aber auch eine ganze Reihe weiterer neuer Aspiranten wie z.B. Südkorea gehören) könnten eine weitere Tür dazu öffnen. Da ermutigende Anzeichen diesbezüglich derzeit nicht erkennbar sind, mag dies als eine Art positiven "Wunschdenkens" erscheinen. Die meisten Autoren sind sich jedenfalls darin einig, dass sorgfältige und empirisch abgesicherte Studien derzeit überfällig sind, um die gesellschaftliche Wirklichkeit in den Ländern zu prüfen, ehe allgemeine Schlüsse gezogen werden. Auch bleibt abzuwarten, wie sich die Finanzkrise und die weltweite Rezession auswirken. Schon jetzt ist abzusehen, dass die Konjunkturphase auch für afrikanische Rohstoffe zur Anheizung des Wirtschaftswachstums in den Industrieländern vorerst vorbei ist.
China ist Unterzeichner der Pariser Erklärung vom 2. März 2005. Darin werden Eckpunkte für die Effektivität von Entwicklungspolitik definiert. Deren Unterzeichner verpflichten sich zur Respektierung der Souveränität der Empfänger und derer Prioritäten in den nationalen Zielen, sowie der Harmonisierung und Kohärenz zwischen den Geberländern. Es ist jedoch nicht ganz klar, ob China die Deklaration als Empfänger- oder als Geberland unterzeichnet hat (Peking erhält noch immer substanzielle Zuwendungen aus Mitteln der Entwicklungshilfe von den westlichen Geberländern).
Suche nach gemeinsamer
Richtung
Am 4. September 2008 wurde auf dem 3. High Level Forum on Aid Effectiveness in Accra die Agenda for Action von Ministern der Entwicklungs- und Geberländer sowie von multi- und bilateralen Entwicklungsorganisationen verabschiedet. Darin wird betont, dass "alle Entwicklungsakteure in einer umfassenderen Partnerschaft zusammenarbeiten" wollen. Das signalisiert die Suche nach einer gemeinsamen Richtung - doch in wessen Interesse?
China sieht sich als erfolgreiches Entwicklungsland in Zeiten der Globalisierung. Es bezeichnet sein Programm der sozioökonomischen Transformation und Reform als Gai Ge Kai Feng. Das bedeutet: Ändere das System, öffne die Tür. Zu diesem Programm zählen die Privatisierung weiter Teile der Wirtschaft, Liberalisierung von Handel und Investitionen sowie die Entwicklung einer hoch qualifizierten Infrastruktur ausgerichtet an Marktprinzipien. Das hört sich letztlich nicht so anders an als der westliche Entwicklungsdiskurs. Es ist fraglich, ob das für Afrika eine gute Nachricht ist. Es gibt Bedenken und kritische Stimmen, die den Auftritt des neuen globalen Spielers keinesfalls willkommen heißen, da dieser letztlich nicht die überkommenen Spielregeln ändern möchte. Vielmehr wird befürchtet, dass dieser - wie so viele andere auch - nichts anderes will als sich einzureihen in den Klub der Mächtigen und nach der Musik zu tanzen, die schon gespielt wird. Diese Kritiker befürchten, dass China am Ende nur einen weiteren Ton zum alten Lied beisteuert.
Der Autor ist Geschäftsführender Direktor der Dag Hammarskjöld Stiftung in Uppsala/Schweden.
Die Beziehungen zwischen China und Afrika reproduzieren dabei Merkmale des klassisch verzerrten Handelsmusters: Afrika tauscht Rohstoffe gegen Fertigprodukte. Die neuen Akteure haben die globalen Handels- und Austauschstrukturen nicht wesentlich verändert. Chinas Wirtschaftsbeziehungen mit und Investitionen in afrikanischen Ländern unterscheiden sich kaum von anderen. Sie transformieren weder die Produktionsstrukturen noch verändern sie wesentlich die internationale Arbeitsteilung. Im Jahr 2006 waren Öl und Gas 62 Prozent der Exporte Afrikas nach China. Andere Mineralien und Metalle folgten mit 13 Prozent. Im Gegensatz dazu bestehen die Importe Afrikas aus China zu 45 Prozent aus Fertigwaren sowie zu 31 Prozent aus Maschinen und Transportausrüstungen inklusive Waffenlieferungen. China gehört zu Afrikas größten Waffenlieferanten - berüchtigt wurde Mitte 2008 das "Schiff der Schande", mit dem Militärausrüstung an das simbabwische Regime geliefert werden sollte.
