Das innere Kind spielen lassen
WAZon: Frau Salvoldi, wie kam es dazu, dass Sie, als in Namibia noch unbekannte Künstlerin, den Auftrag für das Karakul-Denkmal bekamen?
Salvoldi: Der Karakulrat hatte das öffentlich ausgeschrieben. Alle namibischen Künstler wurden aufgerufen, eine Zeichnung und ein Budget einzureichen. Das Monument sollte nicht höher als zwei Meter sein und sollte auf irgendeine Weise ein Karakulschaf darstellen.
Das Lämmchen in meiner Statue steht für die Swakara-Industrie, ist aber auch zugleich ein Symbol für die Zukunft der Branche. Der Zuchtramm ist natürlich das Symbol der Karakulzucht. Ich hatte mir überlegt, wie wichtig die Schafwächter sind. Da die Karakulfarmerei vor allem im Süden des Landes betrieben wird, war es für mich selbstverständlich, dass der Hirte ein Nama sein mußte. In der zweiten Runde der Ausschreibung wurde ich gebeten, ein Modell anzufertigen. Daraufhin wurde ich mit der Herstellung des Monuments beauftragt. Ich habe sehr eng mit Karakulsachverständigen zusammengearbeitet, um einen charakteristischen Karakulramm naturgetreu darzustellen.
WAZon: Wie wird denn eine Bronzeskulptur hergestellt?
Salvoldi: Zuerst fertige ich eine ziemlich detaillierte Zeichnung an. Dafür mache ich meine Nachforschungen. Für dieses Standbild habe ich viel fotografiert. Für größere Sachen baue ich eigentlich immer ein Modell. Das hilft dabei, kleinere Probleme zu entdecken und auszubügeln. Auch beschäftigt man sich dadurch so intensiv mit der Figur, dass man später schon die Proportionen und Details im Auge und im Griff hat. Die Figuren wachsen sozusagen mit einem. Für die großen Figuren wird dann ein Stahlgerüst geschweißt und mit Styropor bekleidet. Das reduziert den Pleistozän-Verbrauch ungeheuer und macht die ganze Sache preisgünstiger. Das Pleistozän trocknet nicht an der Luft, man kann damit so lange formen und arbeiten wie man will. Ich habe etwa vier Monate an der Karakulstatue gearbeitet.
Nach diesem Stadium geht die Skulptur zur Bronzegießerei. Die fertigt eine Silikon-Gummi-Form von den Figuren an und schneidet sie in Stücke, da die Formen nicht zu groß sein dürfen. Von jedem Teil wird eine Wachs- und schließlich eine Keramikform hergestellt, die die Hitze der Bronze - etwa 1180"°C! - aushalten muss. Dann wird die Bronze gegossen. Nach drei Stunden ist die Bronze abgekühlt und die Keramikform wird zerschlagen. Dann müssen natürlich alle Stücke der Statue wieder zusammengeschweißt werden. Schließlich wird eine Patina aufgetragen, um die Texturen hervorzuheben, und damit die Skulptur lebendig aussieht.
WAZon: Wie wurden Sie zur Bildhauerin? Erzählen Sie uns mehr über Ihre Ausbildung und Ihren Werdegang.
Salvoldi: Ich wurde im November 1983 in Windhoek geboren und habe meine ganze Schullaufbahn an der DHPS absolviert. Ich hatte Kunst als Hauptfach. Zusätzlich hatte ich während meiner Schulzeit acht Jahre lang privaten Kunstunterricht. Ich verdiente mir ein wenig Taschengeld mit Auftragsarbeiten wie Wandmalereien oder dem Malen von Kulissen für Theateraufführungen sowie dem Herstellen von Kopfstücken und Masken.
