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Dass Ihr mir já den Süden lobt!

Eberhard Hofmann
Die meisten Helden, Braven und Bravourösen, die zwischen Tsoaxhaobmund, Ovenduka und Ondangwa pendeln, ganz egal ob arbeits- oder urlaubsbedingt; schnuppe, ob auf passjona oder dienstlich – für allesamt hört Namibia irgendwie hinter dem letzten Kameldornbaum südlich von Rehoboth auf. Denn ab da, ungefähr am Wendekreis des Steinbocks, beginnt ja tote, endlose Landschaft, die Du möglichst schnell hinter Dich bringen musst.

Das is bei manchen auch historisch bedingt aus der Zeit, als Studenten und viel große Leut, Selbstverdiener, noch mit dem Zug nach Kapstadt oder Jo´hburg gefahren sind. Als die Teerstraße gleich ausserhalb von Ovenduka schon zu Ende war und als sich der Mensch zum Reisen einfach mehr Zeit nehmen musste, dafür aber gewiss war, dass der Zug ihn sicher, wenn auch häufig verspätet, ans erwünschte Ziel bringen würde.

Wer vom Süden her mit dem Zug den ersten schütteren Trockenwald mit Kameldorbäumen südlich von Rehoboth erreicht hatte, dem wurde´s wohl ums Herz. Jetzt kam das richtige Südwest mit Pflanzenwuchs, der sich mit kleinen Unterbrechungen bei Usakos und Kranzberg bis nach Tsumeb und Grootfontein nur ständig verbessern musste.

Umgekehrt, wer die letzten Kameldornbäume südlich von Rehoboth per Bahn hinter sich gelassen hatte, kam beim Anblick der öden Landschaft ins Stöhnen, weil von hier über Keetmanshoop – danach meistens mit langer Unterbrechung in Upington mit kurzem Abwechslungsblick in den riedgesäumten Oranje – über den Stunden dauernden Knotenpunkt De Aar bis zum Hexrivier im Kapland nur dürre, dorre, knochentrockene Landschaft zu sehen war.



Heiß und staubig

Auf den Bahnfahrten durch den nimmer-endenden Süden war´s entweder bleddy heiß und staubig. Die angeschnallte große Wasserflasche am Ende des Passagierganges im Schlafwagen war bald leergezapft. Oder, im Winter waren die Nächte durch den Süden wüst kalt, ungemütlich, und ´ne Ortschaft oder Station, wo´s beim Halt neben den Gleisen einen heissen Kaffee gab, waren einfach wüst rar. Auf den endlosen Strecken wurde dem Studenten schließlich noch das Skat-Kloppen leid, mit dem er anfangs die Route überbrücken wollte. Außerdem kam´s vor, dass der Zug oftmals lange auf offener Strecke hielt, aus keinem ersichtlichen Grund, was zu Ärger mit den Latrinen führte, die ja nur auf Fahrt zweckmäßig funktionierten.

Kein Wunder, dass der Mensch gegen den Süden voreingenommen blieb. Das änderte sich auch nich, als die Teerpad über Grünau nach Noordoewer bis ins Namaqualand hinein fertig war. Da konnte der Reisende in das Otjiauto umsteigen und den Süden noch schneller und kürzer als mit der Bahn hinter sich lassen. Das änderte aber nix an der Tatsache, dass die Autoreisenden immer noch die Öd- und Kahlstrecken zwischen den Rehobother Kameldornbäumen und den ersten Berieselungsfeldern am Olifantsrivier im Namaqualand bewältigen mussten, wie gesagt, mit kurzem Blick in den Oranje als Unterbrechung.

Inzwischen hat der Süden für die Muffel aus der Landesmitte und dem Norden seinen Charme und sein Ambiente wiedergewonnen. Oder der Süden wurde neu entdeckt mit seinen Perlen wie Lüderitzbucht, den Gästefarmen, dem Fischfluss-Canyon (für Jerries und deutsche Reiseführer, die kein Nam-Deutsch verstehen: Fish River Canyon).

Und jetzt haben auch zwei Magnaten unter den südafrikanischen Obstfarmern den Nam-Süden entdeckt, nich so sehr, um sich Gondwana-Perlen anzusehen, sondern in den Anbau von Tafeltrauben einzusteigen. Zuckersüß, sonnengereift und kernlos, dass Du kaum aufhören kannst zuzulangen, bis der Magen ob der frischen Menge rebelliert, obwohl der ansonsten ja gut mit gegärtem Traubensaft umgehen kann. Die Traubenbauern, die vom Kap einsteigen – was sagt die Ausländerphobie unserer Comräds dazu, weil es sich hier ja um Ausländerbeteiligung an der Bodennutzung handelt? – also die Grape Alliance (hat nix mit Demokratischer Turnhallenallianz zu tun) will auf 1100 Hektar bei Aussenkehr 700 000 Kartons Tafeltrauben verpacken. Die sollen sich die Europäer trefflich munden lassen. Lokale Arbeitskräfte können sich freuen, auch wenn se am Oranje bleddy-well schwitzen müssen und den Süden so wenig lieben wie Fahrgäste der Eisenbahn damals. Aber die Leut´, die am Oranje den Sommer aushalten, kommen schneller in den Himmel, weil ´se die höllische Hitze schon hinter sich ham. So behaupten´s die Menschen am Gariep selbst.

Dass Ihr uns já den Süden lobt, der hat´s in sich. Und der bringt mit etwas Zeit und Muße allerhand Selbsterkenntnis.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-22

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