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Der Beschützer

Francois Dames ist Pastor und unterrichtet die Kampfkunst Krav Maga
Praktikant Praktikant
Boxen, Judo, MMA – es gibt unzählige Kampfsportarten. Krav Maga ist keine davon. „ Krav Maga ist Kampf, Punkt. Kein Sport“, betont Trainer Francois Dames. Es gibt keine Wettkämpfe, keine Gürtel und keine Abzeichen und am wichtigsten: keine Regeln. „Im Ernstfall hält sich auch niemand an Regeln und nur dafür wird hier trainiert. Hierbei geht es ums Leben, ums Überleben“, sagt Dames.

Der Umgangston ist rau im Studio des Auas Hills Retirement Village, wenn Trainer Francois Dames seine Schüler in der israelischen Kampfkunst unterrichtet. Trainiert wird zu zweit – einer greift an, der andere verteidigt sich. „Gib mir dein Geld! Wo sind Deine Autoschlüssel? Gib mir alles was Du in den Taschen hast!“. Die Angreifer gehen ihre Opfer körperlich an – schlagen, schubsen und beleidigen. Die Opfer versuchen vor allem Ruhe zu bewahren. „Einlenken und beobachten“, mahnt Dames immer wieder. Die Hände schützend vor dem Gesicht, den Blick auf der Brust des Angreifers – nicht in die Augen, um nicht unnötig zu provozieren – die Füße immer dicht am Boden. Die Opfer greifen in die imaginären Taschen ihrer Sportkleidung und werfen imaginäre Geldbörsen und Autoschlüssel auf den Boden. Sie versuchen beruhigend auf ihr Gegenüber einzuwirken.

Vor dem Kampf braucht es vor allem mentale Stärke. Die Kunst ist es, es gar nicht erst zum Kampf kommen zu lassen. „Wenn wir angegriffen werden, geben wir alles ab, was wir haben – Geld, Schlüssel, Kreditkarte“, sagt Francois Dames. „Wenn es aber um unser Leben und unsere Gesundheit geht, greifen wir an, mit ganzer Kraft und Aggressivität.“ Und dann muss der erste Schlag sitzen, für einen zweiten bleibt vielleicht keine Zeit mehr. Präzision und Aggression sind dabei wichtiger als körperliche Kraft. Mit der richtigen Technik könne eine zierliche Frau einen ausgewachsenen Mann entwaffnen und kampfunfähig machen. „Was für Frauen nicht funktioniert, das machen wir nicht“, sagt Dames.

Jetzt verteilt Dames Waffen an seine Kursteilnehmer – täuschend echte Pistolen aus schwarzem Hartgummi. Der Angriff erfolgt von hinten. Mit einer Hand umklammert der Angreifer sein Opfer, mit der anderen presst er ihm die Pistole an die Kehle. Der Druck des Pistolenlaufs an der Halsschlagader macht das Schlucken schwer. Wäre die Pistole nicht aus Gummi, dann wäre jetzt der Moment um in Panik zu geraten. Aber das wäre fatal, weiß Trainer Francois Dames. „In einer solchen Situation fallen die meisten Menschen in eine Schockstarre oder handeln unüberlegt.“ Deshalb trainiert Dames mit seinen Kursteilnehmern die Ruhe zu bewahren – egal wie viel Adrenalin in der Blutbahn unterwegs ist.

Liegestützen, Sprints und Kniebeugen treiben den Puls in die Höhe und simulieren eine Stresssituation. Jetzt ist Timing gefragt. Ein kräftiger Schritt zurück, den Arm des Angreifers mit der einen Hand fixieren – die andere Hand presst den Griff der Waffe mit aller Kraft gegen den eigenen Hüftknochen. „Jetzt nicht loslassen, sonst bringt er dich um“, ruft Dames. Eine gekonnte Drehung am Handgelenk und Tritte zwischen die Beine zwingen den Angreifer dazu, die Waffe loszulassen. Hat das Opfer die Pistole in der Hand, bleibt dem Angreifer nichts anderes übrig, als sich auf den Boden zu legen.

In seinen Kursen bringt Francois Dames seinen Schülern bei, den eigenen Körper als Waffe einzusetzen. „Viele denken bei Selbstverteidigung oft zuerst an Pfeffersprays und Elektroschocker, aber wenn sie in eine bedrohliche Situation geraten, sind diese Dinge meistens tief in der Handtasche vergraben. Unsere Hände haben wir dagegen immer griffbereit.“

Krav Maga kommt aus dem hebräischen und bedeutet so viel wie „Kontaktkampf“. Ursprünglich wurde die Kampfsporttechnik vom israelischen Militär entwickelt und später in die Ausbildung von Soldaten und Polizisten weltweit integriert. Francois Dames praktiziert Krav Maga seit vier Jahren. Er leitet die Kampfschule Truekrav in Namibia. In Kursen bringt er Menschen bei, sich selbst aus gefährlichen Situationen zu befreien. Er bietet Anti-Vergewaltigungs-Workshops in Katutura, Kurse für Männer und Frauen, sowie Fortbildungen für Unternehmen und Sicherheitsleute an. „Was auch immer gefragt ist“, sagt Dames.

Ein Hobby, bei dem man sich zweimal wöchentlich auf die schlimmsten Situationen vorbereitet – das ist nichts für jedermann, weiß auch Francois Dames. Durch das Training werde man wachsamer und beobachtet seine Umwelt genauer. „Du lernst Situationen richtig einzuschätzen. Das bedeutet aber nicht, in ständiger Angst zu leben.“

Krav Maga ist Dames´ Leidenschaft. „Ich habe schon immer gerne Sport getrieben“, erzählt er. Früher habe er geboxt, Rugby gespielt, Judo und MMA ausprobiert. „Außerdem liegen mir Menschen und deren Sicherheit am Herzen. Ich bin ein Beschützer-Typ“, sagt Dames und lacht. Mit Krav Maga ließ sich beides verbinden. Francois Dames liebt den Kontakt mit Menschen, darum dreht sich auch seine zweite große Leidenschaft: Er arbeitet als Pastor bei der Fresh-Kirche. Zwischen seinem brutalen Hobby und der Arbeit als Seelsorger sieht Dames keinen Widerspruch, im Gegenteil. „Als Pastor und als Trainer kann ich Menschen Kraft geben“, sagt er. „Wir dürfen nicht verdrängen, dass täglich schlimme Dinge überall auf der Welt passieren.“ Er wolle Menschen helfen, mit solchen Erfahrungen umzugehen – als Pastor und als Trainer.

Am Ende jeder Trainingsstunde stellen sich die Krav-Maga-Schüler in einem Kreis zusammen. Sie legen sich die Arme um die Schultern und Francois Dames spricht ein Gebet. Ein Ritual – fast wie eine Versöhnung – nach zwei Stunden, in denen für christliche Werte wie Frieden und Nächstenliebe nur wenig Platz war.

Von Theresa Lang

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-15

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