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Der Speedfreak und die Bodenständige

Athleten, Ehepaar, Unternehmer und Sport-Junkies - Ortsbesuch bei den Röttchers
Praktikant Sport
Von Ruwen Möller, Swakopmund

Die Sonne steht über dem Mole-Strand von Swakopmund. Elizabeth „Lizette” Röttcher setzt zum Aufschlag an, springt hoch, der Sand unter ihren Füßen wirbelt auf und sie hämmert den Beachvolleyball übers Netz. Ihre Gegnerinnen auf der anderen Seite haben keine Chance, die Angabe anzunehmen - Punkt für Röttcher und ihre Partnerin. Beim Abklatschen mit Rosi Hennes geht Röttchers Blick gen Himmel. Sie hat die Motorengeräusche längst gehört und spottet die Cessna sofort. Direkt über ihr am blauen Himmel taucht ein weißes Flugzeug auf. Es fliegt sehr tief, steigt plötzlich senkrecht nach oben, um Sekunden später in Richtung Atlantik-Oberfläche abzufallen. Pilot des Fliegers ist Matthias Röttcher, Ehemann von Lizette. Er fängt die Maschine rechtzeitig ab und verschwindet in der Ferne.

Seine Frau lässt sich nichts anmerken, spielt weiter und gewinnt ihr Match. Kurz darauf taucht ihr Mann am Strand auf, diesmal zu Fuß.

„Wie lief das Spiel Schatz, hast du gewonnen?”, fragt er und begrüßt seine Frau mit Kuss und Umarmung. „Ja, gut”, lautet die knappe Antwort. Dazu gibt es ein High-Five. „Du warst wieder sehr niedrig”, sagt Lizette Röttcher und verdreht die Augen. Als ihr Mann wieder weg ist, sagt sie: „Ich liebe es, dass er fliegt und bin stolz auf ihn, aber ich mag es nicht, wenn er diese Manöver fliegt. Er ist kein waghalsiger Flieger, er achtet stets auf die Sicherheit, aber diese Loopings und Tricks sind neu und das mag ich nicht.”

Sie kann es aber nicht ändern, denn ihr Mann liebt die Geschwindigkeit und den Adrenalin-Kick. „Er ist der Speedfreak von uns, ich bin eher die Bodenständige, vielleicht könnte man sogar sagen der Angsthase”, sagt Lizette Röttcher. Fliegen gehört zum Beruf ihres Ehemannes. Röttcher ist Mitbegründer und -betreiber der Firma „Ground Rush Adventures”, die Fallschirmsprünge über der Namib-Wüste anbietet. Er gehört zu den Piloten und den Springern des Unternehmens. Röttcher hat bereits über 7000 Sprünge in seinem Leben absolviert. Außerdem ist er Namibias bester und schnellster Windsurfer (mit 50,91 Knoten hält er die nationale Bestmarke). Und wenn der 47-Jährige ausnahmsweise mal sportlich an Land unterwegs ist, dann auch mit viel Tempo, beim Inlinehockey als Spieler (1. Liga) und Vorsitzender der Coastal Pirates.

Wer Matthias Röttcher abseits des Sports beobachtet, kann kaum glauben, dass er sportlich gesehen Speed im Blut hat. Beim Frühstück im Café Treff inmitten seines Wohnorts Swakopmund kommt er ruhig und bedächtig daher. Bei Omelette und Cappuccino plaudert er in aller Ruhe über seine Leidenschaft: Windsurfen. Er erzählt von 33 Jahren Erfahrung in diesem Sport und von der Speed Challenge 2015 in Lüderitzbucht, als er sich als Amateur unter die Weltelite mischte. Mit seiner Rekordzeit von 94,3 km/h war er weltweit erst der elfte Surfer, der jemals die magische 50-Knoten-Marke geknackt hat.

„Meine Frau surft ein bisschen, aber sie lernt noch”, sagt Röttcher. Umgekehrt wird er, trotz seiner idealen Größe von zwei Metern kein Beachvolleyballer mehr. „Meine Hand-Augen-Koordination ist nicht die beste und man muss auch nicht überall dabei sein”, lautet seine Devise.

