Der Duft der großen, weiten Welt
Aus dem Schädel der irre grinsenden Frau mit dem wirren Haar quillt Popcorn. Auch die Schädeldecke des jungen Mannes mit der rot-grünen 3D-Brille wird vom Mais-Snack gesprengt. Popcorn statt Hirn? "Nein, aber Popcorn steht als Symbol für den Kinobesuch", erklärt Volker Röder, Pressesprecher des "Wild Cinema Windhoek International Film Festival", die schrillen Motive der Werbeplakate. "Wir wollten damit vermitteln, dass Kino in erster Linie Unterhaltung und Spaß bedeutet." Doch nicht nur zur Unterhaltung möchte das ambitionierte Filmfestival beitragen, auch der Horizont seiner Besucher soll erweitert werden. "Open Your Mind" lautet das diesjährige Motto von Wild Cinema - offen und aufgeschlossen soll das namibische Publikum gegenüber den 23 internationalen Filmen sein, die vom 4. bis 13. April den Duft der großen, weiten Welt in die Hauptstadt wehen lassen. Zusätzlich geben 12 namibische Produktionen und 15 Musikvideos einen Einblick in die Arbeit der noch jungen lokalen Filmindustrie.
Den Startschuss zum Festival gibt am 3. April um 19.30 Uhr der offizielle Eröffnungsfilm "10.000 BC" im Nationaltheater. Das Urzeit-Epos von Roland Emmerich, das zu einem großen Teil in Namibia gedreht wurde, verspricht beste Hollywood-Unterhaltung mit imposanten Bildern und Spezialeffekten. Wer nicht zu den geladenen Gästen gehört, kann mit etwas Glück eines der limitierten Tickets ab Montag, 31. März, für N$ 100 (incl. Catering) im Box Office des Nationaltheaters erwerben. Für alle anderen wird "10.000 BC" auch am 10. und 12. April noch einmal im Ster Kinekor gezeigt.
Das übrige Programm, das ab sofort an allen Veranstaltungsorten (FNCC, Warehouse, NTN, Ster Kinekor, Goethe-Zentrum) ausliegt und online von der Festival-Website heruntergeladen werden kann, richtet sich mit moderaten Eintrittspreisen an ein breites Publikum. Für jeweils N$ 10 locken das FNCC und das Warehouse, N$ 20 müssen für die Open-Air-Vorführung von "Big Fellas" am 13.April im Zoo Park hingeblättert werden. Die meisten der internationalen Produktionen laufen indes auf 35mm im Ster Kinekor und sind für N$25 pro Vorführung zu sehen. Vom Drama, über Action-Thriller bis hin zur Komödie lassen die Festival-Filme das Herz eines jeden Kinogängers höher schlagen.
Da wäre zum Beispiel die deutsche Tragikomödie "Emma's Bliss" (Emmas Glück) von Regisseur Sven Taddicken. Basierend auf dem gleichnamigen Roman von Claudia Schreiber erzählt der Film die anrührende Geschichte der jungen Bäuerin Emma (Jördis Triebel) die alleine mit ihren Schweinen und Hühnern auf einem abgelegenen Gehöft lebt, ein zärtliches Verhältnis zu ihren Tieren pflegt, menschliche Besucher aus dem Dorf aber gerne mal mit gezückter Schrotflinte vom Hof jagt. Ein Autounfall wirft ihr eines Tages sprichwörtlich den krebskranken Autohändler Max (Jürgen Vogel) vor die Füße. Zwischen den beiden Außenseitern, die beide auf ihre Art am Rande der Gesellschaft stehen, entwickelt sich eine zarte Liebesbeziehung, die von Anfang an Max' drohenden Tod einbezieht. Unsentimental, schrullig und humorvoll spielen sich die grandiosen Hauptdarsteller in das Herz des Zuschauers. Als "Film über das Sterben, der von der Lust am Leben erzählt", beschreibt Regisseur Taddicken sein Werk, das zu den Highlights des Festivals gezählt werden darf. Der Film läuft am 7.April um 20.30 Uhr, sowie am 13. April um 18 Uhr im Ster Kinekor.