Nach der Schule (2002) arbeitete ich für ein Jahr im Nationalmuseum in Windhoek. Dort fertigte ich hauptsächlich Zeichnungen von einheimischen Schmetterlingen an, die für ein Buch bestimmt waren. Seit 2003 lebe ich in Kapstadt, wo ich zuerst eine Film- und Medienschule besuchte. Die Ausbildung schloss ein Diplom als Maskenbildnerin ein. Aber der Kurs war nicht befriedigend für mich, weil wir kaum Modellieren oder Ähnliches lernten. Ende 2003 hatte ich die Gelegenheit an einem Film mitzuarbeiten, der in Kapstadt und Umgebung gedreht wurde. Da wusste ich, dass ich in dieser Industrie wahrscheinlich mehr würde lernen können. Dann machte ich fast zwei Jahre Mutterschaftsurlaub. Seit einem Jahr arbeite ich jetzt fast ausschließlich in der Filmindustrie.
WAZon: Was bedeutet die Kunst für Sie?
Salvoldi: Sie ist ein Teil von mir. Ob man ein Bild malt, eine Skulptur oder eine Marionette baut - alles ist Kreativität. Ich würde sagen, man lässt sein inneres Kind spielen. Ich kann mich nicht gut in Worten äußern, aber die Kunst ist eine Möglichkeit, meine persönliche Meinung auszudrücken, zu "erzählen", was mich beschäftigt - oder etwas zu tun, weil ich es cool finde. Ich bin einfach kreativ, es kommt mir natürlich, ich denke nicht viel darüber nach.
WAZon: Wie würden Sie Ihre Kunst beschreiben?
Salvoldi: Das ist ziemlich schwierig. Ich habe noch keine persönliche Kunstform oder Stilrichtung entwickelt. Ich würde mich eher als Handwerkerin sehen. Dazu braucht man natürlich Kunstfertigkeit, aber auch sehr viel Geschick. Man kann nur besser werden, wenn man seine Arbeit ständig kritisch betrachtet. Dabei hilft mir mein Lebenspartner sehr, der ebenfalls Bildhauer ist und ein sehr gutes Auge für Proportionen und Details hat.
Mein Stil ist sehr realistisch mit einem Hauch Stilisierung. In mancher Hinsicht bin ich wohl noch eine sehr naive, unerfahrene Künstlerin. Ich liebe natürliche und organische Formen und kann mich total verlieren im Detail. Ich bewundere den Stil der frühen Künstler Caravaggio und Courbet. Sie malten Chiaroscuro - mit vielen Hell-Dunkel-Kontrasten also. Ich habe mich stark von ihnen beeinflussen lassen. Die zwei Personen, die mich als Schülerin immer unterstützt haben, waren meine Kunstlehrerinnen Frau Schwerdtfeger und Frau Ulrich.
Ich habe jetzt schon einige Jahre nicht wirklich mehr gemalt, obwohl ich natürlich Zeichnungen anfertige für meine Arbeit. Durch die Arbeit am Filmset modelliere ich sehr viel, und fast alles, was ich herstelle, ist drei-dimensional.
WAZon: Was genau beinhaltet Ihre Arbeit im Filmbetrieb?
Salvoldi: Ich bin manchmal schon im Designstadium dabei. Ich modelliere, und meist male ich auch noch die fertigen Stücke an. Im Filmjargon nennen wir das "scenicing", weil es auch Texturen oder beispielsweise Haare mit einschließt.
Im Film ist alles "make-believe", Scheinwelt. Meist müssen Requisiten hergestellt werden. Das erfordert sehr viel technisches Können, denn die Stücke sollen preisgünstig sein, müssen aber transportabel, stabil und funktionell sein. Die Arbeit hinter den Kulissen ist anstrengend, denn alles muss in rasender Schnelle hergestellt werden. Man ist ständig unter Druck, weil alles trotzdem qualitativ gut aussehen muss. Deswegen arbeitet man hart und viele Stunden. Der Künstler muss sich da schon von seinem Werk distanzieren, weil das Produkt durch mehrere Phasen und verschiedene Hände geht. Aber dennoch, wenn man dann hinter den Kulissen steht und die Kamera rollt - das ist schon aufregend.