Zurück zum Strand. Röttcher hat die mahnenden Worte seiner Gattin weggelächelt und verabschiedet sich scherzhaft mit den Worten: „Ich will keinen Druck ausüben, aber ohne Turniersieg kommst du bitte nicht nach Hause.” Er geht, denn der nächste Kunde und somit ein weiterer Flug wartet. „Und du flieg nicht wieder so tief”, ruft ihm Lizette Röttcher hinterher und widmet sich wieder dem Beachvolleyball.

Die 47-Jährige gehört nach wie vor zu den besten Spielerinnen des Landes. Noch vor drei Jahren spielte sie an der Seite ihrer damaligen Partnerin Julia Laggner die Durban Open auf der World Tour des internationalen Volleyballverbandes (FIVB). In Südafrika, ihrem Geburtsland, reichte es am Ende zwar nur zu Platz 25, aber immerhin 750 US-Dollar (ca. 10300 Namibia-Dollar) Preisgeld und 75 Ranglistenpunkten.

In Namibia ist die Nationalspielerin, die an der Qualifikation zu den Olympischen Spielen 2012 in London teilnahm, seit vielen Jahren eine der Besten und sammelt mit wechselnden Partnerinnen Turniersieg um Turniersieg. Angefangen hat Lizette Röttcher mit etwa 20 Jahren zunächst mit dem traditionellen Hallenvolleyball. Relativ schnell wechselte die gelernte Physiotherapeutin, die in Swakopmund eine eigene Praxis betreibt, während des Studiums zur Beach-Variante. Anfang der 1990er Jahre spielte sie für ihre Universität in Südafrika. Sie lebte anderthalb Jahre in den USA und verfeinerte ihre Technik. Seinerzeit trainierte sie täglich mehrere Stunden. Da ihr in Swakopmund mittlerweile Trainingspartner und Gegner fehlen, kommt sie kaum noch zum Beachen und spielt nur noch Turniere. Sie ist stattdessen unter die Inlinehockey-Spielerinnen gegangen und ebenfalls für die Coastal Pirates in der 1. Liga der Frauen aktiv.

„Beachvolleyball ist mein Sport, aber wenn ich Zeit mit der Familie verbringen will, dann geht das nur beim Inlinehockey”, sagt Lizette Röttcher. Sie ist zwar auch schon mit ihrem Mann geflogen und hat Tandemsprünge gemacht, bleibt aber lieber mit beiden Beinen auf dem Boden. Die gemeinsamen Kinder, Amandus, 14, und Christine, 11, haben zwar genau wie der Vater das Skydiven für sich entdeckt, spielen allerdings auch Inlinehockey - und so bringt diese Sportart die Familie zusammen. „Die sportverrückte Familie”, sagt Lizette Röttcher und hat kein Problem damit, schließlich ist es im positiven Sinne gemeint.

„Unsere Kinder sind sehr sportlich und auch talentiert”, sagt die Mama stolz. Sohnemann Amandus spielt in erster Linie Inlinehockey, hat aber auch eine gewisse Begabung für Beachvolleyball und liebt das Fallschirmspringen. Töchterchen Christine hat es nicht unbedingt mit dem Fliegen, springt aber auch sehr gerne und kommt dafür natürlich nicht umher, zunächst in einem Flugzeug zu sitzen. Mit dem Volleyball am Strand kann sie auch umgehen. Ihre Mutter trainiert sie und könnte sich sogar vorstellen, im kommenden Jahr gemeinsam mit ihr als Familien-Team bei Turnieren anzutreten. „Wir würden sicherlich zunächst einige Male verlieren, aber das ist gut so. Nur wer verliert, kann irgendwann gewinnen”, so das Motto von Lizette Röttcher, die versucht, ihren Kinder noch etwas Grundsätzliches mitzugeben: „Sie sollten keine Angst vor beispielsweise dem Fliegen haben. Angst ist kein guter Begleiter bei solchen Sportarten.“ Es ist zu spüren, sie hat großen Respekt vor der Leidenschaft der übrigen Familienmitglieder. Da tröstet es sie, dass ihr Mann dabei ist. „Ich habe enormes Vertrauen in Matthias”, sagt sie.

Und er in sie. Seine Forderung nach dem Turniersieg war nicht aus der Luft gegriffen. Ungeschlagen geht Lizette Röttcher durchs Turnier und steht am Ende ganz oben. Doch viel wichtiger: Am Abend ist Namibias wohl sportverrückteste Familie wieder vereint - und zwar gesund und munter.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-23

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