"Dann habe ich sie erschossen"
Windhoek - Zum ersten Mal stand gestern der heute 23 Jahre alte mutmaßliche Haupttäter des Blutbads auf der Farm Kareeboomvloer in der Hauptverhandlung im Zeugenstand und schilderte seine Version der Geschehnisse. Interessant ist seine Aussage, weil er als einziger Zeuge direkt den Sohn der getöteten Eigentümer, den ebenfalls angeklagten Shorty Erasmus (30) belastet und als Auftraggeber des Mordes ins Spiel gebracht hatte.
Ohne Gefühlsregung, in kurzen Sätzen und wenig detailfreudig schilderte Beukes, wie er Anfang März 2005 im Auftrag von Erasmus jnr. mit seinem ebenfalls angeklagten Bruder Gavin ("Er wusste von nichts") auf die Farm zwischen Rehoboth und Kalkrand gefahren war, dort mehrere Arbeiter ausgetrickst, mit einer ihm im Vorfeld von Shorty ausgehändigten Waffe sowie einem aus dem Farm-Safe gestohlenen Gewehr bedroht, gefesselt und anschließend eingesperrt hatte. "mein Bruder wusste von dem Plan nichts", betonte der 23-Jährige, der auch vor Gavin nicht Halt gemacht haben will.
Als er seinen Bruder und einen Arbeiter unter einem Vorwand zu den Rindern geschickt hatte, um das Haus ungestört ausräumen zu können, die beiden Männer aber "zu früh zurückgekommen" seien, habe er ein aus dem Safe gestohlenes .22-Gewehr auf beide gerichtet und sie gefesselt. Gleiches habe er mit zwei weiteren Angestellten sowie einer Frau und deren zwei Kindern getan. Eigentliches Ziel sei aber das Ehepaar Erasmus gewesen, dass er unter dem Vorwand, ein Arbeiter sei schwer verletzt, auf die Farm habe locken lassen. Der Vorarbeiter Sunnyboy Swartbooi habe den Anruf tätigen müssen, wenig später sei ihm (Sylvester) von Shorty die Abfahrt der Eltern bestätigt worden. Als Rassie und Elzabé Erasmus auf Kareebomvloer eintrafen, "rief ich sie vors Haus, befahl ihnen, niederzuknien, dann habe ich sie erschossen. Ich weiß nicht mehr, wen zuerst. Sie starben. Dann habe ich die Leichen in ein Bettlaken gewickelt und ins Haus gebracht. Allein.", rekapitulierte der 23-Jährige die Ereignisse. Er habe "sehr viel" Dagga geraucht und auch Bier getrunken. "Ich kann nicht beschreiben, was ich gefühlt habe. Ich weiß nicht." Er habe aber im Moment der Tat nicht darüber nachgedacht, ob er etwas Ungesetzliches tue, für das er bestraft werden könnte, meinte er auf die Frage seines Verteidigers Titus Ipumbu. Danach habe er Shorty Vollzug gemeldet: "Ich bin fertig. Was soll ich als nächstes tun?" Hier endete gestern die Aussage, die heute fortgesetzt wird und in der Sylvester wahrscheinlich auch die weiteren sechs ihm vorgeworfenen Morde an Angestellten der Farm gestehen wird.
Wenn man Sylvester Beukes Glauben schenken darf, steht hinter dem Blutbad auf der Farm ein perfider Mordplan, der über Jahre gesponnen wurde. Schon im September 2003 soll Shorty die Idee erstmals aufs Tapet gebracht haben, nachdem es kurz zuvor zu einem Streit mit seinem Vater gekommen war, berichtete Beukes am Vormittag. Bei einem gemeinsamen Arbeitseinsatz von ihm und Shorty auf Farm Kareeboomvloer habe Shorty ihm dann über einem Bier von dem Plan berichtet, im Rahmen dessen nicht nur Rassie und Elzabé Erasmus, sondern auch Shortys Schwester Yolande aus dem Weg geräumt werden sollte. Diese, so habe Shorty erklärt, sei stets von den Eltern bevorzugt worden - offenbar auch hinsichtlich des Familienerbes. Er selbst sei nicht sonderlich begeistert von die Idee gewesen: "Ich fand es hart, wollte, dass wir den Plan fallen lassen". Shorty habe ihm aber Bedenkzeit eingeräumt, bis Dezember 2003 solle die Tat allerdings ausgeführt werden, die Waffe, so Sylvester habe ihm Erasmus jnr. besorgen wollen. Dazu sei es allerdings nicht gekommen, weil der gewichtige Erasmus-Sprössling seine Ferien in Henties Bay verbracht und sich nicht gemeldet habe. Über das Jahr 2004 habe man dann gelegentlich wieder die Idee diskutiert, im Dezember wurden dann - so Beukes - während einer Autofahrt in Windhoek Nägel mit Köpfen gemacht.
Der Pakt: Sylvester solle 50000 N$ in bar bekommen. Da ihm das nach eigenem Bekunden nicht gereicht habe, habe ihm Shorty auch noch "alles, was Du willst", also Wertgegenstände von der Farm versprochen. Shorty habe allerdings angedeutet, dass das Geld erst sechs Monate nach der Tat fließen könne - wegen Policen. "Wahrscheinlich Versicherungen", kommentierte der Angeklagte gestern. Am 31. Januar 2005 sei es dann - so behauptet zumindest Sylvester - soweit gewesen: Er sei von seinem Wohnort Rehoboth nach Windhoek gekommen, um die Söhne seines Bruders abzuholen und habe sich dann mit Shorty in Klein Windhoek getroffen. Dieser habe ihn und die Jungen zum Taxistand befördert, auf der Fahrt sei ihm dann von Shorty aus dem Handschuhfach ein .38-Revolver, Munition und die Waffenlizenz übergeben worden, die er später mit nach Kareeboomvloer gebracht haben will.
Shorty Erasmus hat jegliche Verstrickung in die Morde bestritten, gestern war ihm allerdings Anspannung anzumerken. Ob er selber aussagen wird, ist noch offen. Sein Verteidiger Petrie Theron hatte angekündigt, zunächst Sylvesters Aussage abzuwarten. Gleiches gilt für Gavin Beukes. Der vierte Angeklagte, Stoney Neidel (31), bei dem Teile der Beute gefunden worden waren, wird hingegen weder aussagen noch Verteidigungszeugen aufrufen.
Allen vier werden 15 Anklagepunkte, darunter achtfacher Mord, schwerer Raub und Brandstiftung zur Last gelegt und gemeinschaftliche Tatausführung unterstellt.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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