Salvoldi: Der Karakulrat hatte das öffentlich ausgeschrieben. Alle namibischen Künstler wurden aufgerufen, eine Zeichnung und ein Budget einzureichen. Das Monument sollte nicht höher als zwei Meter sein und sollte auf irgendeine Weise ein Karakulschaf darstellen.
Das Lämmchen in meiner Statue steht für die Swakara-Industrie, ist aber auch zugleich ein Symbol für die Zukunft der Branche. Der Zuchtramm ist natürlich das Symbol der Karakulzucht. Ich hatte mir überlegt, wie wichtig die Schafwächter sind. Da die Karakulfarmerei vor allem im Süden des Landes betrieben wird, war es für mich selbstverständlich, dass der Hirte ein Nama sein mußte. In der zweiten Runde der Ausschreibung wurde ich gebeten, ein Modell anzufertigen. Daraufhin wurde ich mit der Herstellung des Monuments beauftragt. Ich habe sehr eng mit Karakulsachverständigen zusammengearbeitet, um einen charakteristischen Karakulramm naturgetreu darzustellen.
WAZon: Wie wird denn eine Bronzeskulptur hergestellt?
Salvoldi: Zuerst fertige ich eine ziemlich detaillierte Zeichnung an. Dafür mache ich meine Nachforschungen. Für dieses Standbild habe ich viel fotografiert. Für größere Sachen baue ich eigentlich immer ein Modell. Das hilft dabei, kleinere Probleme zu entdecken und auszubügeln. Auch beschäftigt man sich dadurch so intensiv mit der Figur, dass man später schon die Proportionen und Details im Auge und im Griff hat. Die Figuren wachsen sozusagen mit einem. Für die großen Figuren wird dann ein Stahlgerüst geschweißt und mit Styropor bekleidet. Das reduziert den Pleistozän-Verbrauch ungeheuer und macht die ganze Sache preisgünstiger. Das Pleistozän trocknet nicht an der Luft, man kann damit so lange formen und arbeiten wie man will. Ich habe etwa vier Monate an der Karakulstatue gearbeitet.
Nach diesem Stadium geht die Skulptur zur Bronzegießerei. Die fertigt eine Silikon-Gummi-Form von den Figuren an und schneidet sie in Stücke, da die Formen nicht zu groß sein dürfen. Von jedem Teil wird eine Wachs- und schließlich eine Keramikform hergestellt, die die Hitze der Bronze - etwa 1180"°C! - aushalten muss. Dann wird die Bronze gegossen. Nach drei Stunden ist die Bronze abgekühlt und die Keramikform wird zerschlagen. Dann müssen natürlich alle Stücke der Statue wieder zusammengeschweißt werden. Schließlich wird eine Patina aufgetragen, um die Texturen hervorzuheben, und damit die Skulptur lebendig aussieht.
WAZon: Wie wurden Sie zur Bildhauerin? Erzählen Sie uns mehr über Ihre Ausbildung und Ihren Werdegang.
Salvoldi: Ich wurde im November 1983 in Windhoek geboren und habe meine ganze Schullaufbahn an der DHPS absolviert. Ich hatte Kunst als Hauptfach. Zusätzlich hatte ich während meiner Schulzeit acht Jahre lang privaten Kunstunterricht. Ich verdiente mir ein wenig Taschengeld mit Auftragsarbeiten wie Wandmalereien oder dem Malen von Kulissen für Theateraufführungen sowie dem Herstellen von Kopfstücken und Masken.