Hervorzuheben ist auch das französisch-marokkanische Roadmovie "Le Grand Voyage" von Ismaël Ferroukhi. Darin begibt sich der junge Marokkaner Reda mit seinem Vater von Frankreich aus auf Pilgerreise nach Mekka. Reda, der in Frankreich geboren und aufgewachsen ist und kurz vor der Aufnahmeprüfung fürs College steht, versteht seinen Vater so wenig, wie der ihn und empfindet die Autofahrt quer durch Europa und die arabische Welt als Zumutung. Immer wieder geraten Vater und Sohn aneinander, doch Kilometer um Kilometer beginnen sie auch langsam, sich anzunähern. Die Vater-Sohn-Beziehung offenbart das komplexe Geflecht von Familie, Kultur und Religion in Zeiten der Globalisierung und die Identitätssuche eines jungen Migranten der zweiten Generation, dem das europäische Leben vertrauter ist, als die arabischen Wurzeln seines Vaters. "Le Grand Voyage" wird am 5. April um 21 Uhr im FNCC gezeigt.
Neben solchen Highlights der internationalen Filmszene, bemühen sich Festival-Direktorin Irmgard Schreiber und ihr Team auch in diesem Jahr wieder um die Förderung der einheimischen Filmindustrie. Dabei steht ihnen erstmals auch die namibische Filmkommission zur Seite. "Das ist ein ganz großer Schritt für uns, dass eine Regierungsorganisation die Wichtigkeit des Festivals für die lokale Industrie erkennt und uns deshalb unterstützt", freut sich Irmgard Schreiber über den neuen Hauptsponsor. Die Förderung des namibischen Films erfolgt in der Tat auf allen Ebenen. Nicht nur, dass junge Trainees in die Vorbereitungen des Festivals einbezogen werden. Auch auf der Leinwand ist Namibia präsent. 12 Kurz-, Spiel- und Dokumentarfilme widmen sich zu großen Teilen Themen der namibischen Gesellschaft. So beschreibt Bienvenu Lukokis Kurzfilm "Child of Sorrows" durch die Augen eines fünfjährigen Kindes den alltäglichen Überlebenskampf in ärmlichen Verhältnissen. Nghidipo Nangolos Dokumentation "Sky Masters" erzählt von der Unterdrückung schwarzer Musik zu Zeiten der Apartheid und wirft einen Blick auf den Township-Jazz der 40er Jahre. Und die Dokus "Birth of Liberation" und "The Forgotten Survivors" dokumentieren, wie Schwule, Lesben und andere sexuelle Minderheiten in Namibia tagtäglich gegen Vorurteile und für ihre Rechte kämpfen müssen. Es lohnt sich also durchaus, im Rahmen von Wild Cinema einen Blick auf die sozial engagierten Produktionen einheimischer Filmemacher zu werfen. Die besten unter ihnen werden am 16. April im Nationaltheater mit den Namibia Movie Awards in insgesamt 11 Kategorien ausgezeichnet. Außerdem kann das Publikum bei jeder Vorstellung über den besten nationalen und internationalen Film für den Publikumspreis abstimmen.
Den Entertainment-Faktor bedient der Musikvideo-Wettbewerb, in dem 15 lokale Produktionen von Stars wie Gazza, Ees oder Lady May erstmals um den "Best Music Video Award" konkurrieren. Sie stellen die wohl produktivste Sparte des namibischen Filmmarktes da und werden deshalb im Rahmen der Preisverleihung am 16. April gesondert geehrt. Außer Konkurrenz läuft hingegen das Video zum Song "Life is Missing You" der Popband G3, das kürzlich in einem Workshop des Goethe Zentrums von jungen Nachwuchsfilmern gedreht wurde. Zu sehen ist der Streifen am 5. April um 11 Uhr beim "Filmmakers Brunch" im Goethe Zentrum, sowie mit allen anderen Musikvideos am 9. April um 21 Uhr im Warehouse.
