Der schwerste Kampf des "enfant terribles" Harry Simon
Auf dem Weg von Swakopmund nach Walvis Bay steht an der Abfahrt zur Feriensiedlung Langstrand ein Kreuz im Wüstensand. Es erinnert jeden Vorbeifahrenden, dass hier am 21. November 2002 ein verheerender Unfall stattgefunden hat, der drei Menschen, darunter ein 22 Monate altes Baby, in den Tod riss.
Als Monien Melanie vergangene Woche vor Gericht aussagte, was sie als Augenzeugin am Abend des 21. Novembers 2002 gegen 21.30 Uhr gesehen und erlebt hat, steigen ihr selbst nach mehr als zwei Jahren noch die Tränen in die Augen. Tapfer aber überzeugend schildert sie dem Gericht die Geschehnisse.
Zu dritt sind sie auf dem Weg von Swakopmund nach Walvis Bay gewesen: ihre Mutter Wilhelmina am Steuer, Monien in der Mitte und Oneka Alcock als Beifahrerin. Als sich ihr Wagen der Abzweigung nach Langstrand näherte, drosselte der Nissan-Doppelkabiner vor ihnen gerade seine Geschwindigkeit und setzte den rechten Blinker. Auch Mutter Wilhelmina verlangsamte die Fahrt, scherte nach links aus, um auf der dafür vorgesehenen Spur den nun stehenden Nissan zu passieren. Dann ist alles sehr, sehr schnell gegangen, gab Monien zu Protokoll. Wie aus dem Nichts sei ein Mercedes hinter einem herankommenden Wagen hervorgeschossen. "Wir fühlten, wie die Geschwindigkeit des Mercedes unseren Wagen schüttelte, so als hätte uns eine Windböe erwischt, dann krachte es hinter uns und Wasser spritzte durch das offene Fenster der Fahrerseite in unsere Kabine." Und weiter: "Das Erste was ich sah, als ich zum Unfallort eilte, war das Baby unter dem Nissan", berichtet sie weinend, "ich hörte, wie eine Mutter nach ihren Kindern schrie".
Auch Oneka Alcock kämpfte vor Gericht erneut mit den Tränen. Zu tief sitzen die Bilder des Grauens im Gedächtnis fest. Wilhelmina indes sei damals den Insassen im Mercedes zur Hilfe geeilt. Der Fahrer, der sich nun vor Gericht wegen fahrlässiger Tötung, leichtsinnigen Fahrens und Überschreitens der Geschwindigkeitsbegrenzung verantworten muss, heißt Harry Simon.
Abstieg war vorprogrammiert
Er ist für viele Namibier zu einem Idol geworden, trug er doch von 1998 bis 2002 den Weltmeistergürtel im Mittelgewicht. Simon der Boxer, das Aushängeschild Namibias. Nicht nur für die Straßenkinder aus Kuisebmond, dem Vorort der Hafenstadt Walvis Bay, ist er ein Held.
Simon lebte einst selbst auf der Straße. Als er gerade fünf Jahre alt war, starb die Mutter, seinen Vater kennt er gar nicht. Als Jüngster von sieben Kindern trieb sich Simon von da an auf der Straße herum. Der Kampf ums Überleben begann. Ab und zu verkaufte er fürs tägliche Brot Zeitungen und unter dem Licht der Straßenlaternen suchte er nachts etwas Wärme. Mit neun Jahren verprügelte der Junge einen Zwölfjährigen an einer Straßenecke. Ein Boxfanatiker entdeckte ihn dabei und nimmt ihn mit ins Fitnessstudio. Mit den Fäusten verdient er sich fortan seinen Reichtum, etwas anderes als Boxen hat er nie gelernt.
Das Gesetz wird
sein stärkster Gegner
Die Boxwelt und Namibia sind begeistert, und seine Fans sind es auf Grund seiner locker sitzenden Brieftasche auch. "Ein Talent, der Beste, den ich je trainiert habe", soll einst der südafrikanische Boxtrainer Brian Mitchell gesagt haben. Rückblickend auf seine Erfolge ein unanfechtbares Zitat. Simon machte zum ersten Mal von sich Reden, als er bei seinem ersten Profikampf im Januar 1994 Leon van Rensburg in der ersten Runde mit einem "Technischen K.O." besiegte. Seine Gegner fielen wie Fliegen auf die Bretter. 1998 schlug er Ronald "Winky" Wright und wurde nach zwölf Runden der neue WBO-Junior-Mittelgewicht-Champion. Dreimal hatte er diesen Weltmeistertitel inne, dann gewann er im April 2002 gegen Kontrahenten Armand Kranjc und wurde WBO-Mittelgewicht-Weltmeister. Simon geriet jedoch nicht nur wegen seines Ruhmes in die Schlagzeilen. Immer öfter lieferte er sich einen Kampf mit dem Gesetz. Doch je mehr Erfolge er verbuchte, je protziger, aufschneidiger lebte er sein Leben. Er schmiss mit Geld um sich und führte sich als unbesiegbar auf. Auch jetzt im Walvis Bayer Regionalgericht umringte ihn eine anhimmelnde Menschentraube. Das ließ ihn siegessicher auftreten.
