Loading svg Please wait while we translate the article

Der Reise-Profi ist noch immer ungesättigt

Michael Iwanowski leitet seit über 30 Jahren den Iwanowski-Reisebuchverlag im deutschen Dormagen. Angefangen hat alles in Namibia – durch einen Zufall. Iwanowski war schon als junger Mann ein passionierter Reisender. An Volkshochschulen berichtete er von seinen Erlebnissen rund um die Welt. „Meine Seele ist immer schon voll gewesen, ich habe immer gerne erzählt.“ Als Gruppenleiter organisierte er auch Reisen. 1977 ging es das erste Mal mit einer Gruppe nach Namibia – damals Südwest-Afrika. Für die Mitreisenden verfasste Iwanowski Infos in Form einer Loseblattsammlung – „das waren wohl so 150 Seiten“. Eine überließ er einer Fremdenführerin in Windhoek, die deutsche Politiker durch die ehemalige Kolonie führte. „Irgendwie muss die Sammlung beim namibischen Außenministerium gelandet sein“, erzählt der 67-Jährige. Das rief 1982 plötzlich an und wollte 300 Exemplare seines „Reisebuchs“ bestellen. Iwanowski war zunächst perplex, ergriff dann aber die Chance und erstellte 1983 in Schwarzweißdruck und mit selbstgezeichneten Karten aus der Loseblattsammlung seinen ersten Reiseführer in Buchform. Die Geburtsstunde des Verlags. Heute gibt es den Namibia-Reiseführer in der 27. Auflage. Laut dem Verlag ist es der erste, der über die ehemalige Kolonie Deutsch-Südwestafrika in deutscher Sprache veröffentlicht wurde. Hätte er damals nicht den Anruf bekommen, wäre der Dormagener wohl Lehrer und Hobby-Reiseleiter geblieben, sagt er. Seine erste Reise nach Namibia startete Iwanowski bereits neun Jahre vor dem ersten Reiseführer. Den Tipp, sich die damalige Kolonie anzuschauen, bekam er 1974 innerhalb weniger Wochen gleich zwei Mal von Bekannten. Iwanowskis Neugierde war geweckt. Und wenn die einmal geweckt ist, hält ihn nichts mehr. „Neugierde – neben Ungeduld und Kreativität meine bezeichnendste Eigenschaft“, sagt Iwanowski. Er wusste damals nicht viel über Namibia. „Und das wollte ich schnell ändern.“ Gesagt, getan. Vier Wochen später saßen er und seine Frau im Flieger nach Südafrika. Mit dem Bulli ging es dann nach Norden, um das unbekannte Land Namibia zu erkunden. „Sechs Wochen lang, kreuz und quer.“ „Wissen Sie, das Reisen war damals aufregender“, sagt Iwanowski, und seine Stimme wird ein wenig wehmütig. Die Abenteuerlust habe in der heutigen Informationsgesellschaft nachgelassen. „Viele Leute reisen nur noch nach. Sie wollen die Bilder aus Katalogen, Internet und Fernsehen live sehen.“ Um Neues zu entdecken, dürfe man nicht immer nur die bekannten Wege gehen. „Früher gab es im Sossusvlei zum Beispiel noch keine Straßen. Und einige Dinge, die ich entdeckt habe, waren noch gar nicht auf der Landkarte eingezeichnet.“ Das liege daran, dass er einfach drauflos gefahren sei. „Wir haben neue Wege erkundet – nicht nach Landkarte, sondern frei Schnauze. Bei jeder Abzweigung haben wir Toilettenpapier an Sträucher gebunden.“ Er kichert. „Und wenn wir dann wieder zurückkamen, wussten wir, dass wir da schon einmal waren. GPS-Toilettenpapier sozusagen.“ Was er früher auch besser fand: „Die Gästefarmen waren noch nicht so professionalisiert wie heute. Diese Unprofessionalität hatte ihren Charme. Es gab zum Beispiel keine Klingel, als erstes musste man sich mit den wilden Hunden anfreunden. Die Menschen und die Gästefarmen waren authentisch. Beide Seiten hatten Lust, einander kennenzulernen, waren neugierig. Heute findet man so etwas nur selten. Aber das gibt es noch.“ Iwanowski hält kurz inne, er überlegt. Dann fällt ihm etwas ein. „Ich erzähl Ihnen mal ein Beispiel. Vergangenes Jahr fuhr ich die Route D 2512 vom Waterberg nach Etoscha. Plötzlich, im absoluten Nirgendwo, sah ich ein verblichenes Schild mit der Aufschrift Gästefarm.“ Andere wären wohl einfach vorbeigefahren, nicht so Iwanowski – „auf sowas am Wegesrand muss man achten und dem nachgehen, dahinter verbergen sich oft Schätze“. „Auf der Farm war alles noch so wie auf den Gästefarmen vor dem Tourismus-Boom. Ohne großen Luxus, dafür mit viel Herz und Charme.“ Es sind solche Erfahrungen, die dann als Tipp für Individualreisende in Iwanowskis Reisführer landen. Einige schreibt er auch heute noch selbst – zum Beispiel die Reisehandbücher Namibia, Botswana, Südafrika und 101 Namibia. Und solche Erfahrungen finden auch den Weg ins Programm seines zweiten großen Standbeins: dem laut Verlag größten auf Reisen ins südliche und östliche Afrika spezialisierten Veranstalter Iwanowskis Individuelle Reisen. Iwanowski ist kein Fan vom Massen-Tourismus. „Natürlich sind Lodges mit 150 Betten wichtig für die Wirtschaft eines Landes, aber sie sind nichts für mich. Das ist nicht meine Reisephilosophie.“ Und die besagt: „Reisen ist keine geografische, sondern eine psychische Dimension. Neues kann um die nächste Ecke liegen. Man muss nur immer bereit dafür sein, Neues zu entdecken.“ Er lasse heute so bekannte touristische Orte wie Sossusvlei „links liegen“. Es gehe ihm vielmehr darum, die Kultur und die Menschen eines Landes zu verstehen. „Ich will das Land vom Herzen her kennenlernen.“ Wie oft er in seinem Leben bereits in Namibia war, kann er nicht sagen. „Aber es waren wohl über 50 Mal.“ Einen bestimmten Lieblingsplatz in Namibia hat er nicht. „Es sind die Orte, an denen die Leute und das Land authentisch, ‚ungekämmt‘ sind. Da finde ich mich wieder.“ Ob er das Land inzwischen kenne? „Nein. Man kann Facetten eines Landes kennen, aber niemals im tiefen Sinne.“ Auch nicht seinen zwei Wohnsitzen Berlin und Inverness in Florida. „Dort entdecke ich auch immer wieder Neues.“ Vor allem, wenn er zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs sei, passiere ihm das häufig. Aber auch in den Rest der Welt zieht es ihn nach wie vor, auch nach seinen „unzähligen“ Reisen. Er sei immer noch nicht gesättigt. „Ich werde immer auf der Suche nach kleinen, tollen Entdeckungen sein.“ Er denkt noch lange nicht ans Aufhören. „Dafür gäbe es nur zwei Gründe: Krankheit und kein Interesse mehr an dem, was ich mache.“ Er sei gesund. Hält sich fit. Mit gesunder Ernährung und Bewegung. Durchschnittlich laufe er täglich 15 Kilometer. Außerdem sei er viel mit dem Rad unterwegs. Und er sei weit vom Desinteresse entfernt. Im Gegenteil. Seine Neugierde sei ungebrochen. Und Neugierde hält jung, sagt er. „Ich bin weiterhin für jede Schandtat bereit.“ Er lacht, dann wird er ernst: „Zum Ruhen habe ich schließlich später noch genug Zeit.“ Daher war er im ersten Moment auch irritiert – „und auch ein wenig beleidigt“ – als er vergangenes Jahr den ITB-Lifetime-Award für sein Lebenswerk erhielt: „Lebenswerk? Ich bin doch noch lange nicht fertig.“ Er betrachte den Preis vielmehr als Würdigung für das, was er bisher in seinem Leben geleistet habe. „Aber von mir kann man noch einiges erwarten. Warten Sie mal ab. Konrad Adenauer ist ja auch erst mit 74 das erste Mal Kanzler geworden.“ Im kommenden September reist er das nächste Mal nach Namibia. Dann will er den Norden des Landes an der Grenze zu Angola ganz intensiv kennenlernen. Und auch dabei gilt: „Ich plane nicht zu viel vor. Lasse mich treiben.“ Maike Geißler