Angesichts dieses vielfältigen Programms stehen die Aussichten gut, dass sich die Hoffnungen von Hauptsponsorin Seija Kinni-Huttonen von der finnischen Botschaft, das Festival möge Emotionen und anregende Diskussionen wecken, erfüllen. Bleibt zu hoffen, dass die Windhoeker dem Duft der großen, weiten Welt in die Kinosäle folgen, um mit vielfältigen Eindrücken statt Popcorn im Kopf heimzukehren. Open your Mind! www.wildcinema.org
Den Startschuss zum Festival gibt am 3. April um 19.30 Uhr der offizielle Eröffnungsfilm "10.000 BC" im Nationaltheater. Das Urzeit-Epos von Roland Emmerich, das zu einem großen Teil in Namibia gedreht wurde, verspricht beste Hollywood-Unterhaltung mit imposanten Bildern und Spezialeffekten. Wer nicht zu den geladenen Gästen gehört, kann mit etwas Glück eines der limitierten Tickets ab Montag, 31. März, für N$ 100 (incl. Catering) im Box Office des Nationaltheaters erwerben. Für alle anderen wird "10.000 BC" auch am 10. und 12. April noch einmal im Ster Kinekor gezeigt.
Das übrige Programm, das ab sofort an allen Veranstaltungsorten (FNCC, Warehouse, NTN, Ster Kinekor, Goethe-Zentrum) ausliegt und online von der Festival-Website heruntergeladen werden kann, richtet sich mit moderaten Eintrittspreisen an ein breites Publikum. Für jeweils N$ 10 locken das FNCC und das Warehouse, N$ 20 müssen für die Open-Air-Vorführung von "Big Fellas" am 13.April im Zoo Park hingeblättert werden. Die meisten der internationalen Produktionen laufen indes auf 35mm im Ster Kinekor und sind für N$25 pro Vorführung zu sehen. Vom Drama, über Action-Thriller bis hin zur Komödie lassen die Festival-Filme das Herz eines jeden Kinogängers höher schlagen.
Da wäre zum Beispiel die deutsche Tragikomödie "Emma's Bliss" (Emmas Glück) von Regisseur Sven Taddicken. Basierend auf dem gleichnamigen Roman von Claudia Schreiber erzählt der Film die anrührende Geschichte der jungen Bäuerin Emma (Jördis Triebel) die alleine mit ihren Schweinen und Hühnern auf einem abgelegenen Gehöft lebt, ein zärtliches Verhältnis zu ihren Tieren pflegt, menschliche Besucher aus dem Dorf aber gerne mal mit gezückter Schrotflinte vom Hof jagt. Ein Autounfall wirft ihr eines Tages sprichwörtlich den krebskranken Autohändler Max (Jürgen Vogel) vor die Füße. Zwischen den beiden Außenseitern, die beide auf ihre Art am Rande der Gesellschaft stehen, entwickelt sich eine zarte Liebesbeziehung, die von Anfang an Max' drohenden Tod einbezieht. Unsentimental, schrullig und humorvoll spielen sich die grandiosen Hauptdarsteller in das Herz des Zuschauers. Als "Film über das Sterben, der von der Lust am Leben erzählt", beschreibt Regisseur Taddicken sein Werk, das zu den Highlights des Festivals gezählt werden darf. Der Film läuft am 7.April um 20.30 Uhr, sowie am 13. April um 18 Uhr im Ster Kinekor.
Hervorzuheben ist auch das französisch-marokkanische Roadmovie "Le Grand Voyage" von Ismaël Ferroukhi. Darin begibt sich der junge Marokkaner Reda mit seinem Vater von Frankreich aus auf Pilgerreise nach Mekka. Reda, der in Frankreich geboren und aufgewachsen ist und kurz vor der Aufnahmeprüfung fürs College steht, versteht seinen Vater so wenig, wie der ihn und empfindet die Autofahrt quer durch Europa und die arabische Welt als Zumutung. Immer wieder geraten Vater und Sohn aneinander, doch Kilometer um Kilometer beginnen sie auch langsam, sich anzunähern. Die Vater-Sohn-Beziehung offenbart das komplexe Geflecht von Familie, Kultur und Religion in Zeiten der Globalisierung und die Identitätssuche eines jungen Migranten der zweiten Generation, dem das europäische Leben vertrauter ist, als die arabischen Wurzeln seines Vaters. "Le Grand Voyage" wird am 5. April um 21 Uhr im FNCC gezeigt.
