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Der Rohdiamant von Lüderitzbucht

Ein Kraftwerk, ein Spanier und die Vision von Afrikas bestem Seefahrtsmuseum
Annika Brohm
Von Annika Brohm, Windhoek/Lüderitzbucht

Über 1570 Kilometer erstreckt sich der Küstenstreifen Namibias, der das trockene Wüstenland im Westen vom stürmenden Atlantik trennt. „Dort, inmitten der nackten, sturmumtosten Felsen, nistet ein biederes kleines Städtchen, Lüderitz. Abgeschnitten vom Rest Namibias, dem Meer zugewandt und von der ,Verbotenen Zone´ umgeben, der Diamond Area 1“, schreibt der Reiseführer Marco Polo über den Ort, der Seefahrer und Händler einst mit seinen Diamanten gelockt hat.

Der Zukunft dieses „biederen kleinen Städtchens“ hat sich ein Mann aus Spanien seit der Unabhängigkeit Namibias verschrieben: Dr. Angel Tordesillas, ehemaliger Vorsitzender des Fischerei-Riesens NovaNam und seit kurzem die treibende Kraft des Entwicklungsunternehmens in Lüderitzbucht. Seit Jahren schleift er mit Architekten, Ingenieuren und Fachleuten für Museen an dem Rohdiamanten der Küstenstadt: Dem Museum für Seefahrt und Fischerei.

In der Gedankenwelt des Küstenexperten ist es bereits die wichtigste Einrichtung dieser Art in ganz Afrika. „Wir wollen ein ausgezeichnetes Museum sein; ein Museum, das sich stetig weiterentwickelt und sich irgendwann finanziell selbst erhalten kann“, erzählt Tordesillas. Seinen Platz soll das Museum im alten Elektrizitätswerk der Stadt finden. Vor mehr als hundert Jahren galt es als das größte überdachte Stromkraftwerk der Welt. Und nun, im Jahr 2017, soll es erneut zu einem Gebäude der Superlative werden.

Vom Seefieber gepackt

Lange Zeit lag das Kraftwerk brach, bevor sich das Unternehmen rund um Tordesillas der Renovierung angenommen hat. Nach und nach wurde es rundum erneuert. „Wir können uns über die Fortschritte, die wir bisher machen konnten, ganz und gar nicht beschweren“, sagt Tordesillas unlängst. Noch müssen die Beleuchtung installiert, die Fluchtwege sichergestellt und das gesamte Gebäude möbliert werden – danach steht der Eröffnung des maritimen Museums jedoch nichts mehr im Wege.

In der zweiten Hälfte des kommenden Jahres soll die neue Besucherattaktion ihre Pforten öffnen. Das Konzept der Ausstellung fußt laut Tordesillas auf drei Säulen: Die Geschichte der Schifffahrt, die Fischindustrie und der Bergbau im Ozean. Über eine Fläche von 2500 m2 und fünf Stockwerke können die Besucher lustwandeln und in die Geschichte der Meere eintauchen. Von historischen Briefmarken, kaum größer als ein Fingernagel, bis hin zu einer fünf Meter hohen Nachbildung eines Leuchtturms mit einem zwei Meter hohem Sockel soll alles zu finden sein. In einem Themenpark im Freien können Besucher weitere Exponate besichtigen, während ihnen die salzige Küstenluft um die Nase weht. Ein weiteres Highlight: Vor dem Museum lagert das knapp 39 Meter lange Forschungsschiff SS Welwitschia, das von innen begutachtet werden kann. Mit dem vielseitigen Angebot verfolgt Tordesillas ein großes Ziel: Wer das Museum verlässt, den soll das Seefieber gepackt haben. So wie ihn selbst vor langer Zeit. „Mythen und Legenden der Seefahrt haben mich schon immer begeistert“, sagt er. „Daran hat sich bis heute nichts geändert.“

Durch die Eröffnung des neuen Museums soll die Küstenstadt neuen Aufschwung erhalten. Immerhin: Mehr als 60000 Besucher finden jährlich ihren Weg nach Lüderitzbucht. Doch was soll man in der Stadt unternehmen, die immer etwas im Schatten Swakopmunds zu stehen scheint? Laut Tordesillas sind die Möglichkeiten bisher mehr als begrenzt: „Viele Alternativen zu einem gepflegten Bier bleiben einem nicht“, sagt er schmunzelnd. Die wenigen bestehenden Attraktionen lässt er bei seiner Planung allerdings nicht außer Acht, allen voran die anderen lokalen Museen. „Eine Zusammenarbeit mit dem Lüderitz-Museum und dem Museum in Kolmanskuppe ist sehr wichtig für unseren Erfolg“, betont er. So möchte Tordesillas beispielsweise eine kombinierte Tour durch alle drei Museen anbieten. Für ihn steht fest: „Lüderitzbucht kann nur dann gewinnen, wenn alle an einem Strang ziehen.“

Die Liebe zum Meer entfachen

Tordesillas Pläne scheinen zu überzeugen: Die Einwohner der Küstenstadt stehen den Plänen laut Tordesillas zum Großteil positiv gegenüber. „Viele ,Buchter´ sind unglaublich begeistert von der Aussicht, einen neuen Besuchermagneten in Lüderitzbucht zu haben“, sagt er. Touristen und Einheimische, allesamt will Tordesillas sie in das neue Schmuckstück der Küstenstadt locken. Besonders liegen ihm jedoch die Kinder und Jugendlichen am Herzen. „Wir wollen den Nachwuchs dafür sensibilisieren, die Ozeane dieser Welt sauber zu halten“, erzählt er. Seine Rechnung: Wenn es ihm gelingt, mit den vielen Exponaten die Liebe der Kinder für den Ozean zu entfachen, dann achten sie diesen auch mehr. „Außerdem könnte man Jugendliche aus Lüderitzbucht als Museumsführer engagieren“, erklärt er. Auch das Bildungsministerium unterstützt das Vorhaben. So könnte sich der Nachwuchs etwas Taschengeld dazu verdienen, gleichzeitig würde sich dessen Bindung zur See nochmals verstärken.

Bisher läuft alles nach Plan, die Vision des Spaniers nimmt Stück für Stück Form an – eine Vision, die während zahlloser Reisen entstand: In den letzten Jahren hat Tordesillas etwa zweihundert maritime Museen auf der ganzen Welt besucht. Madrid, Sidney, Boston, Jakarta; es gibt kaum eine Ausstellung zur Geschichte der Seefahrt, die er nicht studiert hat. Besonders angetan hat es ihm das Greenwich Museum in London. Es gilt als das größte Museum für Seefahrtsgeschichte der Welt. „Dem Museum ist es mit Hilfe von Literatur und anderen Materialien gelungen, die Geschichten der großen Seeschlachten zu konservieren, die die Ozeane vor langer Zeit beherrscht haben“, sagt Tordesillas. Zudem ist es das einzige maritime Museum der Welt, das von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt wurde.

Wieder zeigt sich: Die Superlative sind es, an denen sich Tordesillas orientiert. Dass „sein“ Museum an der namibischen Küste eines Tages mit den Vorbildern von Übersee mithalten kann, scheint er keineswegs zu bezweifeln. „Ich bin zuversichtlich, dass Lüderitzbucht die ,erste Liga´ der maritimen Museen in Afrika anführen kann“, sagt Tordesillas. „Aufgrund des Standards, der Vielfalt und unserem starken Willen, uns auf die namibische Jugend zu konzentrieren.“ Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg, wie auch Visionär Tordesillas weiß: „Erst müssen wir laufen lernen, bevor wir rennen können“, erklärt er.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-23

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