Der Kampf gegen die Plastikflut
Plastiktüten werden in Deutschland immer seltener. Nach ersten Schätzungen der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung (GVM) dürften im vergangenen Jahr 20 Prozent weniger der umweltschädlichen Tragehilfen verbraucht worden sein als 2016. Im Vergleich zum Jahr 2012 dürfte der Rückgang sogar bei mehr als 50 Prozent liegen.
Ein Grund zum Aufatmen ist das aber nur bedingt. Denn selbst wenn sich die Schätzungen bewahrheiten, wurden 2017 in der Bundesrepublik immer noch rund drei Milliarden Plastiktüten in den Verkehr gebracht.
„Noch immer viel zu viel“
Für den Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), Jürgen Resch, steht fest: „Das ist noch immer viel zu viel.“ Der Umweltschützer ist überzeugt: Das Problem ist mit der bisher in Deutschland praktizierten Selbstverpflichtung des Handels, Plastiktüten zu vermeiden, nicht in den Griff zu bekommen. Dass in den meisten Supermärkten „normale“ Plastiktüten nicht mehr verkauft werden, und dass auch in Buchläden und Modegeschäften inzwischen die umstrittenen Tragehilfen immer öfter extra bezahlt werden müssen, reicht ihm nicht.
Tatsächlich gehen andere Länder teils weit schärfer gegen Plastiktüten vor und erreichen damit auch deutlich durchschlagendere Erfolge. In Irland etwa wird jede Plastiktüte seit Jahren mit 22 Cent besteuert. Das Geld fließt in einen Umweltfonds. Mit Erfolg: Der Plastiktütenverbrauch sank dort laut EU-Kommission um fast 95 Prozent.
Noch härter geht Kenia vor. Aus dem afrikanischen Land war die Plastiktüte bis vor kurzem kaum wegzudenken, vom Einkauf im Supermarkt oder im Straßenverkauf bis zur praktischen Tragetasche und sogar als Toilette in den Slums. Etwa 100 Millionen Tüten wurden der kenianischen Umweltbehörde Nema zufolge jährlich allein von Supermärkten ausgeteilt.
Die Tüte war ein massives Umweltproblem. Doch viele der Gegenmaßnahmen, die in Deutschland und anderen europäischen Staaten Erfolg gezeigt haben, haben in Entwicklungsländern wie Kenia keine Chance. In Staaten mit einer großen informellen Wirtschaft sind etwa Steuern auf Plastiktüten kaum durchzusetzen.
Strafe auf Plastiktüten
„Es gab nichts, was wir nicht versucht hatten“, erzählt der Leiter der Umweltbehörde, Geoffrey Wahungu. Die Zahl der Plastiktüten pro Kunde limitieren, den Preis für eine Tüte erhöhen – nichts habe funktioniert. So folgte Kenia dem Beispiel von Ruanda und verhängte nach mehreren Anläufen am 28. August 2017 eines der härtesten Plastiktütenverbote der Welt: Bei der Nutzung einer Tüte drohen bis zu vier Jahre Haft oder maximal 32500 Euro Strafe.
Die Umweltbehörde des Landes zieht nach sechs Monaten eine positive Bilanz. „Die Nutzung von Plastiktüten ist um etwa 95 Prozent gesunken“, sagt Wahungu. Der Erfolg ist auch in der Fleischindustrie spürbar: Vor dem Verbot hatten etwa acht von zehn Kühen, die geschlachtet wurden, Tüten in ihrem Darm, wie Nancy Kinyaanzwa, Sprecherin der staatlichen Kenya Meat Commission, erklärt. Beim Weiden fressen die Tiere demnach oft herumliegende Plastiktüten.
Heute seien bei nur noch zwei oder drei von zehn Kühen Tüten im Darm zu finden. „Wir haben die erste Phase des Krieges gewonnen“, sagt Ayub Macharia, der Leiter der Abteilung für Umweltbildung und -bewusstsein im kenianischen Umweltministerium.
So drakonische Maßnahmen wie in Kenia würde auch DUH-Geschäftsführer Resch in Deutschland nicht ansatzweise ergreifen wollen. Doch das Vorgehen von Irland könnte nach seiner Einschätzung sehr wohl als Vorbild für die Bundesrepublik dienen und den Plastiktütenverbrauch noch einmal drastisch reduzieren, meint er.
Wenn auf jede Plastiktüte eine staatlich verordnete Pflichtabgabe von 22 Cent erhoben werde, fließe das Geld für die Tüten außerdem nicht mehr länger als zusätzlicher Gewinn in die Kassen der Händler. Stattdessen könne damit ein Umweltfonds finanziert werden. Der könne mit den Einnahmen etwa Mehrwegsysteme fördern, betont der Umweltschützer.
Der Handelsverband Deutschland (HDE) sieht dagegen zurzeit keinen Grund für staatliche Eingriffe. „Mit der Selbstverpflichtung werden in Deutschland schon heute weniger Tüten verbraucht, als das die entsprechende EU-Richtlinie für 2025 vorsieht“, betonte ein Verbandssprecher.
