Christians nimmt seinen Hut

Windhoek - Es glich nahezu einem emotionalen Moment, als Christians Richter Petrus Damaseb erklärte, dass Neidel ihm am Morgen mitgeteilt habe, er wolle lieber einen anderen Anwalt. Seine Pflicht sei es nun, sich vom Verfahren zu verabschieden, so der sichtlich aufgewühlte Advokat. "Wäre es nicht der Wunsch meines Mandanten, hätte ich dies nicht getan", so Christians, "denn ich sehe keinen Konflikt. Zwar mögen die Aussagen meiner Mandanten differieren, aber das heißt noch nicht, dass sie sich gegenseitig belasten."

Staatsanwältin Antonia Verhoef hatte in der vergangenen Woche bereits zum zweiten Mal vor Gericht beantragt, dass Christians wegen eines Interessenkonfliktes sein Mandat niederlegen oder, sollte er dies verweigern, vom Gericht entlassen werden müsse. Besonders im Fall von Gavin Beukes und Stoney Neidel seien Probleme vorprogrammiert, da Beukes Aussagen von Neidel als Lügen bezeichnet hatte. Den Angeklagten könne kein fairer Prozess gewährleistet werden, da ihr Anwalt nicht in der Lage sei, ihre Interessen vollständig zu vertreten, so Verhoef. "Konflikt war vermeidbar"Auch gestern holte sie nochmals zum Rundumschlag gegen Christians aus, mit dem sie sich seit Prozessbeginn immer wieder eine Art kalten Krieg geliefert hatte. Der Verteidiger hatte gebeten, die Verhandlung nochmals um eine Woche zu vertagen, bis möglicherweise drei neue Anwälte gefunden sind, damit er in der Zwischenzeit noch ausstehende Dinge mit seinen Mandanten klären könne. Verhoef konterte und forderte den sofortigen Abzug Christians', "jetzt und hier". "Dieses ganze Problem hätte schon vor Verhandlungsbeginn verhindert werden können, wenn das Direktorat für Rechtsbeistand den Ratschlag der Generalstaatsanwältin befolgt und den Angeklagten umgehend einzelne Anwälte gestellt hätte. Der Konflikt war für jedermann offensichtlich." Sie forderte sogar, dass der Sachverhalt der Anwaltskammer zur Prüfung vorgelegt und der Direktor des staatlichen Rechtsbeistandszentrums vorgeladen werden solle, damit er eine Erklärung für das Versagen seiner Behörde liefern könne. Das lehnte Damaseb als überflüssig und zeitverschwendend genauso ab wie das Gesuch Christians, noch für einige Tage im Amt zu bleiben. Kalter Krieg im GerichtssaalChristians musste dis hinnehmen, aber nicht, ohne seinerseits Verhoef noch einen Tiefschlag zu verpassen: "Die Staatsanwaltschaft will die neue Situation mit drei einzelnen Anwälten nur für ihre eignen Sache nutzen", so Christians, der schon zuvor betont hatte, seiner Meinung nach erhoffe sich der Staat davon, dass die Angeklagten gegeneinander aussagen und damit die Beweislage stärken. "Sie sind hiermit entschuldigt", verabschiedete Damaseb schließlich Christians, der umgehend seine Sachen zusammenpackte und in den Besucherreihen Platz nahm.

Gute drei Wochen ruht der Prozess nun, bis zu den nächsten Vorverhandlungen am Obergericht will das Direktorat für Rechtsbeistand drei neue Anwälte ernennen, die sich dann zunächst in die knapp 3000 Seiten starken Prozessakten einlesen müssen und anschließend bereits gehörte Staatszeugen erneut ins Kreuzverhör nehmen dürfen."Sie sollte damit nicht durchkommen"Zu Beginn des Prozesstages hatte Christians noch einen kleinen letzten Sieg gefeiert: Nach einem mehrwöchigen Nebenprozess, mit dem der Verteidiger die Zulässigkeit von Aussagen der Beukes-Brüder aus den ersten drei Tagen nach der Verhaftung angefochten hatte, urteilte Richter Damaseb gestern, dass ein Großteil der Aussagen nicht als Beweismittel für die Hauptverhandlung verwendet werden dürfen. Die Staatsanwältin habe nicht geschafft, zu beweisen, dass den Brüdern bei der Verhaftung ihre Verfassungsrechte erklärt und sie nicht von der an der Festnahme beteiligten Beamten geschlagen worden seien, urteilte Damaseb.

Nach der Verhandlung trug Christians sein Aus mit Fassung, aber auch verärgert: "Ich wollte mein Mandat ganz sicher nicht niederlegen", betonte er im AZ-Gespräch. "Schon allein aus dem Grund nicht, dass die Staatsanwältin mit ihrem Plan nicht durchkommen soll."