Der lange Weg zur Wasserwurzel...
Nach mehrmaligen Besuchen in Namibia fing ich allmählich an, nach dem Besonderen zu suchen, entweder einem Platz der Stille, der nur mir gehört, oder eine besondere Bekanntschaft mit einer fremden Kultur zu machen, zurück zu den Wurzeln des Ursprungs. Viele Erlebnisse in diesem besonderen Lande hatten sich aufgereiht wie eine Perlenkette, die durch die Bekanntschaft erst vor ein paar Monaten mit den Ju/'hoansi-Buschmännern ein großes Schmuckstück dazugewann.
Ich war auf dem Weg in das abgelegendste Gebiet Namibias, in den Khaudumpark. Dort, wo man sich "auf eigene Gefahr und eigene Haftung" zusammen mit den Elefanten und Hyänen den Campingplatz teilt. Unweit vor dem Eingang dieses Natur-und Tierschutzparks führt der Weg erst durch den Ort Tsumkwe, kein Ort, wo man unbedingt einmal gewesen sein muss. Aber dafür gibt es hier kalte Cola und Benzin, wenn die Benzinpumpe mal gerade nicht "out of order" ist.
Tsumkwe, östlich gelegen von Grootfontein, das war doch die Gegend der Ju/'hoansi-Buschmänner, die hier noch vereinzelnd durch den Busch jagen, meinte ich mich zu erinnern. Ich folgte dem entdeckten Schild der Tsumkwe Country Lodge, vorbei an großen Wasserlöchern, schien es hier im Dezember doch massig geregnet zu haben. Ich suchte ein Quartier, bevor ich mich in den Khaudumbusch zu den Elefanten wagen wollte, wünschte ich mir doch vorher noch einmal eine richtige Dusche und ein gutes Essen.
Einfache Hüttchen verteilten sich fast zu einem Rondell auf der Tsumkwe Country Lodge, bezaubernd eingerichtet im "einfachen Buschmannstil". Ich ahnte, dass ich hier in einer Region Namibias gelandet bin, wo diese einfachen Hütten schon fast Luxus sind, wenn man noch nicht weiß, wohin der Weg eigentlich führt. Der Weg führte mich direkt zu den Ju/'hoansi-Buschmännern, einem Stamm, dem man normalerweise auch nicht in Namibia an jeder Ecke begegnet. Einem San kann man nicht einfach folgen, das war mir klar, also schloss ich mich einer kleinen Gruppe an, die mit einer Buschmannfamilie eine Wandersafari durch den Busch machen wollte. Das Ziel hieß: wir suchen und finden eine Wasserwurzel, eine der größten unterirdischen Knollen, die sättigen und aus der man Kräfte sammeln kann. Ich stellte mich auf eine kurze halbe Stunde ein, ging ich davon aus, dass der San schon von Weitem sieht oder weiß, unter welchem Busch eine solche Wasserwurzel verbuddelt liegen könnte.
Dass aber aus einer halben Stunde drei Stunden wurden, lag nicht an unserer Geschwindigkeit, sondern dass auch ein Buschmann viele ähnlich artigen Knollen ausgraben und viele Wege durch den Busch laufen muss, um sein Ziel zu erreichen.
Auf dem Weg zur "versteckten" Wasserwurzel grub der Buschmann so manche andere saftigen Knollen aus der Erde, rieb sie an der Hose oder zwischen den Händen sauber und reichten sie uns zum Probieren. Sie schmeckten nach erdigen, süßen Kartoffeln und Nüssen. Den Durst löschten wir durch Kauen auf Blättern und Stilen, die mich an den Geschmack von Zitronenlimonade erinnerten. Wir aßen, wir buddelten, wir suchten weiter, wir aßen wieder, wir knabberten am Grasstil und saugten die Flüssigkeit, aber noch war die Wasserwurzel ein großes Geheimnis. Sie musste meilenweit von uns entfernt liegen. Gott sei Dank hatte ich einen Hut auf und richtiges Schuhwerk an, denn wir wanderten unter der sengenden Hitze im Dezember durch die Buschlandschaft Namibias.
Der Ju/hoansi erklärte, dass er mit einer großen Wasserwurzel seine ganze Familie für einen Tag ernähren kann und seine Frau ihn schmunzelnd ermahnte, dass er ohne Wasserwurzel auch nicht nachhause kommen bräuchte. Alle Worte mit wunderschön klingenden Schnalzlauten, als wenn ein Xylophon leise seine Holztasten klopft. Selbstverständlich übersetzt von einem Buschmann, der Englisch spricht.