Neben solchen Highlights der internationalen Filmszene, bemühen sich Festival-Direktorin Irmgard Schreiber und ihr Team auch in diesem Jahr wieder um die Förderung der einheimischen Filmindustrie. Dabei steht ihnen erstmals auch die namibische Filmkommission zur Seite. "Das ist ein ganz großer Schritt für uns, dass eine Regierungsorganisation die Wichtigkeit des Festivals für die lokale Industrie erkennt und uns deshalb unterstützt", freut sich Irmgard Schreiber über den neuen Hauptsponsor. Die Förderung des namibischen Films erfolgt in der Tat auf allen Ebenen. Nicht nur, dass junge Trainees in die Vorbereitungen des Festivals einbezogen werden. Auch auf der Leinwand ist Namibia präsent. 12 Kurz-, Spiel- und Dokumentarfilme widmen sich zu großen Teilen Themen der namibischen Gesellschaft. So beschreibt Bienvenu Lukokis Kurzfilm "Child of Sorrows" durch die Augen eines fünfjährigen Kindes den alltäglichen Überlebenskampf in ärmlichen Verhältnissen. Nghidipo Nangolos Dokumentation "Sky Masters" erzählt von der Unterdrückung schwarzer Musik zu Zeiten der Apartheid und wirft einen Blick auf den Township-Jazz der 40er Jahre. Und die Dokus "Birth of Liberation" und "The Forgotten Survivors" dokumentieren, wie Schwule, Lesben und andere sexuelle Minderheiten in Namibia tagtäglich gegen Vorurteile und für ihre Rechte kämpfen müssen. Es lohnt sich also durchaus, im Rahmen von Wild Cinema einen Blick auf die sozial engagierten Produktionen einheimischer Filmemacher zu werfen. Die besten unter ihnen werden am 16. April im Nationaltheater mit den Namibia Movie Awards in insgesamt 11 Kategorien ausgezeichnet. Außerdem kann das Publikum bei jeder Vorstellung über den besten nationalen und internationalen Film für den Publikumspreis abstimmen.
Den Entertainment-Faktor bedient der Musikvideo-Wettbewerb, in dem 15 lokale Produktionen von Stars wie Gazza, Ees oder Lady May erstmals um den "Best Music Video Award" konkurrieren. Sie stellen die wohl produktivste Sparte des namibischen Filmmarktes da und werden deshalb im Rahmen der Preisverleihung am 16. April gesondert geehrt. Außer Konkurrenz läuft hingegen das Video zum Song "Life is Missing You" der Popband G3, das kürzlich in einem Workshop des Goethe Zentrums von jungen Nachwuchsfilmern gedreht wurde. Zu sehen ist der Streifen am 5. April um 11 Uhr beim "Filmmakers Brunch" im Goethe Zentrum, sowie mit allen anderen Musikvideos am 9. April um 21 Uhr im Warehouse.
Angesichts dieses vielfältigen Programms stehen die Aussichten gut, dass sich die Hoffnungen von Hauptsponsorin Seija Kinni-Huttonen von der finnischen Botschaft, das Festival möge Emotionen und anregende Diskussionen wecken, erfüllen. Bleibt zu hoffen, dass die Windhoeker dem Duft der großen, weiten Welt in die Kinosäle folgen, um mit vielfältigen Eindrücken statt Popcorn im Kopf heimzukehren. Open your Mind! www.wildcinema.org
Kommentar
Allgemeine Zeitung
Zu diesem Artikel wurden keine Kommentare hinterlassen