Gioia Forster und Erich Reimann, dpa
Ein Grund zum Aufatmen ist das aber nur bedingt. Denn selbst wenn sich die Schätzungen bewahrheiten, wurden 2017 in der Bundesrepublik immer noch rund drei Milliarden Plastiktüten in den Verkehr gebracht.
„Noch immer viel zu viel“
Für den Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), Jürgen Resch, steht fest: „Das ist noch immer viel zu viel.“ Der Umweltschützer ist überzeugt: Das Problem ist mit der bisher in Deutschland praktizierten Selbstverpflichtung des Handels, Plastiktüten zu vermeiden, nicht in den Griff zu bekommen. Dass in den meisten Supermärkten „normale“ Plastiktüten nicht mehr verkauft werden, und dass auch in Buchläden und Modegeschäften inzwischen die umstrittenen Tragehilfen immer öfter extra bezahlt werden müssen, reicht ihm nicht.
Tatsächlich gehen andere Länder teils weit schärfer gegen Plastiktüten vor und erreichen damit auch deutlich durchschlagendere Erfolge. In Irland etwa wird jede Plastiktüte seit Jahren mit 22 Cent besteuert. Das Geld fließt in einen Umweltfonds. Mit Erfolg: Der Plastiktütenverbrauch sank dort laut EU-Kommission um fast 95 Prozent.
Noch härter geht Kenia vor. Aus dem afrikanischen Land war die Plastiktüte bis vor kurzem kaum wegzudenken, vom Einkauf im Supermarkt oder im Straßenverkauf bis zur praktischen Tragetasche und sogar als Toilette in den Slums. Etwa 100 Millionen Tüten wurden der kenianischen Umweltbehörde Nema zufolge jährlich allein von Supermärkten ausgeteilt.
Die Tüte war ein massives Umweltproblem. Doch viele der Gegenmaßnahmen, die in Deutschland und anderen europäischen Staaten Erfolg gezeigt haben, haben in Entwicklungsländern wie Kenia keine Chance. In Staaten mit einer großen informellen Wirtschaft sind etwa Steuern auf Plastiktüten kaum durchzusetzen.
Strafe auf Plastiktüten
„Es gab nichts, was wir nicht versucht hatten“, erzählt der Leiter der Umweltbehörde, Geoffrey Wahungu. Die Zahl der Plastiktüten pro Kunde limitieren, den Preis für eine Tüte erhöhen – nichts habe funktioniert. So folgte Kenia dem Beispiel von Ruanda und verhängte nach mehreren Anläufen am 28. August 2017 eines der härtesten Plastiktütenverbote der Welt: Bei der Nutzung einer Tüte drohen bis zu vier Jahre Haft oder maximal 32500 Euro Strafe.
Die Umweltbehörde des Landes zieht nach sechs Monaten eine positive Bilanz. „Die Nutzung von Plastiktüten ist um etwa 95 Prozent gesunken“, sagt Wahungu. Der Erfolg ist auch in der Fleischindustrie spürbar: Vor dem Verbot hatten etwa acht von zehn Kühen, die geschlachtet wurden, Tüten in ihrem Darm, wie Nancy Kinyaanzwa, Sprecherin der staatlichen Kenya Meat Commission, erklärt. Beim Weiden fressen die Tiere demnach oft herumliegende Plastiktüten.
Heute seien bei nur noch zwei oder drei von zehn Kühen Tüten im Darm zu finden. „Wir haben die erste Phase des Krieges gewonnen“, sagt Ayub Macharia, der Leiter der Abteilung für Umweltbildung und -bewusstsein im kenianischen Umweltministerium.
So drakonische Maßnahmen wie in Kenia würde auch DUH-Geschäftsführer Resch in Deutschland nicht ansatzweise ergreifen wollen. Doch das Vorgehen von Irland könnte nach seiner Einschätzung sehr wohl als Vorbild für die Bundesrepublik dienen und den Plastiktütenverbrauch noch einmal drastisch reduzieren, meint er.
Wenn auf jede Plastiktüte eine staatlich verordnete Pflichtabgabe von 22 Cent erhoben werde, fließe das Geld für die Tüten außerdem nicht mehr länger als zusätzlicher Gewinn in die Kassen der Händler. Stattdessen könne damit ein Umweltfonds finanziert werden. Der könne mit den Einnahmen etwa Mehrwegsysteme fördern, betont der Umweltschützer.
Der Handelsverband Deutschland (HDE) sieht dagegen zurzeit keinen Grund für staatliche Eingriffe. „Mit der Selbstverpflichtung werden in Deutschland schon heute weniger Tüten verbraucht, als das die entsprechende EU-Richtlinie für 2025 vorsieht“, betonte ein Verbandssprecher.
Gioia Forster und Erich Reimann, dpa
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Allgemeine Zeitung
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