Harrys ersten "Hieb" in die Magengrube versetzte ihm der Unfall im April 2001, bei dem das Ehepaar Siegfried und Elke Kessler in ihrem Wagen verbrannte. Er strauchelte kurz, doch dubiose Vorkommnisse in diesem Fall ließen ihn wieder aufstehen. Zu dem bekannten Sportreporter der "SA Sports Illustrated", Daniel Prior, sagte Simon im Februar 2003 während eines Interviews: "Da gibt es Menschen die fahren und Menschen die brennen, ganze Mikrobusse brennen und zehn bis 15 Menschen sterben, aber bringen Sie das auf die erste Seite? Nein! Nur wegen mir, dem kleinen Jungen - weswegen? Weil ich Geld habe und weil ich Weltmeister bin."
Doch er sei nicht mehr klein, sondern ein erwachsener Mann und Alkohol sei auch nicht schlecht; er könne auf sich selbst aufpassen, doch die Menschen würden nicht wollen, dass er ein super Leben lebe: "Menschen versuchen mich zu vernichten, aber sie werden es nicht schaffen."
Im November 2002 kam es zu einem zweiten schweren Unfall, der Unfall am Langstrand, bei dem drei belgische Touristen den Tod fanden. Zum ersten Mal wurde der Boxer nun in die Knie gezwungen. Schwer verletzt wurde er nach Kapstadt geflogen, und obwohl er mehrmals die Öffentlichkeit informiert, er sei wieder fit, musste er seinen Weltmeistergürtel kampflos abgeben. An eine Niederlage wollte er nicht glauben. Auch nicht, nachdem der Sachverständige aus Johannesburg den Unfall bei Langstrand im Gerichtssaal rekonstruiert hatte und eine erschreckende Auswertung auf den Tisch legte. "Meinen Berechnungen zufolge muss der Mercedes auf der falschen Fahrspur gefahren und mit 180 km/h in den Nissan-Doppelkabiner geprallt sein", erklärte Johannes Petrus Strydom, ein Verkehrsunfall-Analytiker mit 27 Jahren Berufserfahrung. Simons Verteidiger, Slysken Mahando von der Kanzlei Conradie & Damaseb, hat nun bis zum 1. August Zeit, das Gegenteil zu beweisen, wenn er den K.o.-Schlag verhindern will. Dann geht der Kampf zwischen Harry Simon, "The Terminator", oder von der Presse auch "entfant terrible" genannt, und der namibischen Staatsanwaltschaft weiter. Bleibt abzuwarten, ob und in welcher Runde das Gesetz mit weiteren Fakten und Zeugenaussagen zuschlägt und Harry Simon zu Boden geht.
Als Monien Melanie vergangene Woche vor Gericht aussagte, was sie als Augenzeugin am Abend des 21. Novembers 2002 gegen 21.30 Uhr gesehen und erlebt hat, steigen ihr selbst nach mehr als zwei Jahren noch die Tränen in die Augen. Tapfer aber überzeugend schildert sie dem Gericht die Geschehnisse.
Zu dritt sind sie auf dem Weg von Swakopmund nach Walvis Bay gewesen: ihre Mutter Wilhelmina am Steuer, Monien in der Mitte und Oneka Alcock als Beifahrerin. Als sich ihr Wagen der Abzweigung nach Langstrand näherte, drosselte der Nissan-Doppelkabiner vor ihnen gerade seine Geschwindigkeit und setzte den rechten Blinker. Auch Mutter Wilhelmina verlangsamte die Fahrt, scherte nach links aus, um auf der dafür vorgesehenen Spur den nun stehenden Nissan zu passieren. Dann ist alles sehr, sehr schnell gegangen, gab Monien zu Protokoll. Wie aus dem Nichts sei ein Mercedes hinter einem herankommenden Wagen hervorgeschossen. "Wir fühlten, wie die Geschwindigkeit des Mercedes unseren Wagen schüttelte, so als hätte uns eine Windböe erwischt, dann krachte es hinter uns und Wasser spritzte durch das offene Fenster der Fahrerseite in unsere Kabine." Und weiter: "Das Erste was ich sah, als ich zum Unfallort eilte, war das Baby unter dem Nissan", berichtet sie weinend, "ich hörte, wie eine Mutter nach ihren Kindern schrie".
Auch Oneka Alcock kämpfte vor Gericht erneut mit den Tränen. Zu tief sitzen die Bilder des Grauens im Gedächtnis fest. Wilhelmina indes sei damals den Insassen im Mercedes zur Hilfe geeilt. Der Fahrer, der sich nun vor Gericht wegen fahrlässiger Tötung, leichtsinnigen Fahrens und Überschreitens der Geschwindigkeitsbegrenzung verantworten muss, heißt Harry Simon.
Abstieg war vorprogrammiert
Er ist für viele Namibier zu einem Idol geworden, trug er doch von 1998 bis 2002 den Weltmeistergürtel im Mittelgewicht. Simon der Boxer, das Aushängeschild Namibias. Nicht nur für die Straßenkinder aus Kuisebmond, dem Vorort der Hafenstadt Walvis Bay, ist er ein Held.