Da steht er vor mir, dieser Ju/'hoansi-San, wie oft hatte ich diese grazile Menschen schon auf Bildern abgebildet gesehen. Wie oft stellte ich mir die Frage, ob ich jemals einen Buschmann auf seinem langen Weg zur Wasserwurzel in meinem Leben sehen werde? Und hier war ich nun unterwegs mit flinken Jägern, ausgerüstet mit selbstangefertigten Speeren und Schaufeln, wunderschönen braungefärbten Faltengesichtern, dessen lächelnde Augen lange und holprige, trotzdem glückliche Lebensgeschichten erzählen vermochten.
Die Körper so zäh und gewand wie ein Gepard, so leicht und federnd seine Schritte. Der San gibt mir wieder ein Stück seiner ausgegrabenen Knolle, reibt sie so gut wie möglich vorher sauber. Ich esse es, er freut sich, er lächelt mich an. Dann biegen wir vom geraden Wege ab und marschieren weiter durch den Busch. Auf einmal bleibt unser San-Führer stehen, zielt geradewegs auf einen großen Busch zu, wir alle hinterher. Mit seinen Händen fängt er an zu graben, als wenn er auf Gold- oder Diamantensuche wäre. Erst nur ein kleines Loch, welches er mit seinen eigenen Händen aushebt. Dann nimmt er seine Speerschaufel, ein riesiges Loch entsteht, darum erhöht sich die Erde wie zu einem kleinen Termitenhügel. Ich bin gespannt und aufgeregt, frage ich mich, was denn jetzt hervor scheinen wird.
Und da hält er sie in der Hand: die Wasserwurzel, fast so groß wie eine Melone. Er hält sie stolz in die Luft wie eine Trophäe, diese Wasserwurzel, so groß, dass er nun mit bestem Gewissen und frohen Mutes damit zurück in sein Dorf zu seiner Frau zurückkehren kann. In diesem Moment klingelt mein Handy, ich fass es nicht. Wie kann dieses Handy gerade jetzt klingeln und warum habe ich es überhaupt mitgenommen?
Meine Tochter aus Deutschland am Apparat: "Hallo Mami, na, was machst Du denn geradeso?" "Wir haben gerade eine Wasserwurzel ausgebuddelt.", sage ich."Aha, und wo?", fragt meine Tochter. "In Tsumkwe bei den Ju/'hoansi-Buschmännern".
(schnell machte ich danach mein Handy aus)
Stolz trug der Buschmann die Wasserwurzel zu seiner Familie. Der Tag war gerettet, jeder wusste: Alle werden satt!
Zurück in der Tsumkwe Country Lodge gab es ein wunderbares Abendessen.
Alles stand auf dem Tisch, nur eines fehlte: unsere Wasserwurzel!
Ich war auf dem Weg in das abgelegendste Gebiet Namibias, in den Khaudumpark. Dort, wo man sich "auf eigene Gefahr und eigene Haftung" zusammen mit den Elefanten und Hyänen den Campingplatz teilt. Unweit vor dem Eingang dieses Natur-und Tierschutzparks führt der Weg erst durch den Ort Tsumkwe, kein Ort, wo man unbedingt einmal gewesen sein muss. Aber dafür gibt es hier kalte Cola und Benzin, wenn die Benzinpumpe mal gerade nicht "out of order" ist.
Tsumkwe, östlich gelegen von Grootfontein, das war doch die Gegend der Ju/'hoansi-Buschmänner, die hier noch vereinzelnd durch den Busch jagen, meinte ich mich zu erinnern. Ich folgte dem entdeckten Schild der Tsumkwe Country Lodge, vorbei an großen Wasserlöchern, schien es hier im Dezember doch massig geregnet zu haben. Ich suchte ein Quartier, bevor ich mich in den Khaudumbusch zu den Elefanten wagen wollte, wünschte ich mir doch vorher noch einmal eine richtige Dusche und ein gutes Essen.
Einfache Hüttchen verteilten sich fast zu einem Rondell auf der Tsumkwe Country Lodge, bezaubernd eingerichtet im "einfachen Buschmannstil". Ich ahnte, dass ich hier in einer Region Namibias gelandet bin, wo diese einfachen Hütten schon fast Luxus sind, wenn man noch nicht weiß, wohin der Weg eigentlich führt. Der Weg führte mich direkt zu den Ju/'hoansi-Buschmännern, einem Stamm, dem man normalerweise auch nicht in Namibia an jeder Ecke begegnet. Einem San kann man nicht einfach folgen, das war mir klar, also schloss ich mich einer kleinen Gruppe an, die mit einer Buschmannfamilie eine Wandersafari durch den Busch machen wollte. Das Ziel hieß: wir suchen und finden eine Wasserwurzel, eine der größten unterirdischen Knollen, die sättigen und aus der man Kräfte sammeln kann. Ich stellte mich auf eine kurze halbe Stunde ein, ging ich davon aus, dass der San schon von Weitem sieht oder weiß, unter welchem Busch eine solche Wasserwurzel verbuddelt liegen könnte.
