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Das Bewusstsein fehlt

Swakopmund - "Würde der Staat Entwicklungshilfe in den produzierenden Sektor investieren und ausländische Fachkräfte für die Ausbildung zulassen, dann bräuchte die Zentralbank nicht solche Aussagen machen", erklärte der Swakopmunder Ledertechniker Herbert Schier in einem Gespräch mit der AZ und verwies dabei auf den Bericht "Wachstum bitter nötig" vom 17. Januar. In diesem wurde die Meinung der namibischen Zentralbank (Bank of Namibia, BoN) reflektiert, wonach einer der größten Stolpersteine im produzierenden Sektor der Mangel an Fachkräften sei. Zudem soll der produzierende Sektor zu klein sein und es werde viel zu wenig investiert. Und weiter: "Seit der Unabhängigkeit erfährt Namibia eine sehr begrenzte industrielle Entwicklung und importiert weiterhin den größten Teil der benötigten Produkte - vor allem aus Südafrika." Schier fragt sich, warum das so sein muss, denn: "Leder hat in diesem Land doch Zukunft", sagte er, "solange Fleisch gegessen wird, fallen Häute an". 70 Jahre Swakopmunder Tannery seien doch Beweis genug, dass es funktioniere. Schier habe vor zwei Jahren seine Tannery aufgeben müssen, weil er mit seinem industriellen Zweig die Innenstadt verlassen musste. "Ich sollte im Industriegebiet neu anfangen, doch das angebotene Grundstück war mir zu teuer", sagte er. Er hatte damals das komplette Inventar zum Kauf angeboten, "doch keiner hat die Gelegenheit ergriffen, die vollständige Gerätschaft eventuell als Ausbildungsmöglichkeit zu nutzen oder eventuell damit eine Gerberei in einer der kleineren Ortschaften zu errichten". Schier ist der Meinung, dass kleinere Gerbereien im Land verteilt nicht nur Arbeitsplätze schaffen, sondern auch zur Dezentralisierung beitragen würden. "Die Hebron-Garage in Usakos, die seit Jahren zum Verkauf steht, wäre ein idealer Standort für eine Gerberei", nannte Schier als Beispiel, "dort in einen produzierenden Sektor zu investieren, der ja förmlich auf der Straße liegt und nur aufgegriffen werden braucht, würde endlich mal zur Entwicklung dieser Ortschaft beitragen". Er fügte hinzu: "Für ein Seidenprojekt werden 15. Mio. Euro zur Verfügung gestellt", sagte er, "mit fünf Millionen Euro könnten schon drei kleinere Gerbereien im Land verteilt errichtet werden und für Beschäftigung und Weiterbildung sorgen".

Bezüglich der fehlenden Fachkräfte betonte Schier: "Wir haben uns jahrelang für dieses Land eingesetzt und sind immer noch bereit es zu tun." Schier schlug zudem vor, den "Senioren-Experten-Service" aus der Bundesrepublik in Anspruch zu nehmen. "Diese Entwicklungshilfe könnte doch eingesetzt werden", sagte er, "diese Menschen haben doch die Erfahrung und bringen ihr Wissen mit". Hier lasse sich aber die Regierung Chancen durch die Finger gleiten. "Ihre Kollegin hat Recht, wenn sie kommentiert, dass gut ausgebildete Ausländer willkommen geheißen werden und nicht als Übel und Arbeitsplatzkonkurrenten empfunden werden sollten", sagte er zur AZ. Immer öfter werde beim Erongo Economic Forum debattiert, die Industrie im Land zu halten, der Stolperstein sei aber hier nicht ein Mangel an Fachkräften, sondern das fehlende Bewusstsein der Regierung.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-29

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