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-27

Zu diesem Artikel wurden keine Kommentare hinterlassen

Bitte melden Sie sich an, um einen Kommentar zu hinterlassen

Katima Mulilo: 21° | 36° Rundu: 24° | 34° Eenhana: 21° | 36° Oshakati: 22° | 36° Ruacana: 19° | 36° Tsumeb: 24° | 37° Otjiwarongo: 19° | 35° Omaruru: 18° | 36° Windhoek: 18° | 32° Gobabis: 17° | 32° Henties Bay: 14° | 20° Swakopmund: 15° | 16° Walvis Bay: 13° | 20° Rehoboth: 16° | 31° Mariental: 16° | 31° Keetmanshoop: 14° | 30° Aranos: 16° | 31° Lüderitz: 13° | 29° Ariamsvlei: 14° | 30° Oranjemund: 12° | 26° Luanda: 25° | 26° Gaborone: 17° | 32° Lubumbashi: 17° | 25° Mbabane: 12° | 19° Maseru: 9° | 20° Antananarivo: 18° | 30° Lilongwe: 22° | 34° Maputo: 20° | 25° Windhoek: 18° | 32° Cape Town: 16° | 23° Durban: 15° | 24° Johannesburg: 14° | 25° Dar es Salaam: 26° | 32° Lusaka: 19° | 21° Harare: 18° | 26° #REF! #REF!