Nach der Schule (2002) arbeitete ich für ein Jahr im Nationalmuseum in Windhoek. Dort fertigte ich hauptsächlich Zeichnungen von einheimischen Schmetterlingen an, die für ein Buch bestimmt waren. Seit 2003 lebe ich in Kapstadt, wo ich zuerst eine Film- und Medienschule besuchte. Die Ausbildung schloss ein Diplom als Maskenbildnerin ein. Aber der Kurs war nicht befriedigend für mich, weil wir kaum Modellieren oder Ähnliches lernten. Ende 2003 hatte ich die Gelegenheit an einem Film mitzuarbeiten, der in Kapstadt und Umgebung gedreht wurde. Da wusste ich, dass ich in dieser Industrie wahrscheinlich mehr würde lernen können. Dann machte ich fast zwei Jahre Mutterschaftsurlaub. Seit einem Jahr arbeite ich jetzt fast ausschließlich in der Filmindustrie.
WAZon: Was bedeutet die Kunst für Sie?
Salvoldi: Sie ist ein Teil von mir. Ob man ein Bild malt, eine Skulptur oder eine Marionette baut - alles ist Kreativität. Ich würde sagen, man lässt sein inneres Kind spielen. Ich kann mich nicht gut in Worten äußern, aber die Kunst ist eine Möglichkeit, meine persönliche Meinung auszudrücken, zu "erzählen", was mich beschäftigt - oder etwas zu tun, weil ich es cool finde. Ich bin einfach kreativ, es kommt mir natürlich, ich denke nicht viel darüber nach.
WAZon: Wie würden Sie Ihre Kunst beschreiben?
Salvoldi: Das ist ziemlich schwierig. Ich habe noch keine persönliche Kunstform oder Stilrichtung entwickelt. Ich würde mich eher als Handwerkerin sehen. Dazu braucht man natürlich Kunstfertigkeit, aber auch sehr viel Geschick. Man kann nur besser werden, wenn man seine Arbeit ständig kritisch betrachtet. Dabei hilft mir mein Lebenspartner sehr, der ebenfalls Bildhauer ist und ein sehr gutes Auge für Proportionen und Details hat.
Mein Stil ist sehr realistisch mit einem Hauch Stilisierung. In mancher Hinsicht bin ich wohl noch eine sehr naive, unerfahrene Künstlerin. Ich liebe natürliche und organische Formen und kann mich total verlieren im Detail. Ich bewundere den Stil der frühen Künstler Caravaggio und Courbet. Sie malten Chiaroscuro - mit vielen Hell-Dunkel-Kontrasten also. Ich habe mich stark von ihnen beeinflussen lassen. Die zwei Personen, die mich als Schülerin immer unterstützt haben, waren meine Kunstlehrerinnen Frau Schwerdtfeger und Frau Ulrich.
Ich habe jetzt schon einige Jahre nicht wirklich mehr gemalt, obwohl ich natürlich Zeichnungen anfertige für meine Arbeit. Durch die Arbeit am Filmset modelliere ich sehr viel, und fast alles, was ich herstelle, ist drei-dimensional.
WAZon: Was genau beinhaltet Ihre Arbeit im Filmbetrieb?
Salvoldi: Ich bin manchmal schon im Designstadium dabei. Ich modelliere, und meist male ich auch noch die fertigen Stücke an. Im Filmjargon nennen wir das "scenicing", weil es auch Texturen oder beispielsweise Haare mit einschließt.
Im Film ist alles "make-believe", Scheinwelt. Meist müssen Requisiten hergestellt werden. Das erfordert sehr viel technisches Können, denn die Stücke sollen preisgünstig sein, müssen aber transportabel, stabil und funktionell sein. Die Arbeit hinter den Kulissen ist anstrengend, denn alles muss in rasender Schnelle hergestellt werden. Man ist ständig unter Druck, weil alles trotzdem qualitativ gut aussehen muss. Deswegen arbeitet man hart und viele Stunden. Der Künstler muss sich da schon von seinem Werk distanzieren, weil das Produkt durch mehrere Phasen und verschiedene Hände geht. Aber dennoch, wenn man dann hinter den Kulissen steht und die Kamera rollt - das ist schon aufregend.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
Zu diesem Artikel wurden keine Kommentare hinterlassen