Chinas Rolle: alter Wein in neuen Schläuchen?
Afrikanische Regierungen begrüßen immer wieder den neuen Geschäftspartner; doch in der Bevölkerung wachsen die Vorbehalte gegen Chinas constructive engagement - ein Wortspiel, das sich auf die Rolle im Baugewerbe bezieht. Diese schlägt sich auf einem breiten Feld von Infrastrukturprojekten gigantischen Ausmaßes nieder. Sie reichen von öffentlichen Gebäuden über Straßen, Eisenbahnlinien und Häfen bis zu Staudämmen. Chinesische Firmen bringen ihre Arbeiter häufig mit und kasernieren diese abseits in isolierten Wohnheimen. Von den Arbeiterinnen und Arbeitern in den afrikanischen Ländern werden sie als unwillkommene Konkurrenz und Bedrohung gesehen. Chinesische Anbieter konkurrieren erfolgreich mit dem lokalen Baugewerbe, indem sie die nationalen Arbeits- und Sicherheitsgesetze umgehen. Auch die Bauindustrie in Namibia kann ein Lied davon singen, und die Melodie ist keinesfalls sanft.
Vorwürfe rabiater Konkurrenz und ungehemmter Ausbeutung werden auch immer wieder gegen chinesische Bergbauunternehmen im sambischen Kupfergürtel laut. Die chinesische Präsenz wirkt sich aber auch nachteilig auf die Überlebensstrategien der ansässigen Bevölkerung ohne Lohnarbeit aus. Dazu gehört der bisher kaum beachtete Konkurrenzdruck im Straßenhandel, der unter den Billigwaren in Chinaläden zu leiden hat, mit deren Niedrigpreisen der lokale Kleinhandel nicht mithalten kann. Auch in Namibia gibt es durch die Ausbreitung von China Shops in selbst weit entlegene Gebiete (von deren Präsenz in den städtischen Zentren ganz zu schweigen) hinreichend Beispiele für die Expansion im Handelsgewerbe. Längst sind sie zur modernen Variante der früheren "Eingeborenen-Store" geworden.
Importierte Krisen
Auch die heimische Textilindustrie z.B. in Ländern Westafrikas wird durch chinesische Produzenten in eine existenzielle Krise gestürzt. In Togo ist mittlerweile z.B. die Rede von den "chinesischen Teufeln". China versucht dieses negative Image durch Sympathiewerbung zu korrigieren. Das gelingt nicht immer: Auf dem Weltsozialforum im Januar 2007 in Nairobi (das in einem von Chinesen erbauten Sportstadion statt fand) stellte eine Delegation vorgeblicher Nichtregierungsorganisationen aus China (die dort allesamt verlängerter Arm der Partei und Regierung sind) in einer Veranstaltung die lange und andauernde Solidarität mit afrikanischen Partnern in den Vordergrund. Doch das rief den Unmut von Aktivisten der sozialen Bewegungen aus ganz verschiedenen Ländern hervor. Sie warfen der chinesischen Politik vor, despotischen und autoritären Regimes durch ihre opportunistischen, von Eigeninteressen geleiteten Wirtschaftsbeziehungen den Rücken zu decken. China sei nicht besser als die alten Kolonialmächte und deren Imperialismus.
Dieser Reinfall dokumentierte anschaulich, dass es der chinesischen Regierung und ihren Organisationen an Erfahrung im Umgang mit solchen Konfrontationen mangelt. Sie zeigten sich unfähig mit autonomen zivilgesellschaftlichen Akteuren umzugehen, die offen staatliche Handlungsweisen angreifen und Alternativen formulieren. Das ist ein entscheidender Unterschied zu den Konkurrenten aus Europa und Nordamerika. Deren politische Systeme lassen Protest zu und bieten sozialen und politischen Kräften Raum, die Antiregierungsbündnisse mit Partnern des Südens eingehen.