Simon lebte einst selbst auf der Straße. Als er gerade fünf Jahre alt war, starb die Mutter, seinen Vater kennt er gar nicht. Als Jüngster von sieben Kindern trieb sich Simon von da an auf der Straße herum. Der Kampf ums Überleben begann. Ab und zu verkaufte er fürs tägliche Brot Zeitungen und unter dem Licht der Straßenlaternen suchte er nachts etwas Wärme. Mit neun Jahren verprügelte der Junge einen Zwölfjährigen an einer Straßenecke. Ein Boxfanatiker entdeckte ihn dabei und nimmt ihn mit ins Fitnessstudio. Mit den Fäusten verdient er sich fortan seinen Reichtum, etwas anderes als Boxen hat er nie gelernt.
Das Gesetz wird
sein stärkster Gegner
Die Boxwelt und Namibia sind begeistert, und seine Fans sind es auf Grund seiner locker sitzenden Brieftasche auch. "Ein Talent, der Beste, den ich je trainiert habe", soll einst der südafrikanische Boxtrainer Brian Mitchell gesagt haben. Rückblickend auf seine Erfolge ein unanfechtbares Zitat. Simon machte zum ersten Mal von sich Reden, als er bei seinem ersten Profikampf im Januar 1994 Leon van Rensburg in der ersten Runde mit einem "Technischen K.O." besiegte. Seine Gegner fielen wie Fliegen auf die Bretter. 1998 schlug er Ronald "Winky" Wright und wurde nach zwölf Runden der neue WBO-Junior-Mittelgewicht-Champion. Dreimal hatte er diesen Weltmeistertitel inne, dann gewann er im April 2002 gegen Kontrahenten Armand Kranjc und wurde WBO-Mittelgewicht-Weltmeister. Simon geriet jedoch nicht nur wegen seines Ruhmes in die Schlagzeilen. Immer öfter lieferte er sich einen Kampf mit dem Gesetz. Doch je mehr Erfolge er verbuchte, je protziger, aufschneidiger lebte er sein Leben. Er schmiss mit Geld um sich und führte sich als unbesiegbar auf. Auch jetzt im Walvis Bayer Regionalgericht umringte ihn eine anhimmelnde Menschentraube. Das ließ ihn siegessicher auftreten.
Harrys ersten "Hieb" in die Magengrube versetzte ihm der Unfall im April 2001, bei dem das Ehepaar Siegfried und Elke Kessler in ihrem Wagen verbrannte. Er strauchelte kurz, doch dubiose Vorkommnisse in diesem Fall ließen ihn wieder aufstehen. Zu dem bekannten Sportreporter der "SA Sports Illustrated", Daniel Prior, sagte Simon im Februar 2003 während eines Interviews: "Da gibt es Menschen die fahren und Menschen die brennen, ganze Mikrobusse brennen und zehn bis 15 Menschen sterben, aber bringen Sie das auf die erste Seite? Nein! Nur wegen mir, dem kleinen Jungen - weswegen? Weil ich Geld habe und weil ich Weltmeister bin."
Doch er sei nicht mehr klein, sondern ein erwachsener Mann und Alkohol sei auch nicht schlecht; er könne auf sich selbst aufpassen, doch die Menschen würden nicht wollen, dass er ein super Leben lebe: "Menschen versuchen mich zu vernichten, aber sie werden es nicht schaffen."
Im November 2002 kam es zu einem zweiten schweren Unfall, der Unfall am Langstrand, bei dem drei belgische Touristen den Tod fanden. Zum ersten Mal wurde der Boxer nun in die Knie gezwungen. Schwer verletzt wurde er nach Kapstadt geflogen, und obwohl er mehrmals die Öffentlichkeit informiert, er sei wieder fit, musste er seinen Weltmeistergürtel kampflos abgeben. An eine Niederlage wollte er nicht glauben. Auch nicht, nachdem der Sachverständige aus Johannesburg den Unfall bei Langstrand im Gerichtssaal rekonstruiert hatte und eine erschreckende Auswertung auf den Tisch legte. "Meinen Berechnungen zufolge muss der Mercedes auf der falschen Fahrspur gefahren und mit 180 km/h in den Nissan-Doppelkabiner geprallt sein", erklärte Johannes Petrus Strydom, ein Verkehrsunfall-Analytiker mit 27 Jahren Berufserfahrung. Simons Verteidiger, Slysken Mahando von der Kanzlei Conradie & Damaseb, hat nun bis zum 1. August Zeit, das Gegenteil zu beweisen, wenn er den K.o.-Schlag verhindern will. Dann geht der Kampf zwischen Harry Simon, "The Terminator", oder von der Presse auch "entfant terrible" genannt, und der namibischen Staatsanwaltschaft weiter. Bleibt abzuwarten, ob und in welcher Runde das Gesetz mit weiteren Fakten und Zeugenaussagen zuschlägt und Harry Simon zu Boden geht.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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