Dass aber aus einer halben Stunde drei Stunden wurden, lag nicht an unserer Geschwindigkeit, sondern dass auch ein Buschmann viele ähnlich artigen Knollen ausgraben und viele Wege durch den Busch laufen muss, um sein Ziel zu erreichen.
Auf dem Weg zur "versteckten" Wasserwurzel grub der Buschmann so manche andere saftigen Knollen aus der Erde, rieb sie an der Hose oder zwischen den Händen sauber und reichten sie uns zum Probieren. Sie schmeckten nach erdigen, süßen Kartoffeln und Nüssen. Den Durst löschten wir durch Kauen auf Blättern und Stilen, die mich an den Geschmack von Zitronenlimonade erinnerten. Wir aßen, wir buddelten, wir suchten weiter, wir aßen wieder, wir knabberten am Grasstil und saugten die Flüssigkeit, aber noch war die Wasserwurzel ein großes Geheimnis. Sie musste meilenweit von uns entfernt liegen. Gott sei Dank hatte ich einen Hut auf und richtiges Schuhwerk an, denn wir wanderten unter der sengenden Hitze im Dezember durch die Buschlandschaft Namibias.
Der Ju/hoansi erklärte, dass er mit einer großen Wasserwurzel seine ganze Familie für einen Tag ernähren kann und seine Frau ihn schmunzelnd ermahnte, dass er ohne Wasserwurzel auch nicht nachhause kommen bräuchte. Alle Worte mit wunderschön klingenden Schnalzlauten, als wenn ein Xylophon leise seine Holztasten klopft. Selbstverständlich übersetzt von einem Buschmann, der Englisch spricht.
Da steht er vor mir, dieser Ju/'hoansi-San, wie oft hatte ich diese grazile Menschen schon auf Bildern abgebildet gesehen. Wie oft stellte ich mir die Frage, ob ich jemals einen Buschmann auf seinem langen Weg zur Wasserwurzel in meinem Leben sehen werde? Und hier war ich nun unterwegs mit flinken Jägern, ausgerüstet mit selbstangefertigten Speeren und Schaufeln, wunderschönen braungefärbten Faltengesichtern, dessen lächelnde Augen lange und holprige, trotzdem glückliche Lebensgeschichten erzählen vermochten.
Die Körper so zäh und gewand wie ein Gepard, so leicht und federnd seine Schritte. Der San gibt mir wieder ein Stück seiner ausgegrabenen Knolle, reibt sie so gut wie möglich vorher sauber. Ich esse es, er freut sich, er lächelt mich an. Dann biegen wir vom geraden Wege ab und marschieren weiter durch den Busch. Auf einmal bleibt unser San-Führer stehen, zielt geradewegs auf einen großen Busch zu, wir alle hinterher. Mit seinen Händen fängt er an zu graben, als wenn er auf Gold- oder Diamantensuche wäre. Erst nur ein kleines Loch, welches er mit seinen eigenen Händen aushebt. Dann nimmt er seine Speerschaufel, ein riesiges Loch entsteht, darum erhöht sich die Erde wie zu einem kleinen Termitenhügel. Ich bin gespannt und aufgeregt, frage ich mich, was denn jetzt hervor scheinen wird.
Und da hält er sie in der Hand: die Wasserwurzel, fast so groß wie eine Melone. Er hält sie stolz in die Luft wie eine Trophäe, diese Wasserwurzel, so groß, dass er nun mit bestem Gewissen und frohen Mutes damit zurück in sein Dorf zu seiner Frau zurückkehren kann. In diesem Moment klingelt mein Handy, ich fass es nicht. Wie kann dieses Handy gerade jetzt klingeln und warum habe ich es überhaupt mitgenommen?
Meine Tochter aus Deutschland am Apparat: "Hallo Mami, na, was machst Du denn geradeso?" "Wir haben gerade eine Wasserwurzel ausgebuddelt.", sage ich."Aha, und wo?", fragt meine Tochter. "In Tsumkwe bei den Ju/'hoansi-Buschmännern".
(schnell machte ich danach mein Handy aus)
Stolz trug der Buschmann die Wasserwurzel zu seiner Familie. Der Tag war gerettet, jeder wusste: Alle werden satt!
Zurück in der Tsumkwe Country Lodge gab es ein wunderbares Abendessen.
Alles stand auf dem Tisch, nur eines fehlte: unsere Wasserwurzel!
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Allgemeine Zeitung
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