Keine Interaktion mit
ähnlich denkenden Chinesen
So organisieren Nichtregierungsorganisationen aus dem Norden mit Partnern aus dem Süden Protestkampagnen zu zentralen Themen wie Handelspolitik, Klimawandel und Auswirkungen der neoliberalen Privatisierungen öffentlicher Dienste. Diese Differenz zu einem autoritären Staat wie China, der eine totalitäre Kontrolle über die Bevölkerung ausübt und solche Kritik nicht erlaubt, führt gelegentlich zu einer differenzierteren Wahrnehmung aus dem Süden gegenüber Akteuren des Nordens. China bleibt demgegenüber ein weniger bekannter, unpersönlicher Faktor, da es keine Interaktion mit ähnlich denkenden Chinesen gibt. In vielen Ländern verbirgt sich vielmehr hinter anti-chinesischen Ressentiments ein mehr oder weniger aggressiver Rassismus.
Gleichwohl stärkt der Zuwachs an externen Mitspielern nicht nur die wirtschaftliche, sondern mehr noch die politische Verhandlungsposition afrikanischer Regierungen. Das ist für die Bevölkerung keinesfalls nachteilig. Doch es kommt ihr nur dann zugute, wenn die Eliten ihre eigenen Interessen hinter die öffentlichen stellen. Es setzt eine Regierungsbereitschaft zur Schaffung von Bedingungen voraus, die der Bevölkerungsmehrheit Vorteile bringen. Die Chancen dafür sind wohl eher gering.
Die von China und anderen Akteuren eröffneten Alternativen führen deshalb keinesfalls zu besserer Regierungsführung. Die chinesische Außenpolitik hat einen verführerischen Beigeschmack für Autokraten und Oligarchen. China vergibt Zuschüsse und Kredite an staatliche Kleptokratien und zeigt sich auch in Transaktionen erheblichen Volumens nicht kleinlich. Es überrascht nicht, dass Transparenz und Rechenschaftspflicht nicht zum Wertekanon der afrikanisch-chinesischen Beziehungen gehören. Pekings Reputation in punkto Menschenrechtsfragen kann man bestenfalls als dubios bezeichnen. Dabei sollte allerdings nicht vergessen werden, dass auch der Westen keinesfalls aus Überzeugung eine prinzipielle Vorreiterrolle bei der Ahndung und Ächtung von Menschenrechtsverletzungen spielt. Diese werden meist nur dann konsequent kritisiert, wenn die Verfolgung dieses ehrenwerten Zieles den eigenen Interessen dient.
Entwicklung in wessen Interesse?
Mit der chinesischen Präsenz in Afrika hat ein neuer globaler Spieler auch in der Rolle als bilaterales Geberland die Bühne betreten. China ist zwar darauf bedacht, das anders zu bezeichnen, doch seine bilaterale Zusammenarbeit mit afrikanischen Ländern und die Gestaltung der partnerschaftlichen Beziehungen ist westlicher Entwicklungshilfe vergleichbar. Abkommen haben häufig Kredite zur Umsetzung überwiegend infrastruktureller Projekte zum Gegenstand sowie gleichzeitig die Bereitstellung von know how, Ausrüstung und Arbeitskraft für die kreditierten Projekte. Es gibt Bedenken, dass Chinas Darlehen in eine weitere Schuldenfalle und neue Formen der Abhängigkeit führen. Einige Grundzüge der gegenwärtigen westlichen Entwicklungspolitik sind allerdings zu prüfen, wenn es um die vergleichende Betrachtung des chinesischen Engagements geht. Dazu zählen: die Rolle von multilateralen im Gegensatz zu bilateralen Beziehungen; die Balance zwischen kollektiver Verantwortung und nationaler Souveränität; der Vorrang von "harten" (infrastrukturellen) oder "weichen" Zielen (Regierungsführung und Aufbau institutioneller Kompetenzen und Kapazitäten).
Die Prioritätensetzung bei der Beantwortung dieser und ähnlicher Fragen führt bis in die 1970er Jahre zurück, als über das Konzept des Entwicklungsstaates debattiert wurde: Entwicklung zuerst, dann Menschenrechte und Demokratie, war eine vorherrschende Auffassung (zumal unter afrikanischen Regierungen). Gerechtfertigt wurde das mit dem Argument, Demokratie könne man nicht essen. Dem steht die Auffassung gegenüber, dass es keine nachhaltige Entwicklung ohne institutionalisierte demokratische Normen und die Verpflichtung auf Menschenrechte geben kann. Auch autoritäre Herrschaft macht schließlich nicht satt, und wie auch die demokratischen Bewegungen in afrikanischen Ländern seit Ende der 1980er Jahre gezeigt haben, wollen die Menschen wenigstens das Recht haben zu sagen, dass sie hungrig sind.
Neue Aspiranten
Es bleibt abzuwarten, ob die beiden Richtungen einen Weg finden, die jeweiligen Vorgaben in einen gemeinsamen Rahmen zu überführen, der die komplementären Faktoren (Demokratie und Entwicklung) hinreichend berücksichtigt. Die neuen Mitspieler auf dem Kontinent (zu denen neben China insbesondere auch Russland, Indien und Brasilien, aber auch eine ganze Reihe weiterer neuer Aspiranten wie z.B. Südkorea gehören) könnten eine weitere Tür dazu öffnen. Da ermutigende Anzeichen diesbezüglich derzeit nicht erkennbar sind, mag dies als eine Art positiven "Wunschdenkens" erscheinen. Die meisten Autoren sind sich jedenfalls darin einig, dass sorgfältige und empirisch abgesicherte Studien derzeit überfällig sind, um die gesellschaftliche Wirklichkeit in den Ländern zu prüfen, ehe allgemeine Schlüsse gezogen werden. Auch bleibt abzuwarten, wie sich die Finanzkrise und die weltweite Rezession auswirken. Schon jetzt ist abzusehen, dass die Konjunkturphase auch für afrikanische Rohstoffe zur Anheizung des Wirtschaftswachstums in den Industrieländern vorerst vorbei ist.
China ist Unterzeichner der Pariser Erklärung vom 2. März 2005. Darin werden Eckpunkte für die Effektivität von Entwicklungspolitik definiert. Deren Unterzeichner verpflichten sich zur Respektierung der Souveränität der Empfänger und derer Prioritäten in den nationalen Zielen, sowie der Harmonisierung und Kohärenz zwischen den Geberländern. Es ist jedoch nicht ganz klar, ob China die Deklaration als Empfänger- oder als Geberland unterzeichnet hat (Peking erhält noch immer substanzielle Zuwendungen aus Mitteln der Entwicklungshilfe von den westlichen Geberländern).
Suche nach gemeinsamer
Richtung
Am 4. September 2008 wurde auf dem 3. High Level Forum on Aid Effectiveness in Accra die Agenda for Action von Ministern der Entwicklungs- und Geberländer sowie von multi- und bilateralen Entwicklungsorganisationen verabschiedet. Darin wird betont, dass "alle Entwicklungsakteure in einer umfassenderen Partnerschaft zusammenarbeiten" wollen. Das signalisiert die Suche nach einer gemeinsamen Richtung - doch in wessen Interesse?
China sieht sich als erfolgreiches Entwicklungsland in Zeiten der Globalisierung. Es bezeichnet sein Programm der sozioökonomischen Transformation und Reform als Gai Ge Kai Feng. Das bedeutet: Ändere das System, öffne die Tür. Zu diesem Programm zählen die Privatisierung weiter Teile der Wirtschaft, Liberalisierung von Handel und Investitionen sowie die Entwicklung einer hoch qualifizierten Infrastruktur ausgerichtet an Marktprinzipien. Das hört sich letztlich nicht so anders an als der westliche Entwicklungsdiskurs. Es ist fraglich, ob das für Afrika eine gute Nachricht ist. Es gibt Bedenken und kritische Stimmen, die den Auftritt des neuen globalen Spielers keinesfalls willkommen heißen, da dieser letztlich nicht die überkommenen Spielregeln ändern möchte. Vielmehr wird befürchtet, dass dieser - wie so viele andere auch - nichts anderes will als sich einzureihen in den Klub der Mächtigen und nach der Musik zu tanzen, die schon gespielt wird. Diese Kritiker befürchten, dass China am Ende nur einen weiteren Ton zum alten Lied beisteuert.
Der Autor ist Geschäftsführender Direktor der Dag Hammarskjöld Stiftung in Uppsala/Schweden.
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Allgemeine Zeitung
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